Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers
Instinkt folgend, verlangt Fanni, die neue Herrin, dass Klara Pölzl das Haus verlässt. Denn Fanni muss zu Recht befürchten, in der nur ein Jahr älteren Klara könne ihr eine Konkurrentin um die gute Partie Alois erwachsen. Klara kehrt nach Spital zurück, und Fanni bringt zwei Jahre später einen unehelichen Sohn zur Welt. Alois gibt ihm seinen eigenen Namen und legitimiert Alois junior nach der Hochzeit mit Fanni im Jahr 1883 – nur sechs Wochen nach dem Tod seiner ersten Frau Anna. Vor dem Traualtar ist die 22-jährige Fanni, für jeden unübersehbar, wieder hochschwanger. Trauzeugen spielen zwei Zollbeamte aus Simbach, dem bayerischen Ort auf der anderen Seite des Inns. Schon zwei Wochen später gebärt Fanni Tochter Angela. Gatte Alois ist 46 Jahre, als er zum ersten Mal legitimen Nachwuchs hat und sich an dessen Erziehung beteiligt.
Alois Hitler mit seinem ersten Sohn Alois junior
Fanni Hitler erkrankt noch im selben Jahr schwer an Tuberkulose. Trotz ihres Widerstandes holt sich Alois wieder Klara Pölzl ins Haus: vordergründig, weil Klara bereits Erfahrung mit der Pflege von kranken Personen hat und ihm überdies den Haushalt führen kann. Doch dabei bleibt es natürlich nicht. Alois und Klara beginnen ein Verhältnis – die todgeweihte Fanni kümmert die beiden nicht. Fanni stirbt mit 23 Jahren im August 1884, etwa zur gleichen Zeit, als Klara von Alois schwanger wird. Die Erde auf dem Grab ist noch frisch, doch die beiden zögern nicht länger und beschließen sofort zu heiraten – Trauerfall hin oder her. Was nicht gerade von besonderer Feinfühligkeit des heimlichen Liebespaares zeugt. Doch so einfach funktioniert der Plan nicht.
Die verwandtschaftliche Beziehung macht ihnen nämlich einen Strich durch die Rechnung. Auf dem Papier sind Alois Hitler und Klara Pölzl Vetter beziehungsweise Cousine zweiten Grades. Da dürfen sie nur mit kirchlicher Sondergenehmigung heiraten. Wobei sie das Glück haben, dass niemand um die mögliche Vaterschaft Nepomuks weiß – unter solchen Voraussetzungen wäre eine Ehe überhaupt nicht möglich gewesen. Die Heiratswilligen müssen deshalb offiziell bei der Kirche um Dispens nachsuchen. Sie schreiben an die kirchlichen Stellen in Linz:
»Die in tiefster Ehrfurcht Gefertigten sind entschlossen, sich zu ehelichen. Es steht aber denselben laut beiliegendem Stammbuch das kanonische Hindernis der Seitenverwandtschaft im dritten Grad berührend den zweiten entgegen. Deshalb stellen dieselben die demütige Bitte, das Hochwürdige Ordinariat wolle ihnen gnädigst die Dispens erwirken, und zwar aus folgenden Gründen:
Der Bräutigam ist laut Totenschein seit 10. August dieses Jahres Witwer und Vater von zwei unmündigen Kindern, eines Knaben von zweieinhalb Jahren (Alois) und eines Mädchens von einem Jahre und zwei Monaten (Angela), für welche er notwendig einer Pflegerin bedarf, um so mehr, da er als Zollbeamter den ganzen Tag, oft auch nachts, vom Hause abwesend ist und daher die Erziehung und Pflege der Kinder nur wenig überwachen kann. Die Braut hat die Pflege der Kinder bereits nach dem Tode der Mutter übernommen und sind ihr selbe sehr zugetan, so dass sich mit Grund voraussetzen lässt, es würde die Erziehung derselben gedeihen und die Ehe eine glückliche werden. Überdies hat die Braut kein Vermögen und es dürfte ihr deshalb nicht so leicht eine andere Gelegenheit zu einer anständigen Verehelichung geboten werden.
Auf diese Bitte gestützt, wiederholen die Gefertigten ihre demütige Bitte um gnädige Erwirkung der Dispens vom genannten Hindernis der Verwandtschaft.« 9
Die Stelle in Linz leitet das Gesuch nach Rom weiter – und die Wochen bis zur schriftlichen Erlaubnis vergehen. Erst am 7. Januar 1885 können Alois und Klara den Bund der Ehe schließen, sie ist 24, er 47 Jahre alt. Die Trauung entspricht so gar nicht den romantischen Vorstellungen Klaras: »Um sechs Uhr früh haben wir in der Stadtpfarrkirche von Braunau geheiratet, und um sieben Uhr ging mein Mann schon wieder in den Dienst.« 10 Keine Feier, kein fröhliches Essen, kein Umtrunk mit Freunden – nichts. Nicht einmal einen Tag Urlaub gönnt sich der Gemahl für diesen Festtag. Für ihn ist es bloß eine Formalie, er und Klara sind schon längst zusammen und haben intime Beziehungen, was die Geburt des ersten gemeinsamen Sohnes Gustav fünf Monate später bezeugt.
Für Klara ist die neue Rolle als Ehefrau ungewohnt. Noch lange nennt sie ihren Ehemann »Onkel«, so wie sie es als Kind
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