Die Hoehle der Traenen
wir uns dem Zauberer entgegenstellen können, wenn er das nächste Mal kommt, die Geister zur Ruhe betten und Frieden bringen können.«
»Sein Bericht entspricht dem der Quelle der Geheimnisse«, sagte Garham widerwillig, als Ash geendet hatte.
»Sie ist hier?«, fragte Ash begierig. »Lasst mich zu ihr.«
»Später«, sagte Ranny. »Vielleicht.«
»Du sagst, jemand müsse Acton eine Stimme geben, ihn seine Untaten anerkennen lassen, wie bei einem Wiedergang.« Das war der Schmale, ein Gewürzhändler, für den Ash einmal gearbeitet hatte, als er eine Schiffsladung Safran bewacht hatte.
Ash nickte.
»Was, wenn er sie nicht anerkennt?«
»Warum sollte er?«, fiel ihm ein gedrungener Mann mit gerötetem Gesicht ins Wort. Es war der Weinhändler, Garham hieß er, und er war so einflussreich wie die Highmarks, hatte Doronit ihm erzählt. »Er hat nichts Unrechtes getan! Er ist ein Held!«
Die anderen schwiegen.
»Ganz gleich was wir heutzutage von ihm halten«, sagte Ash vorsichtig, »für die Geister ist er derjenige, der ihre Heimat überfallen und für ihren Tod verantwortlich ist. Und er hat versprochen, sich der Zeremonie zu unterziehen.«
»Warum nicht den Zauberer einfach töten?«, fragte Garham mit verschlagenem Blick.
»Dann würde jemand anders die Geister erwecken. Und es fängt alles wieder von vorne an. Die Geister sind es, um die wir uns … kümmern müssen.«
»Und was sollen wir deiner Meinung nach mit dir tun, hä?«, fragte Garham.
»Mich gehen lassen. Die Quelle der Geheimnisse und ich werden losziehen, um Acton herzubringen.«
Sie starrten ihn an.
»Ihr müsst mich die Aufgabe beenden lassen, die die Götter mir übertragen haben.«
»Moment. Da wäre immer noch die Sache mit Doronits Tod«, sagte Ranny.
»Doronit war im Begriff, den Zauberer zu unterstützen«, erwiderte Ash. »Sie wollte die Barrikade einreißen, und wenn die Stadt erst einmal überrannt worden wäre, hätte sie ihm ihre gesamte Organisation zur Verfügung gestellt, um ihn zu unterstützen. Ihr wisst ja, wie viel Informationen sie hatte …«, – sie schauten einander verstohlen an, als schätzten sie ein, wie viel der andere wohl wusste -, »…aber ihr wisst nicht, wie sie sie bekommen hat.«
»Wie denn?«, wollte Ranny wissen.
»Sie war wie ich. Sie konnte Geister zum Sprechen bringen. Sie hat die Geister von Turvite dazu genötigt, ihre Geheimnisse preiszugeben, und sie war im Begriff, sich dem Zauberer anzuschließen, damit er zu seiner Armee sprechen konnte, wann immer er wollte, um die Vorgehensweise mit ihnen zu besprechen, Angriffe besser zu planen …«
Ihnen lief ein Schauer über den Rücken.
»Deswegen habe ich sie getötet.« Ash ließ seine Stimme ausdruckslos klingen. »Das war unsere einzige Chance.«
»Aber warum sollte Doronit …?«, fragte der schmächtige Gewürzhändler.
»Weil sie dort sitzen wollte, wo ihr sitzt, und sie wusste, dass sie es anders nie schaffen würde.«
»Sie war ehrgeizig, das schon, aber sie hat sich doch bestimmt nie eingebildet, eine Wandrerin könnte …«, stotterte Garham.
»Nein«, sagte Ash. »Dafür war sie zu klug.«
Mehr getraute er sich nicht zu sagen. Ihm tat der ganze Körper weh, der Kopf, die Beine, den Rücken und der Magen, überall dort, wo die Gebrüder Dung ihn getreten und Hildie ihn geschlagen hatte. Er hatte gekämpft, aber um sie aufzuhalten, hätte er sie alle töten müssen, und er hatte genug vom Töten.
Ash wartete die ganze Nacht in einem kleinen Raum, der an die Halle grenzte. Niemand machte sich die Mühe, ihm eine Kerze zu bringen. Er setzte sich vom Fenster weg und starrte auf die grüne Wand mit ihrem Fries mit kleinen Schiffen, der den kaufmännischen Wohlstand von Turvite darstellen sollte. Je länger er darauf starrte, desto mehr schienen sie in die stilisierten Wellen, auf denen sie schwammen, einzutauchen und sich von ihnen zu erheben.
Safred hatte ihn einen Mörder genannt, damals, in der Küche in Oakmere. Schon damals hatte er gewusst, dass es stimmte, doch er hatte gehofft, es hinter sich lassen zu können. Ein anderer werden zu können. Als der Fluss ihn auserwählt hatte, hatte er sich reingewaschen gefühlt, neu, bereit für ein anderes Leben. Bereit, ein anderer Mensch zu werden.
Aber hier war er nun, wieder mit Blut an den Händen. Doronit. Er saß mit zwischen den Knien hängenden Händen da und erinnerte sich an sie. Er hoffte aus ganzem Herzen, dass er sie aus dem Grund getötet hatte, den er dem Rat
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