Die historischen Romane
Piacenza muss Belbo zu dem Schluss gekommen sein, dass er keine weiteren Niederlagen mehr erleiden würde, wenn er sich erneut aus der Realität in den Großen Plan zurückzog, denn im Großen Plan war er es, der entscheiden konnte, wer, wie und wann.
Und es muss in derselben Nacht gewesen sein, dass er beschloss, sich an Agliè zu rächen, auch wenn er nicht genau wusste, warum und wofür. Er nahm sich vor, Agliè in den Großen Plan einzufügen, ohne dass er es merkte. Im übrigen war es ja typisch für Belbo, sich Revanchen zu suchen, deren einziger Zeuge er selber war. Nicht aus Scham, sondern aus Misstrauen in die Zeugenschaft anderer. Wenn es gelang, Agliè in den Großen Plan hineinzulocken, würde er darin vernichtet werden, sich in Rauch auflösen wie der Docht einer Kerze. Irreal werden wie die Templer von Provins, wie die Rosenkreuzer, wie Belbo selbst.
Es kann nicht so schwierig sein, dachte Belbo: wir haben immerhin Bacon und Napoleon auf unser Maß reduziert, warum also nicht auch Agliè? Wir schicken ihn gleichfalls auf die Suche nach der Karte. Von Ardenti und der Erinnerung an ihn habe ich mich befreit, indem ich ihn in eine Fiktion versetzte, die besser als seine war. So mache ich's jetzt auch mit Agliè.
Ich glaube, er glaubte es wirklich, so viel vermag das enttäuschte Verlangen. Dieser sein file endete, wie es nicht anders sein konnte, mit dem Pflichtzitat aller derer, die vom Leben besiegt worden sind: Bin ich ein Gott?
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What is the hidden influence behind the press,
behind all the subversive movements going
around us? Are there several Powers at work? Or
is there one Power, one invisible group directing
all the rest – the circle of the real Initiates ?
Nesta Webster, Secret Societies and Subversive Movements ,
London, Boswell, 1924, p. 348
Vielleicht hätte er sein Projekt vergessen. Vielleicht hätte es ihm genügt, es niedergeschrieben zu haben. Vielleicht wäre alles noch gut ausgegangen, wenn er Lorenza sofort wiedergesehen hätte. Er wäre erneut von seinem Verlangen gepackt worden, und sein Verlangen hätte ihn gezwungen, sich mit dem Leben auf Kompromisse einzulassen. Stattdessen kam am Montag kein anderer als ausgerechnet Agliè in sein Büro hereinspaziert, lächelnd, nach exotischen Eaux-de-Cologne duftend, um ihm einige Manuskripte zurückzubringen, die abgelehnt werden konnten, und ihm zu sagen, er habe sie während eines herrlichen Wochenendes an der Riviera gelesen. Belbo wurde wieder von seinem Groll gepackt. Und so beschloss er, Agliè zu narren und ihm den Eiffelturm zu verkaufen.
Mit Verschwörermiene gab er ihm zu verstehen, dass ihn seit über zehn Jahren ein Initiationsgeheimnis bedrücke. Ein Manuskript, das ihm von einem gewissen Oberst Ardenti anvertraut worden sei, der von sich sagte, er sei im Besitz des Welteroberungsplans der Templer… Der Oberst sei dann entführt oder getötet worden und seine Papiere seien verschwunden, doch er habe den Verlag Garamond mit einem Ködertext in der Tasche verlassen, einem gewollt fehlerhaften, phantastischen, geradezu kindischen Text, der nur dazu diente, durchblicken zu lassen, dass er, der Oberst, das Auge auf die echte Botschaft von Provins und die wahren Aufzeichnungen von Ingolf geworfen hatte, nach denen seine Mörder immer noch suchten. Ein schmaler Ordner jedoch, der nur zehn kleine Seiten enthalten habe, und auf diesen zehn kleinen Seiten den wahren Text, den, der sich wirklich unter Ingolfs Papieren befunden habe, der sei in Belbos Händen verblieben.
Ach nein, wie kurios, hatte Agliè reagiert, sprechen Sie weiter, so sprechen Sie doch weiter! Und Belbo hatte weitergesprochen. Er hatte den ganzen Großen Plan erzählt, so wie wir ihn ersonnen hatten und so, als ob er in jenem kostbaren Manuskript enthüllt worden wäre. Er hatte sogar gesagt, in immer konspirativerem und vertraulicherem Ton, dass auch ein Polizeikommissar, ein gewisser De Angelis, bis zum Rand der Wahrheit vorgedrungen sei, aber eben nur bis zum Rand und nicht weiter, wegen des wahrhaft hermetischen Schweigens – so müsse man es wirklich nennen –, in das er sich gehüllt habe, er, Jacopo Belbo, der Hüter des größten Geheimnisses der Menschheit. Eines Geheimnisses, das sich am Ende letztlich auf das Geheimnis der richtigen Karte reduziere.
Hier hatte er eine Pause gemacht, eine Pause voller Bedeutsamkeit wie alle großen Pausen. Dass er die letzte Wahrheit nicht preisgab, garantierte die Wahrheit der
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