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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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genannt hatte. Um sie alle zu retten. Und nicht weil er sie gehasst hatte. Nicht weil er sie geliebt hatte. Nicht weil sie wunderschön gewesen war, nicht vertrauenswürdig und reuelos.
    Er glaubte nicht, dass er sie aus diesen Gründen getötet hatte. Vor der Begegnung mit dem Fluss hätte er es vielleicht getan. Doch seit sie ihn angenommen hatte, hatte er kein
Verlangen mehr nach jemandem verspürt. Also hatte er sicher aus gutem Grund Doronits Hals mit den Händen umschlossen. Ganz bestimmt.
    Mörder.
    Er streckte nicht die Fühler nach dem Fluss aus, und sie versuchte nicht, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Er weigerte sich, zu überlegen, ob sie es jemals wieder tun würde. Wenn dem nicht so war, dann hatte er es verdient.
    Zwar wusste er nicht, was geschehen würde, doch er klammerte sich an zwei Dinge. Acton war zu Fuß unterwegs, und Safred war hier, ganz in der Nähe, und würde ihn zweifellos finden. Doch für den Mord an Doronit konnte er trotzdem hängen, wenn die Geister besiegt worden waren.

Bramble
    Sie ritt einen Tag und eine Nacht und machte nur Halt, um Wasser zu trinken und zu pinkeln. Als die Pferde ermüdeten, stahl sie sich von verwaisten Höfen ausgeruhte. Der Mangel an Essen und Schlaf ließ sie am Ende schwindelig werden und versetzte sie gleichzeitig in eine Hochstimmung.
    In den tausend Jahren hatte sich die Landspitze, auf der Turvite lag, kaum verändert. Damals hatte sie sie durch Pipers Augen wahrgenommen, vom Hafen aus. Nun stand sie an ihrem nördlichen Rand, wo sich das Gelände allmählich von den Feldern der Umgebung erhob, und sie sah, dass sie einen Viertelkreis bildete, an den zum Meer und zum Hafen hin liegenden Seiten von den Klippen und im Norden vom Fluss umgrenzt. Das Land stieg an und wurde an seinem höchsten Punkt zu einem Plateau, mit Geröllbrocken und Felsen, überzogen von winterhartem Gras und kleinen Büschen. Es gab einen ausgetretenen Pfad von der Stadt hinauf, der ein wenig vor dem zunehmenden Wind geschützt verlief und daher ein guter Platz zum Warten war.
    Bramble trank aus dem Wasserlauf und sprang dann hinüber. Nach dem schnellen Ritt fühlte sich ihr Körper schwerfällig an. Zu essen hatte sie nichts, aber das spielte irgendwie keine Rolle. Doch vielleicht sollte sie schlafen, bevor sie sich auf die Suche nach Ash begab. Es war noch sehr früh, der Himmel erhellte sich gerade erst. Noch ein paar Stunden,
dann würde sie sich auf die Suche machen. Sie stapfte den Hügel hinauf zu dem Ring hoher Felsen und sah, dass dort jemand auf sie wartete, ein Mann.
    Baluch. Ohne Ash.
    »Wo ist er?«, rief Bramble, nicht im Stande, ihre Eile zu verbergen.
    »Wenn Ash entkommen kann, wird er hierherkommen«, sagte Baluch. »Der Fluss wird ihm sagen, wo ich bin. Er ist in Turvite eingesperrt worden, aber er ist nicht verletzt.«
    »Wir müssen ihn befreien«, schlug Bramble vor. »Er muss Acton wieder zurücksingen.«
    »Ist der denn nicht bei dir?«, fragte Baluch vorsichtig. Dann begriff er, was geschehen sein musste. »Kannst du ihn nicht allein herbeisingen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ash hat die Brosche. Ich glaube nicht … Ich glaube nicht, dass ich es allein tun könnte.« Warum sie sich dessen so sicher war, wusste sie nicht, aber so war es. Der Gedanke, zu versuchen, Acton allein herbeizusingen, ließ es ihr übel werden. »Kannst du es?«
    »Ich kann es versuchen«, sagte Baluch, doch auch ihn beunruhigte die Vorstellung, das merkte sie.
    Sie breiteten den Schal aus und legten Actons Knochen darauf. »Am besten warten wir auf den Sonnenaufgang«, sagte Baluch, und sie nickte zustimmend – Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang waren die besten Zeiten.
    Also warteten sie und unterhielten sich derweil über andere Themen – gemeinsame Erinnerungen an Ragni und Sebbi, Harald und Swef … Friede.
    »Ich habe sie geliebt«, gab er zu. »Das habe ich nie jemandem erzählt, weil keiner sie kannte.«
    »Deshalb hast du Lieder über sie geschrieben.«
    Er ließ eine Weile den Kopf hängen. Dann hob er ihn wieder. »Ja … ein armseliges Denkmal.«

    »Durch Die fernen Hügel wird sie für immer in Erinnerung bleiben«, sagte Bramble. Doch er schüttelte den Kopf.
    »Ich hätte ihren Namen einbauen müssen. Dann hätte sie für immer gelebt.« Er legte eine Pause ein. »Seltsam. Ich habe all diese Erinnerungen verdrängt, aber nachdem ich mit dir gesprochen habe, schmerzt die alte Wunde wieder.«
    »Es ist der gleiche Schmerz, den die Geister empfinden. Genauso

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