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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war, und obwohl sie sein Gesicht noch immer nicht genau erkennen konnte, spürte sie, wie sich sein Blick verfinsterte.
    »Ich hoffe, die Nacht ist dir nicht zu lang geworden, so ganz allein dort draußen im Wald«, sagte er böse. »Obwohl - so völlig allein warst du ja nicht, oder?«
    »Was meinst du damit?«, erwiderte Lea, obwohl sie so gut wie Arri wissen musste, was Rahns Worte bedeuteten.
    »Ich war dort«, antwortete der Fischer. »Ich habe dich gesehen. Dich und deine Tochter und diesen.« Er suchte nach Worten. »Diesen anderen.«
    »Dort?«, vergewisserte sich Lea. »Was meinst du mit dort?«
    Rahn seufzte tief. Er ließ sich wieder zurücksinken. Seine rechte Hand schloss sich um den Schatten, den er gegen die Lehne gelegt hatte - Arri sah jetzt, dass es ein Knüppel war, wenn auch einer, der eher den Umfang eines kleinen Baumstammes zu haben schien - , und sie hörte, wie er tief und irgendwie enttäuscht die Luft zwischen den Zähnen ausstieß. »Wahrscheinlich habe ich kein Recht, zornig zu sein. Schließlich hast du mir von Anfang an deutlich genug gesagt, dass du nicht mir gehörst. Ich wusste nur nicht, dass du deine Meinung so schnell änderst.« Sein Versuch, verächtlich zu klingen, misslang ebenso kläglich wie der Leas, einschüchternd zu wirken. »Aber was habe ich auch erwartet, von einer wie dir?«
    Arri hätte es noch vor einem Atemzug nicht für möglich gehalten -aber ihre Mutter fuhr zusammen, und sie sah, wie hart sie diese Worte trafen. Aber wie konnte ein Mann wie Rahn jemanden wie ihre Mutter überhaupt verletzen? Ihre Stimme klang gepresst, als sie antwortete. »Was willst du hier?«
    »Meinen Lohn«, antwortete Rahn. »Ich habe jetzt lange genug darauf gewartet.«
    »Deinen Lohn?«, wiederholte Lea. »Wir hatten ausgemacht, dass du ihn im Frühjahr bekommst.«
    »Wir hatten eine Menge ausgemacht«, antwortete Rahn. »Aber seither ist auch viel passiert. Gib mir jetzt, was mir zusteht.« Er stemmte sich abermals auf den Lehnen des Korbstuhls nach vorn, ließ die Schultern aber jetzt nicht sinken, sondern sah Lea herausfordernd an, und seine Hand schloss sich fester um das schlankere Ende des Knüppels, den er mitgebracht hatte. Arri fragte sich, ob er tatsächlich so dumm war, ihn benutzen zu wollen. Ihre Mutter schien sich dasselbe zu fragen, denn sie wirkte mit einem Mal wieder angespannt, aber nur für einen Moment; dann kam sie offensichtlich zu einem Schluss, denn sie schüttelte nur verächtlich den Kopf, rammte das Schwert mit solcher Wucht in den hölzernen Boden des Hauses, dass es zitternd neben ihr stecken blieb, und griff mit der frei gewordenen Hand in den Ausschnitt ihres Kleides, um einen winzigen Lederbeutel hervorzuziehen, den sie an einer Schnur um den Hals trug. Das wenige Licht, das durch die Ritzen der Läden hereindrang, spiegelte sich honigfarben auf der winzigen Perle, die sie aus dem Beutel auf ihre linke Handfläche schüttelte. »Diese eine jetzt, die andere im Frühjahr, wenn die Saat ausgebracht ist. So war es vereinbart.«
    Sie streckte Rahn die Hand mit der Oraichalkos-Perle entgegen, aber der hünenhafte Fischer rührte keinen Finger, um danach zu greifen. »So war es ausgemacht, bevor Sarn das Dorf gegen dich aufgewiegelt hat. Das meine ich jedoch nicht.«
    Aber was dann?, dachte Arri erschrocken. Sie versuchte den Blick ihrer Mutter aufzufangen, doch Lea starrte unverwandt Rahn an. Ihr Gesicht war unbewegt, doch sie konnte trotzdem sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Schließlich schürzte sie trotzig die Lippen und sagte, ohne Rahns Blick loszulassen: »Arianrhod, geh hinaus.« Gleichzeitig streifte sie den Ärmel von ihrer rechten Schulter und hob gleich darauf die andere Hand, um das Kleid auf der anderen Seite herunter und dann ganz abzustreifen, aber Rahn schüttelte rasch den Kopf und machte ein verächtliches Geräusch, und Lea erstarrte mitten in der Bewegung.
    »Nein«, sagte er. »Das meine ich auch nicht. Ich mag nicht, was andere abgelegt haben.«
    Lea sog scharf die Luft ein. »Meine Geduld ist bald erschöpft, Rahn. Was willst du von mir?«
    »Was du mir versprochen hast«, erwiderte Rahn. Er beugte sich noch weiter vor, sodass Arri nun sein Gesicht erkennen konnte - sie war sicher, sie sollte es -, und sein Blick löste sich endlich von Leas Gesicht und tastete lüstern und anzüglich über das Arris, dann über ihre Gestalt. Nein, dachte sie, das konnte er nicht meinen. Das konnte ihre Mutter nicht meinen! »Es sei denn«,

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