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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die kalte Jahreszeit bereits war, im Augenblick aber brannte die Sonne so unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel, als wolle sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um sie für die Unbill zu entschädigen.
    In den letzten Jahren hatte sich das Dorf stark verändert, und das nicht nur, weil sich die Bevölkerung fast verdoppelt hatte. Die einfachen kleinen Pfahlbauten mit ihren lehmverputzten Flechtwänden und Schilfdächern waren durch größere Gebäude ergänzt worden, in denen getöpfert, Flachs gesponnen, Körbe geflochten oder Werkzeuge und Schmuck hergestellt und aufbewahrt wurden. Aber noch hatte sich die neue Zeit nicht vollständig durchgesetzt, noch wurde der innere Dorfkreis durch eine in sich geschlossene Reihe alter Hütten geprägt. Wie eine Herde verkrüppelter Tiere hockten sie am Rand des Platzes, seltsame Lebewesen, die sich im Licht der allmählich sinkenden Sonne hier zusammengefunden hatten, um in ihrer Gemeinschaft Schutz vor der bevorstehenden Nacht zu suchen.
    Von ihren Bewohnern war bis auf eine Hand voll kleiner Kinder, die im Morast unter den Pfahlbauten herumtobten, nichts zu sehen. Die Erwachsenen und größeren Kinder waren wohl außerhalb des Dorfes bei der Arbeit, die allermeisten sicherlich auf den neu gerodeten Feldern, die mit Hilfe der von Ochsen gezogenen Pflüge in wertvolles Ackerland verwandelt worden waren. Andere hatten auf den Waldwiesen Rinder und Schafe zu hüten, manche streiften für gewöhnlich auf der Suche nach Wurzeln, Beeren oder essbaren Früchten, Pilzen und Blüten durch die Wälder, und nun, wo sich der Sommer allmählich dem Ende zuneigte, gingen auch die Jäger verstärkt auf die Pirsch, um Vorräte für den bevorstehenden Winter einzubringen.
    Und trotzdem war es seltsam. Auch wenn die meisten Bewohner außerhalb des Dorfes ihren schweißtreibenden Beschäftigungen nachgingen, gab es doch sonst immer etliche, die hier am Dorfplatz und damit im Zentrum des täglichen Lebens mit allerlei alltäglichen Verrichtungen beschäftigt waren. Beunruhigt lief Arri zum jenseitigen Rand des Dorfplatzes, hinter dem sich eine sanft zum Flussufer hin abfallende Wiese befand, auf der zweifellos eine große Zahl bunter Wildblumen wüchse, wäre sie nicht von einer noch größeren Anzahl beharrlicher Füße niedergetrampelt worden, die sich unentwegt zum Fluss hinab und wieder zum Dorf heraufbewegten.
    Hier sah sie doch noch einige Erwachsene. Auch wenn sie auf deren Anblick gern verzichtet hätte.
    Sie hatte den Dorfplatz gut zur Hälfte überquert, als sie Stimmen hörte. Sie konnte weder heraushören, wem sie gehörten, noch, was gesprochen wurde, aber sie klangen aufgeregt, und sie drangen ganz eindeutig vom Flussufer herauf und damit genau von der Stelle, zu der sie unterwegs war. Einen Moment lang spielte sie ganz ernsthaft mit dem Gedanken, kehrtzumachen und das Dorf an seinem anderen Ende zu verlassen, auch wenn dies einen großen Umweg bedeutete -und einen sehr anstrengenden Rückweg, wenn sie den gefüllten Wasserkrug auf der Schulter trug. Dann aber siegte ihre Neugier. Etwas an diesen Stimmen war. anders als sonst. Sie war nicht ganz sicher, wirklich das Echo eines Streits zu hören, aber zumindest war es kein friedliches Gespräch, das an ihr Ohr drang. Arri, die kurz inne gehalten hatte, ging nun umso schneller weiter.
    Sie hatte sich getäuscht. Das Dorf wirkte nicht wie ausgestorben, weil all seine Bewohner bei der Arbeit auf den mühsam gerodeten Feldern oder vor der Mittagshitze in ihre Häuser geflohen waren, ganz im Gegenteil. Nahezu die gesamte Einwohnerschaft des Ortes hatte sich am Ufer der Zella versammelt, gar nicht weit von der Stelle entfernt, an der sie gestern Rahn die Äsche abgeluchst hatte. Doch nicht der Fischer stand im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit, sondern Grahl, der Jäger.
    Arri wusste, dass er vor drei Tagen zusammen mit seinen Brüdern losgezogen war, um weitab vom Dorf auf die Jagd zu gehen, ein Vorhaben, das zwar gefährlich, aber überaus lohnenswert war, wenn es erfolgreich verlief (und alle Beteiligten überlebten). Sie hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass die Männer so bald zurückkehren würden. Das Gebiet, das Wildschweine und Hirsche durchstreiften oder auf dem Wisente weideten, war riesig, und die Jäger blieben selten weniger als sieben oder noch mehr Tage fort.
    Als Arri näher kam, bemerkte sie auch Kron, Grahls jüngeren Bruder; von Ans, dem ältesten der drei, war keine Spur zu sehen. Sie konnte bis auf das Wort
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