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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Blut gefrierenmachenden Beschreibung der Illuminaten und dieser hellsichtigen Anprangerung eines Direktoriums Unbekannter Oberer mit der Fähigkeit, die Welt zu beherrschen, zögerte Napoleon nicht und beschloss, einer der ihren zu werden. Er ließ seinen Bruder Joseph zum Großmeister des Grand Orient ernennen und nahm selbst, wie von vielen Quellen bezeugt wird, Kontakte zu den Freimaurern auf, ja, nach Auskunft anderer Quellen gelangte er in ihren Reihen sogar zu höchsten Würden. Unklar ist nur, nach welchem Ritus. Vielleicht sicherheitshalber nach allen.
    Wie viel Napoleon gewusst haben mochte, wussten wir nicht, aber wir vergaßen auch nicht, dass er eine Zeitlang in Ägypten gewesen war, und wer weiß, mit welchen Weisen er dort im Schatten der Pyramiden gesprochen hatte (und hier begreift auch ein Kind, dass die berühmten vierzig Jahrhunderte, die auf ihn herabsahen, eine deutliche Anspielung auf die Hermetische Tradition waren).
    Doch er muss vieles gewusst haben, denn 1806 berief er eine Versammlung führender französischer Juden ein. Die offiziellen Gründe waren banal: Versuch, den Zinswucher einzudämmen, sich die Treue der israelitischen Minderheit zu sichern, neue Geldgeber zu finden ... Aber das erklärt nicht, wieso er beschlossen hatte, die Versammlung »Großes Synedrium« zu nennen, was die Vorstellung eines Direktoriums mehr oder minder Unbekannter Oberer nahelegte. In Wahrheit hatte der schlaue Korse die Repräsentanten des Jerusalemer Flügels identifiziert und versuchte nun, die verstreuten Gruppen zusammenzubringen.
    »Nicht zufällig stehen die Truppen von Marschall Ney 1808 in Tomar. Begreifen Sie den Zusammenhang?«
    »Wir sind nur hier, um Zusammenhänge zu begreifen.«
    »Napoleon, der im Begriff ist, England zu schlagen, hat nun so gut wie alle europäischen Zentren in der Hand, und durch die französischen Juden auch die Jerusalemer. Wer fehlt ihm noch?«
    »Die Paulizianer.«
    »Richtig. Und wir haben immer noch nicht entschieden, wo sie geblieben sind. Aber das legt uns Napoleon nahe, der sie dort suchen geht, wo sie sind, nämlich in Russland.«
    Seit Jahrhunderten im slawischen Raum blockiert, hatten die Paulizianer sich naturgemäß unter den diversen Etiketten des russischen Mystizismus reorganisiert. Einer der einflussreichsten Berater Alexanders I. war Fürst Galitzin, der in Verbindung mit einigen Sekten martinistischer Prägung stand. Und wen fanden wir in Russland, gut zwölf Jahre vor Napoleon dort als Bevollmächtigter des Hauses Savoyen eingetroffen, um Verbindungen zu den mystischen Zirkeln in St. Petersburg herzustellen? De Maistre.
    Inzwischen misstraute er jeder Organisation von Illuminaten, die für ihn identisch mit den Illuministen waren, also den Aufklärern und mithin den Verantwortlichen für das Blutbad der Revolution. Tatsächlich sprach er in jener Zeit, fast wörtlich Barruel wiederholend, von einer satanischen Sekte, die sich anschicke, die Welt zu erobern, und vermutlich dachte er dabei an Napoleon. Wenn also unser großer Reaktionär sich vornahm, die martinistischen Gruppen zu verführen, so weil er luzide erkannt hatte, dass sie, wenn auch inspiriert von denselben Quellen wie der französische und der deutsche Neutemplerismus, gleichwohl die aktuelle Ausdrucksform der einzigen noch nicht vom westlichen Denken verseuchten Gruppe waren: der Paulizianer.
    Aber de Maistres Plan hatte offenbar nicht geklappt, denn 1816 wurden die Jesuiten aus St. Petersburg vertrieben, und de Maistre kehrte zurück nach Turin.
    »Na gut«, meinte Diotallevi. »Die Paulizianer hätten wir also wiedergefunden. Lassen wir jetzt Napoleon von der Bühne abtreten, offensichtlich ist es ihm nicht gelungen, sein Ziel zu erreichen, andernfalls hätte er in Sankt Helena nur mit den Fingern zu schnipsen brauchen, um seine Gegner erzittern zu lassen ... Wie geht es nun weiter mit all diesen Leuten? Ich verliere allmählich den Überblick.«
    »Die Hälfte von ihnen hatte ihn längst verloren«, sagte Belbo.

 
    91
     
    Oh, wie gut haben Sie diese infernalischen Sekten
    entlarvt, die dem Antichrist den Weg bereiten ...
    Gleichwohl gibt es da noch eine weitere Sekte, die
    Sie nur gestreift haben.
     
    Brief von Hauptmann Simonini an Barruel, zitiert nach
    dem offiziellen Organ der Societas Jesu, La civiltà cattolica ,
    Rom, 21. 10. 1882
     
    Napoleons Schachzug mit den Juden hatte zu einer Kurskorrektur bei den Jesuiten geführt. Die Mémoires von Barruel enthielten noch keinerlei

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