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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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drehte sich um und zuckte dann noch einmal und noch heftiger zusammen, als sie ihre Mutter erkannte. Sie war so leise hinter ihr aufgetaucht, dass sie ihre Schritte nicht einmal gehört hatte, so wenig, wie sie sich des Umstands bewusst geworden war, dass sie nun praktisch allein am Flussufer standen. Die Menschenmenge vor Krons Hütte hatte nicht sichtbar abgenommen, doch die Männer und Frauen hatten eine Gasse für ihre Mutter gebildet, die sich bislang nicht wirklich geschlossen hatte, und auch jetzt waren die meisten Gesichter in ihre Richtung gewandt und nicht in die der Hütte. Arri bemerkte dies jedoch nur beiläufig, denn der Blick, mit dem ihre Mutter sie maß, entging ihr keineswegs.
    Sie sprühte vor Zorn. Arri war erschrocken, aber auch verwirrt. Was hatte sie jetzt wieder falsch gemacht? Sie hatte das Gefühl, die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage in den Augen ihrer Mutter lesen zu können, wenn sie nur genau genug hinsah, aber eigentlich wollte sie das gar nicht. Ohne die Frage zu beantworten, drehte sie sich wieder um und hielt nach Osh und den anderen Kindern Ausschau, aber sie waren ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie vorhin aufgetaucht waren.
    »Ich danke dir, dass du auf mich gewartet hast«, fuhr ihre Mutter fort, nunmehr direkt an den Fischer gewandt und in deutlich versöhnlicherem Tonfall als soeben. Rahn reagierte auf seine gewohnte Art -mit einem trotzigen Blick in Leas Richtung -, beließ es darüber hinaus jedoch bei einem Schulterzucken, und Arris Mutter fuhr fort: »Ich habe eine Aufgabe für dich, Rahn - natürlich erst, nachdem du dich ausreichend erholt hast. Sarn hat mir erzählt, dass du die vergangenen Nächte fast ohne Pause an Krons Lager gewacht hast, wofür ich dir danke, denn es wäre eigentlich meine Aufgabe gewesen -oder die meiner Tochter.«
    »Kron ist mein Freund«, antwortete Rahn in leicht verwirrtem Ton, während sein Blick unstet zwischen den Gesichtern Arris und ihrer Mutter hin und her wanderte.
    »Trotzdem hätte das noch lange nicht jeder für ihn getan«, beharrte Lea. Sie kam näher. »Immerhin hast du deine eigene Arbeit vernachlässigt. Und dazu noch das, was Sarn von dir verlangt hat.« Sie schüttelte den Kopf und kleidete nicht in Worte, was sie davon hielt, wodurch sie es aber eigentlich nur umso deutlicher kundtat. Die Verwirrung auf Rahns Gesicht hatte mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das Arri schon fast lächerlich erschien. Trotzdem hütete sie sich, eine entsprechende Bemerkung zu machen. Aus einem Grund, den sie immer weniger verstand, schien ihre Mutter mit jedem Moment wütender auf sie zu werden. Dabei hatte sie doch nur getan, was sie ihr aufgetragen hatte.
    »Ich soll nicht mit dir reden«, sagte Rahn.
    »Wer sagt das?«, erkundigte sich Lea. Diesmal antwortete Rahn nicht, aber das schien Lea auch gar nicht erwartet zu haben. Sie nickte nur wissend, und ein flüchtiges, resignierendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie sah sich wie zufällig um, und obwohl dabei auf ihrem Gesicht nicht die mindeste Regung abzulesen war, folgte Arris Blick dem ihrer Mutter doch in eine ganz bestimmte Richtung, und sie war nicht überrascht, Sarn dort stehen zu sehen. Er wirkte erschöpft und hatte sich schwer auf seinen Stock gestützt, was ihn aber nicht daran hinderte, mit dem anderen Arm wild zu winken.
    »Die Sonne geht bald auf, und du musst sehr müde sein«, fuhr ihre Mutter an Rahn gewandt fort. »Vielleicht ist es besser, du schläfst erst ein wenig und versuchst, zu Kräften zu kommen. Später würde ich mich dann gern mit dir unterhalten.«
    Auch Rahn sah einen Moment lang unsicher in Sarns Richtung, dann aber schüttelte er heftig den Kopf. »Ich weiß nicht, was wir zu.«, begann er, brach dann aber mitten im Wort ab und riss die Augen auf. Arri blickte kurz zu ihrer Mutter und sah etwas matt und goldfarben zwischen ihren Fingern aufblitzen und sofort wieder verschwinden, während Rahn sichtbar um seine Fassung rang.
    »Ganz, wie du meinst«, fuhr ihre Mutter fort. »Vielleicht hast du Recht. Es ist spät geworden. Wenn du es dir anders überlegst, dann komm einfach später zu uns.« Sie gab Arri einen Wink. »Komm. Lass uns zurückgehen. Ich muss ein neues Heilmittel für Kron zubereiten, und es gibt auch sonst noch eine Menge zu tun.«
    Arri trat gehorsam an die Seite ihrer Mutter und ging mit ihr die Böschung zum Dorfplatz hinauf, doch sie konnte sich kaum beherrschen, bis sie halbwegs außer Hörweite der anderen waren.

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