Kriminalgeschichte des Christentums Band 03 - Die Alte Kirche
Fälschungsmotive
Die Motive für die Fälschung einer Schrift – vor allem, doch keinesfalls nur durch Verfasserschaftsfiktion – waren zahlreich und naturgemäß sehr verschieden; verschieden wie die Methoden, die technischen Verfahren. Häufig gab pure Profitgier den Ausschlag, etwa auf Liebhaberpreise für vermeintliche Arbeiten renommierter alter Autoren. So entstand beispielsweise durch den Aufbau der großen Bibliotheken in Alexandrien und Pergamon in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten ein beträchtlicher Bedarf an Werken der Meister. Und da die Klassiker viel höher bewertet wurden als die zeitgenössischen Literaten, ließen sich nicht wenige verführen, ihre Imitationen früher Schriften als echte auszugeben, um derart nicht unerhebliche Gewinne einzustreichen 30 .
Neben finanziellen Beweggründen gab es juristische, politische, lokalpatriotische Motive.
Man fälschte etwa, um irgendeinen vermeintlichen oder wirklichen Rechtsanspruch zu verteidigen. Man fälschte zum Vorteil einer Sache, einer Partei, eines Volkes oder natürlich auch zu ihrem Nachteil: um eine Stadt, eine Regierung, eine wichtige Persönlichkeit zu kompromittieren. Ein Beispiel bereits aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert ist ein angeblicher (im Kern vielleicht sogar historischer) Briefwechsel zwischen Pausanias und Xerxes mit dem Angebot des spartanischen Regenten, die Tochter des Perserkönigs zu heiraten. Oft brauchte man dabei erst gar nicht mit Hilfe eines fiktiven Autorennamens ganze Bücher fälschen. Man konnte aus persönlichem oder parteilichem, aus wissenschaftlichem oder pseudowissenschaftlichem Interesse in echte Werke durch Interpolationen, Verstümmelungen, »Korrekturen« eingreifen. Nicht zuletzt ließen sich Übersetzungen manipulieren zugunsten bestimmter Tendenzen. Selbstverständlich bevorzugte man dafür die Schriften anerkannter Autoritäten. So soll Solon einen Vers in die »Ilias« eingeschoben haben, um seine Ansprüche auf die Insel Salamis zu untermauern 31 .
Außer pekuniären, politischen, rechtlichen Gründen gab es natürlich auch private Anlässe zu Fälschungen, persönliche Ranküne, Rivalität. Und nicht zuletzt fälschte man in apologetischer Absicht, zur Verteidigung, zur Propagierung eines Glaubens, einer Religion.
Fälschungen im Alten Testament und in seinem Umkreis
»Auf diesen Schlamm, auf diesen Schlamm, großer Gott! Wenn auch ein paar Goldkörner darunter waren ... Gott! Gott! Worauf können Menschen einen Glauben gründen, durch den sie ewig glücklich zu werden hoffen?!«
Gotthold Ephraim Lessing 42
»Das kühnste und folgenschwerste Unterfangen dieser Art war es, alle Schriften des Alten und Neuen Testaments, bis auf Wort und Buchstaben, auf Gottes Geist und Diktat zurückzuführen und somit sowohl über die heiligen Texte wie über Gottes Verhältnis dazu und über die Art seines Wollens und Wirkens ein schwerwiegendes Urteil zu fällen.«
Arnold Meyer 43
»In den Glaubenskämpfen wurde die Anklage auf Fälschung von allen und gegen alle erhoben.« »Im Vergleich mit den heidnischen Fälschungen fällt die Menge der jüdisch-christlichen auf.«
Wolfgang Speyer 44
Fälschungen im Neuen Testament
»... was das Christentum vor allen geschichtlichen Ereignissen voraus hat, ist der Umstand, daß diese Schriftsteller nicht bloß mit ihren eigenen Erfahrungen und mit ihrem ehrlichen Namen für die Treue und Gewissenhaftigkeit ihrer Berichterstattung einstehen, sondern gleich
alles, was sie sind und haben, zum Pfand einsetzen,
der Wahrheit und nur der Wahrheit Zeugnis gegeben zu haben. So etwas hat die Welt noch niemals gesehen ...«
Der katholische Theologe F.X. Dieringer 114
»Außerdem hat die moderne Bibelkritik dafür gesorgt, daß die Bibel wissenschaftlich exakt untersucht wurde. Es steht heute fest: die Bibel ist zu 99% in Ordnung«.
Der katholische Theologe Alois Stiefvater (mit kirchlicher Druckerlaubnis) 115
»Die Alte Kirche ist in Mode gekommen. Nicht nur, weil man sich erneut bewußt ist, daß Wasser in Quellnähe am lautersten quillt ...«
Der katholische Theologe Frits van der Meer 116
»Die Fälschungen beginnen in neutestamentlicher Zeit und haben nie aufgehört«.
Der evangelische Theologe Carl Schneider 117
Erschwindelte Briefe und erschwindelte Personen
Auch die neutestamentliche Gattung der Briefe wurde im »apokryphen« Schrifttum der Christen kopiert, bestand allerdings schon im Neuen Testament zum großen Teil aus Fälschungen. Und
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