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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich.« Arris Mutter trat zur Seite und vollführte eine auffordernde Geste. »Bring ihn ins Haus.« Mit der anderen Hand hielt sie gleichzeitig Arri und Rahn zurück, als auch diese beiden sich in Bewegung setzen wollten. »Gib Arri den Krug«, wandte sie sich an den Fischer. »Und dann geh zur Zella und hole Nachschub. Ich brauche noch mehr Wasser.«
    Rahn sah sie aus seinen braunen Augen eindeutig trotzig an, nahm aber ohne ein Wort den Krug von der Schulter und reichte ihn Arri. »Darüber reden wir später«, zischte ihre Mutter Arri zu, während sie sich bereits umdrehte und den beiden Jägern mit schnellen Schritten folgte. Arri wankte ihnen unter der Last des Kruges gebückt hinterher, fiel aber rasch zurück, sodass die drei bereits in der Hütte verschwanden, als sie gerade die Stiege erreicht hatte. Ächzend setzte sie den schweren Krug ab, gab sich selbst einige Augenblicke, um wieder zu Atem zu kommen, und setzte ihren Weg dann mit zusammengebissenen Zähnen fort. Obwohl sie sehr vorsichtig war, verschüttete sie einen gut Teil des Wassers, bis sie endlich durch den Muschelvorhang trat, was ihr einen weiteren ärgerlichen Blick ihrer Mutter einbrachte.
    Grahl hatte seinen Bruder mittlerweile zu einer Grasmatratze geführt (ihre Matratze, wie Arri mit einem ärgerlichen Zusammenzucken feststellte) und ihm den Umhang abgenommen. Leas Gesicht blieb vollkommen unbewegt, aber Arri fuhr noch einmal und noch heftiger zusammen, als sie sah, dass Krons Arm auch oberhalb des Verbandes dunkel verfärbt war, an manchen Stellen fast schwarz. Sie verstand nicht annähernd so viel von der Heilkunst wie ihre Mutter, aber das musste sie auch nicht, um zu begreifen, dass es ernst war.
    »Was ist passiert?«, wandte sich Lea an Grahl. Bevor er jedoch antworten konnte und ohne den Blick von Krons verbundenem Arm zu nehmen, fuhr sie, an ihre Tochter gewandt, fort: »Mach ein Feuer. Ich brauche heißes Wasser. Und bring mir meine Werkzeuge.«
    Arri wankte gehorsam mit ihrer Last zum anderen Ende des Raumes, stellte den Krug mit einem unnötig lauten Knall ab und ging dann zu dem schmalen Durchgang, der ins Nebenzimmer führte. In den ersten Jahren, in denen sie hier gelebt hatten, war ihr Haus das einzige im weiten Umkreis gewesen, das nicht nur aus einem Raum bestanden hatte. Mittlerweile hatten auch etliche Dorfbewohner ihre Pfahlbauten um einen Raum erweitert oder neue Gebäude mit gleich zwei Räumen errichtet, vor allem wenn sie neben der schweren Feldarbeit noch ein Handwerk ausübten und einen Lagerplatz für ihre Vorräte und Waren brauchten oder im Winter ihr Vieh mit ins Haus nahmen. Es lag wohl nur an der alten Tradition und Sarns Starrsinn, dass man die größeren Gebäude hier weiterhin Hütten und nicht Häuser nannte, beinahe so, als sei es eine Schande, mehr als nur den allernotwendigsten Platz für Mensch und Tier zur Verfügung zu stellen.
    Ihre eigene Hütte - ihr eigenes Haus, verbesserte sich Arri in Gedanken - war bei weitem nicht mehr das größte in der Umgebung, in dem Menschen ohne Vieh lebten, und ihr zweites Zimmer verdiente diesen Namen kaum. Es war ein winziger Verschlag, in dem ihre Mutter alles aufbewahrte, was nicht tagtäglich gebraucht wurde oder was von besonderem Wert für sie war. Durch die schmalen Ritzen des unverputzten Weidengeflechts drang nur sehr wenig staubiges Licht, doch Arri hätte selbst bei vollkommener Dunkelheit gefunden, wonach sie suchte. Der aus grobem Leder gefertigte Beutel lag auf dem kleinen Tischchen unmittelbar neben dem Eingang. Sein Inhalt klimperte leise, als Arri ihn hochhob und ihrer Mutter brachte.
    Lea beachtete sie gar nicht, sondern bedeutete ihr nur mit einer Geste weiterzumachen, sodass sie sich rasch zu der Feuerstelle in der Mitte des Raumes begab, wo sie sich auf die Knie herabsinken ließ. Während sie bedächtig trockene Blätter und Reisig herunterrieseln ließ, blies sie behutsam in die nahezu erloschene Glut, um das Feuer neu anzufachen. Im allerersten Moment wollte es ihr nicht richtig gelingen, und sie bekam schon fast Angst, es übertrieben zu haben und das Feuer aus- statt anzublasen, was nichts anderes als die zeitraubende und mühsame Prozedur für sie bedeutet hätte, es völlig neu zu entzünden.
    Dann aber fing eines der trockenen Blätter an zu schwelen, und kurz darauf leckte ein erstes, noch winziges Flämmchen an dem dürren Reisig empor. Arri atmete innerlich auf. Sie hasste es, Feuer zu machen. Die sicherste Methode war, einen
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