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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verlieren. »Mach Licht«, sagte sie, an Arri gewandt.
    Nichts, was sie lieber getan hätte! Aus ihrer Verachtung für Rahn war schlagartig Furcht geworden, die nicht nachließ, sondern mit jedem Augenblick stärker wurde, den ihre Mutter und sie zusammen mit ihm hier drinnen waren. Sie war plötzlich sicher, dass es ein schrecklicher Fehler gewesen war, ihn hierher zu bestellen. Begriff ihre Mutter denn nicht, wie gefährlich dieser Mann war, auch wenn sie ihn für einen Dummkopf hielt - oder vielleicht gerade deswegen?
    Rasch tastete sie sich im Dunkeln zur Feuerstelle, ließ sich in die Hocke sinken und blies hinein. Kurz darauf glomm in der grauen Ascheschicht ein winziger, dunkelroter Funke auf, mit dem es ihr gelang, einen trockenen Zweig in Brand zu setzen und mit diesem wiederum die Flamme einer kleinen Öllampe zu entzünden. Rahn fuhr unmerklich zusammen und blinzelte besorgt in das rasch größer werdende Flämmchen. Ihre Mutter hatte jedem im Dorf gezeigt, wie einfach die Herstellung einer solchen Lampe war und wie sicher ihr Betrieb, wenn man einige wenige grundlegende Dinge beachtete; dennoch war sie die Einzige hier, die eine solche Lampe besaß, und Rahns Blick verriet Arri eindeutig, dass er Angst davor hatte, warum auch immer.
    »Also«, begann er schließlich, unruhig und in jenem angriffslustigen Ton, hinter dem sich pure Angst verbarg. »Was willst du von mir?«
    Ihre Mutter antwortete nicht gleich, sondern beobachtete einige Herzschläge lang scheinbar konzentriert das Größerwerden der Flamme, bis das milde Licht den gesamten Raum erfüllte und ihn in ein sonderbares Durcheinander aus warmer, gelber Helligkeit und huschenden Schatten tauchte, die man nur lange genug zu beobachten brauchte, um seltsame, gestaltlose Dinge darin zu entdecken. Und auch dann beantwortete sie Rahns Frage nicht sofort, sondern bedachte Arri mit einem zweiten, noch seltsameren Blick, unter dem diese sich immer unwohler zu fühlen begann. So wie schon draußen hatte Arri mehr und mehr das Gefühl, irgendetwas von großer Wichtigkeit verpasst zu haben. Etwas, das sie betraf.
    »Vor allem möchte ich mich bei dir entschuldigen«, sagte Lea schließlich. »In letzter Zeit hat es eine Menge. Missverständnisse zwischen uns gegeben, die ich bedauere.« Sie warf Arri einen raschen, fast drohenden Blick zu. »Vor allem meine Tochter hat sich den einen oder anderen. Fehltritt geleistet. Es tut ihr Leid. Habe ich Recht?«
    Die letzte Frage galt Arri, die mit einem verwirrten Blick und dann aber auch mit einem - wenn auch widerwilligen - Nicken in Rahns Richtung darauf reagierte. Die Augen des Fischers wurden schmal. Wenn sie jemals einen Ausdruck von Misstrauen auf dem Gesicht eines Menschen gesehen hatte, dann jetzt auf Rahns. Er sagte nichts. Auch Arris Mutter schwieg eine Weile und sah ihn nur erwartungsvoll an, dann wurde ihr klar, dass sie keine Antwort bekommen würde. Sie griff unter ihr Kleid, und als sie die Hand wieder hervorzog, lag eine schimmernde Perle aus Oraichalkos auf ihrer Handfläche. In dem flackernden gelben Licht, das die Öllampe verbreitete, schien der Stein leicht zu pulsieren, wie ein winziges schlagendes Herz, das mit geheimnisvollem Leben erfüllt war. Der Ausdruck von Misstrauen auf Rahns Gesicht blieb, nun aber mischte sich eine jäh aufflammende Gier hinein, die er kaum noch beherrschen konnte. Seine Hand zuckte, als wolle er nach dem Stein greifen, bewegte sich dann aber doch nicht.
    »Du weißt, was das ist?«, fragte Lea.
    Rahn starrte sie nur an. Ein weiterer Ausdruck gesellte sich zu dem Durcheinander von Gefühlen in seinem Blick: Verwirrung.
    »Willst du ihn haben?«, fragte Lea geradeheraus.
    Für einen kurzen Moment wurde die Gier in Rahns Augen fast übermächtig, dann aber trat er mit einer übertriebenen Bewegung zurück und schüttelte den Kopf. »Du machst dich über mich lustig.«
    Arri konnte Rahns Reaktion durchaus verstehen. Auch wenn sie nicht viel von solcherlei Dingen verstand und sich auch nie wirklich dafür interessiert hatte, so wusste sie doch, von welch enormem Wert der Stein in der Hand ihrer Mutter war. Nors Halskette zierten mehrere und zum Teil deutlich größere Perlen aus Oraichalkos, doch selbst Sarn war nicht reich genug, auch nur einen einzigen dieser wertvollen Steine zu besitzen. Es hieß, dass man ihr Gewicht je nach Größe und Schönheit mit dem Drei- bis Fünffachen in Gold aufwog. Arri interessierte sich weder für Gold noch für Oraichalkos oder

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