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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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mir.
    Auf einen huldvollen Wink des Abtes erschien nun die Prozession der Jungfrauen. Es war ein prachtvoller Zug reich geschmückter Damen, in deren Mitte ich zuerst meine Mutter zu erkennen glaubte, doch bald bemerkte ich meinen Irrtum, denn es war ohne Zweifel das Mädchen, schrecklich wie eine waffenstarrende Heerschar. Nur dass sie auf dem Haupte ein Diadem aus zwei Reihen weißer Perlen trug, und je zwei weitere Perlenketten fielen ihr rechts und links die Wangen hinunter und vereinten sich mit zwei weiteren Perlenketten, die ihr quer über die Brust gingen, und an den Perlen der unteren Kette hingen Diamanten groß wie Pflaumen. Außerdem trug sie an den Ohren blaue Perlengehänge, die sich zu einem zierlichen Kettchen vereinten am Ansatz des weißen Halses, der aufragte wie ein Turm auf dem Libanon. Ihr langer Mantel war purpurfarben, und in der Hand hielt sie einen goldenen, mit Diamanten besetzten Kelch, und irgendwie wusste ich plötzlich, dass sich darin die tödliche Salbe befand, die man Severin einst gestohlen hatte. Im Gefolge dieser minneclîchen Frouwe, die mir schön wie die Morgenröte erschien, zogen weitere Frauengestalten ein; die erste trug einen weißen gestickten Umhang über einem dunklen Kleid mit goldener Doppelstola, auf welcher bunte Feldblumen prangten; die zweite trug einen Umhang aus gelbem Damast über einem blassrosa Kleid, auf welchem kleine blaue Enten zu sehen waren sowie zwei große, aus braunem Faden gestickte Labyrinthe; die dritte trug einen roten Umhang über einem smaragdgrünen Kleid, das mit kleinen roten Tieren bestickt war, und hielt eine weiße Spitzenstola in Händen. Was die anderen trugen, weiß ich nicht mehr, denn ich versuchte herauszufinden, wer diese lieblichen Jungfrauen sein mochten, die da Einzug hielten im Gefolge des Mädchens, das jetzt wie die Jungfrau Maria aussah, und glücklicherweise hielt eine jede von ihnen ein Schild in der Hand oder ließ eine Schrift aus ihrem Munde hervorgehen, so dass ich erfuhr: Es waren Ruth und Sarah und Susanna und andere biblische Frauenspersonen.
    Mit lauter Stimme rief nun der Abt: »Herein mit euch, ihr Hurensöhne!« Und eine weitere Prozession hochheiliger Personen, die ich sogleich erkannte, hielt Einzug, würdig und prachtvoll gekleidet, in der Mitte ein Sitzender auf einem Throne, das war Unser Herr Jesus, aber zugleich auch Adam, angetan mit einem Purpurmantel, den auf der rechten Schulter eine Fibel mit einem riesengroßen, von weißen Perlen umkränzten Rubin zusammenhielt; auf dem Haupte trug er ein Diadem aus Perlen, das dem des Mädchens glich, und in der Hand einen noch größeren Kelch, der voller Schweineblut war. Andere wohlbekannte Personen aus der Heiligen Schrift, von denen ich noch berichten werde, bildeten das Gefolge des Sitzenden, dazu ein Trupp Bogenschützen des Königs von Frankreich, grün und rot gekleidet, mit einem smaragdenen Wappenschild, auf dem das Monogramm Christi prangte. Der Hauptmann dieser Bogenschützen trat vor den Abt, salutierte, reichte ihm den Kelch und sprach: »Sose benrenki, sose bluotrenki, sose lidirenki, ben zi bena, bluot zi bluoda, lid zi geliden, sose gelimida sin!« Worauf der Abt erwiderte: »Age primum et septimum de quatuor!« Und alle sangen: »In finibus Africae, Amen!« Und alle sederunt.
    Sobald die beiden Prozessionen sich derart aufgelöst hatten, gab der Abt ein Zeichen, und Salomo begann, den Tisch zu decken. Jakob und Andreas brachten einen Heuhaufen herein, und Adam setzte sich mitten darauf, Eva legte sich auf ein Feigenblatt, Kain schleppte einen Pflug herbei, Abel kam mit einem Eimer, um Brunellus zu melken, Noah ruderte hoch auf der Arche herein, Abraham setzte sich unter einen Baum, Isaak legte sich auf den goldenen Kirchenaltar, Moses hockte sich auf einen Stein, Daniel erschien auf einem tragbaren Katafalk Arm in Arm mit Malachias, Tobias legte sich auf ein Bett, Joseph stürzte sich auf einen Scheffel, Benjamin setzte sich auf einen Sack, und weiter hinten sah ich, aber hier wurde die Vision etwas unscharf, David auf einem kleinen Berg, Johannes auf dem Boden, Pharao im Sand (natürlich, dachte ich, aber wieso?), Lazarus auf einem Tisch, Jesus am Rande des Brunnens, Zachäus im Gezweig eines Baumes, Matthäus auf einem Schemel, Rahab auf einem Flachsbündel, Ruth auf einer Strohmatte und Thekla auf dem Fensterbrett (von draußen schaute bleichen Gesichtes Adelmus herein und warnte sie, da könne man leicht hinunterfallen, tief in die Schlucht

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