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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Tages ins Dorf kam und gekochtes Fleisch verkaufte für wenig Geld, und niemand konnte so großes Glück fassen, bis dann der Pfarrer sagte, es handle sich um Menschenfleisch, woraufhin die wütende Menge den Mann in Stücke riss. Aber noch in derselben Nacht schlich einer der Dörfler zum Grab des Getöteten, grub ihn aus und fraß vom Fleisch des Menschenfressers, so dass er, als man ihn fasste, gleichfalls zum Tode verurteilt wurde.
    Doch nicht nur diese Geschichten erzählte mir Salvatore. In abgehackten Worten und Sätzen, die mich zwangen, meine geringen Kenntnisse des Provençalischen und der italienischen Dialekte zu versammeln, erzählte er mir die lange Geschichte seiner Flucht aus dem Dorf und seiner Irrfahrten durch die Welt. Und in seiner Erzählung erkannte ich vieles wieder, was ich früher schon oder auf meiner Reise erfahren hatte, und vieles andere, was ich später erfuhr, erkenne ich heute darin, so dass ich nicht sicher bin, ob ich ihm nicht zuweilen die Abenteuer und Untaten anderer zuschreibe – Dinge also, die vor ihm und nach ihm geschehen sind und die sich heute in meinem müden Geist zu einem einzigen Bilde vereinen dank jener Einbildungskraft, die durch Zusammenfügung der im Gedächtnis bewahrten Bilder von Gold und Bergen die Vorstellung eines goldenen Berges zu erzeugen vermag.
    Oft hatte ich William während unserer gemeinsamen Reise von einfachen Leuten oder simplices reden gehört, ein Begriff, mit dem manche seiner Mitbrüder nicht nur das Volk zu bezeichnen pflegten, sondern auch die Ungebildeten oder Laien, und der mir stets recht allgemein erschienen war, denn in den italienischen Städten hatte ich Handels- und Handwerksleute getroffen, die keine Kleriker waren, aber auch keine Ungebildeten, mochte sich ihre Bildung auch in der Volkssprache ausdrücken; desgleichen waren auch manche Tyrannen, die damals auf der Halbinsel herrschten, zwar Ignoranten in Fragen der Theologie und der Medizin und der Logik und der lateinischen Sprache, aber gewiss keine Simpel von schlichtem Gemüt. Daher glaube ich, dass auch mein Meister, wenn er so allgemein von den simplices sprach, einen recht simplen Begriff gebrauchte. Salvatore indessen war ohne Zweifel ein Mann aus dem einfachen Volke. Er stammte aus einer Gegend, die seit Jahrhunderten unter Entbehrungen und Feudalherrenwillkür gelitten hatte. Er war ein schlichtes Gemüt, aber kein Dummkopf. Er sehnte sich nach einer anderen Welt, die ihm zur Zeit seiner Flucht aus dem Dorf, wenn ich ihn recht verstand, als eine Art Schlaraffenland vorschwebte, ein Paradies für Hungernde, worin gebratene Hühner durch die Luft fliegen und auf den Bäumen, die Honig statt Harz aus der Rinde schwitzen, Käselaiber und geräucherte Hartwürste wachsen.
    Von solcher Hoffnung getrieben und nicht bereit, die Welt hinieden demütig als ein Jammertal hinzunehmen, in welchem (wie man mich gelehrt hatte) auch das Unrecht gottgewollt ist, eine Fügung, um das Gleichgewicht der Dinge zu wahren, mag uns deren Sinn auch häufig entgehen (die Pläne des Herrn sind unerforschlich), zog Salvatore durch vielerlei Länder, von seinem heimatlichen Monferrat nach Ligurien und weiter in die Provence und die Länder des Königs von Frankreich.
    Er vagabundierte herum, bettelnd, stehlend, Krankheiten vortäuschend, gelegentlich Dienste für weltliche Herren verrichtend, dann weiterziehend von Stadt zu Stadt, durch die Wälder und über die großen Straßen. Aus seiner Erzählung entnahm ich, dass er sich offenbar mit jenen Landstreicherbanden zusammengetan hatte, die ich im Laufe dieses Jahrhunderts immer häufiger durch Europa ziehen sah: Vaganten, Scharlatane und falsche Mönche, Schwindler, Betrüger, Bettler und Strolche, Aussätzige und Verkrüppelte, kriegsversehrte Landsknechte, Komödianten, Bänkelsänger und Bauchredner, Falschspieler, Zauberkünstler und Negromanten, fahrende Studenten, entsprungene Konventszöglinge, expatriierte Kleriker, schweifende Juden, den Ungläubigen entkommen mit verwirrtem Geist, Schwachsinnige, Verrückte, Narren, Verbannte, vogelfreie Gesellen, Sträflinge mit abgeschnittenen Ohren, Zigeuner und Sodomiten; dazwischen wandernde Handwerksburschen, Weber und Wollschläger, Kesselflicker und Kleinschmiede, Stuhlmacher, Korbflechter, Riemenschneider, Scherenschleifer; das Ganze durchsetzt mit Gaunern und Spitzbuben, Schuften und Schurken, Halunken und Taugenichtsen aller Arten und Sparten: Dieben, Schiebern, Fälschern, Hehlern, Blendern,

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