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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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ihn heraus.
    Gemeinsam rannten sie durch die Höhlen, in denen die grünen Sterne auf den Wänden nie verblassten, folgten lachend dem gewundenen Weg, und als sie in die letzte Höhle kamen, an die Klippe, verlangsamte Ash sein Tempo, und der Lotse rief über seine Schultern zurück: »Vertraue ihr!« Im nächsten Moment sprang er über den Rand der Klippe in das rauschende Wasser.
    Als er aus Ashs Sichtfeld verschwunden war, holte dieser tief Luft, erfüllt von plötzlicher Freude und Furcht. Dann sprang er ihm hinterher.
    Musik war zu hören.
    Das Instrument vermochte er nicht zu erkennen, und das erschreckte ihn, aber die Stimme des Flusses besänftigte ihn mit wortlosen Harmonien. Zuhause , säuselte sie, zugehörig , und er war beruhigt.
    Aber nicht reglos. Ash rauschte an Felswänden entlang, rauschte durch Öffnungen hindurch, die doch zu klein für seinen Körper sein mussten, sich drehend, platschend und gleitend. Als ihn die Furcht verließ und er sich stattdessen der Musik hingab, war er gleichermaßen erfüllt von Freude und von etwas, das er noch nie zuvor empfunden hatte … Auch das Gefühl hatte, wie schon zuvor das Instrument, keinen Namen, weil es sich jenseits menschlicher Erfahrungen befand. Es war weder Glück noch Freude oder Befriedigung. Es war alles davon.
    Ein Gefühl der Bestimmung, oder die Bestimmung zu sein, statt eine solche zu erfüllen.
    Ein Gefühl der Macht.
    Befreiung.
    Geschwindigkeit.

    Tiefe, ganz tiefe Ruhe und Ausgeglichenheit, verborgen in der Mitte des Rauschens, so wie Wasser, das in einem Eimer rasch über den Kopf geschwungen wird, fest in diesem bleibt und nicht fallen kann.
    Er war das Wasser, der Eimer, der schwingende Arm. Der Mittelpunkt, der sich bewegte.
    Er war der Lauf des Flusses.

Bramble
    Bramble glaubte nicht, dass sie sich in der Höhle der Tränen befanden. Es gab so viele Geschichten über sie; der Eingang sollte sich angeblich bewegen, sicher war nur, dass er sich an der Oberfläche befand. Dies hier war bloß eine große Höhle mit Wasser darin. Bramble schaute zu Medric hinüber. »Also, wenn man nicht mehr herauskommt, wer hat denn dann die Geschichten weitererzählt?«
    Darauf hatte er keine Antwort. Doch während er langsam die Felswand hinab zum Boden der Höhle kletterte, zitterten ihm die Hände.
    Beim Abstieg spürte Bramble, wie sich Actons Knochen ständig verlagerten und verschoben. Die Bewegung verunsicherte sie mehr als irgendetwas anderes zuvor in ihrem Leben. Sie hatte sich bemüht, sie fest zu verpacken, doch sie lockerten sich, so als sei Acton noch im Tod entschlossen, so wie er es im Leben gewesen war, sich nicht einengen zu lassen. Es war, als klopfte er ihr bei jedem Schritt auf die Schulter und würde sagen: »Erinnerst du dich an mich?«
    Es war schon schlimm genug, ihren Kummer um ihn zu ertragen. Dazu auch noch seine Knochen tragen zu müssen, ein Packesel für seine sterblichen Überreste zu sein, das war zu viel. Sie wollte sich ihrer entledigen. Sie verspürte den heftigen Wunsch, ihn wiederzusehen, und sei es als Geist, und zugleich wünschte sie sich brennend, ihn nicht
als Geist zu sehen, blass und körperlos. Sie fand es gut, dass die Götter sie antrieben, denn wenn sie hätte wählen können, wäre sie sich nicht sicher gewesen, ob sie ihn zurückhaben wollte.
    Aber sie würde ihre Aufgabe zu Ende bringen und Saker aufhalten. Und sie würde ihn umbringen, wenn die Götter es so wollten. Dann, und erst dann würde sie zur Ruhe kommen und darüber nachdenken, was der Obsidian Lake mit ihr gemacht hatte und wer sie hinterher sein würde.
    Falls also die Todesfee versuchen würde, sie aufzuhalten, dann war es eben Pech für die Todesfee.
    Mit zitternden Beinen und Armen gelangten sie auf den Grund der Höhle und brachen auf einem feuchtkalten Felsen zusammen. Nachdem sie sich etwas erholt hatten, tranken sie Wasser aus einem der klaren Becken, Wasser, das nach nichts schmeckte, außer entfernt nach Kreide.
    »Folge der Luft«, sagte Medric nun wieder, und die Luft schien sich in Richtung der hohen Wand zu ihrer Linken zu bewegen, sodass sie diese Richtung einschlugen. Dabei bahnten sie sich ihren Weg zwischen seichten Becken und kleinen Felsspitzen, vorbei an Säulen und grotesken Felsformationen, die manchmal aussahen, als hätte sich eine buckelige menschliche Gestalt durch das endlos tropfende Wasser in Stein verwandelt. Aber es war wunderschön. Es gab Flügel aus Fels, Türme und Farben, die im Lichtschein der Kerze

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