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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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alten Bluts, die der ihres Lands Beraubten und die seiner eigenen Epoche. Er wiederholte die Worte, mischte und vermengte sie mit den
Noten und der Musik, knüpfte sie zu etwas zusammen, das man noch nie gehört, von dem man noch nie geträumt hatte und das auf Stärke und Lieblichkeit, Freude und der Furcht im Herzen der Liebe aufbaute.
    Seine Stimme veränderte sich.
    Sie war nicht ausgebildet wie die seiner Mutter oder die von Flax. Sie wies Brüche auf, und seine Atemtechnik war furchtbar. Aber die Noten stiegen rein an, ein voller Tenor, der bis zum weitesten Rand des Felsplateaus trug. Ash begann, all die Worte für »Sprich« und »Geschichte« einzufügen, die er in den drei Sprachen kannte, und dann verfiel er in einen Rhythmus des Rufens, so wie die Hirten des Sharp River abends ihre Ziegen nach Hause rufen.
    »Erzählt eure Geschichten, erzählt eure Wahrheiten, öffnet euer Ich; sprecht und erlangt Genugtuung, sprecht und kommt zur Ruhe«, sang er schließlich mit vollkommen menschlicher Stimme.
    Die Geister drängten sich nun näher an ihn heran, da das Lied sie anzog; ihre Lippen bewegten sich, und sie versuchten zu sprechen, doch der Zauber war noch nicht vollständig.
    Schließlich riss Ash die Arme in die Höhe und rief auf einer lang gezogenen Note: » Sprecht !«
    Und nun sprachen sie. Es war noch immer laut, doch nun klang jede Stimme wieder wie sie selbst. Acton bewegte sich von Gruppe zu Gruppe, angestrengt bemüht, zu hören und zu verstehen.
    Alle Lebenden hörten zu und begriffen dabei irgendwie, dass Saker Recht hatte: Um die Missetaten wiedergutzumachen, mussten die Fehler zunächst begriffen, dem Schmerz eine Stimme verliehen, die Ungerechtigkeit offenbart werden. Aber sie konnten unmöglich alle anhören.
    Safred kniete mit nach oben gewandtem Gesicht, verklärt
in einer Art Ekstase, während die Worte, Geschichten und Geheimnisse sich über sie ergossen.
    Ein hübsches Mädchen mit Schnittwunden an der Kehle sagte zu Sorn: Ich war hässlich, hässlich wie ein unfeines Wort, sagte meine Großmutter immer … Der kleine Geist mit dem perlenbesetzten Haar sagte zu Acton: Ich konnte sie nicht aufhalten. Dass das Dorf angegriffen wurde, bekam ich erst mit, als sie den Riegel zerbrachen, als würde es ihn gar nicht geben … Ein grauhaariger Mann hatte Bramble entdeckt, die er offenbar kannte, und erzählte ihr: Alles begann auf Sylvies Dach. Meine Hände waren kalt … Maryrose, Brambles Schwester, sagte mit verstecktem Lächeln auf dem Gesicht zu Ranny: Bevor ihr geboren wurdet und nachdem die Sonne zum ersten Mal aufging, gab es ein Mädchen.
    Wo waren Zel und Flax? Endlich fand er sie im hinteren Bereich der Menge, wo sie einer alten Frau zuhörten, die starke Ähnlichkeit mit Zel hatte. Ihre Mutter? Zel sagte zu ihr wie zu Flax: Mord ist ein hässliches Wort, daran gibt es nichts zu zweifeln. Aber es ist auch ein festes, wie ein Stein, den man in der Hand hält. Saker stellte sich aufmerksam lauschend neben sie.
    Dann stieß er auf Doronit. Sie hatte auf ihn gewartet: Es stimmt schon, in den Adern meiner Eltern floss das Blut von Wanderern. Aber von ihrem Wesen her waren sie so sesshaft, wie man nur sein kann. Voller Entsetzen und Mitleid hörte er sich ihre Geschichte an, und als sich ihre Kehle vor Kummer zusammenzog und es ihr schwerfiel, weiterzusprechen, hielt er ihre Hand. Indem er sie nun endlich verstand, fand er einen Weg, sie mit väterlicher, fürsorglicher Liebe zu lieben. So viel Kummer überall um ihn. So viel Wut, so viele abrupt beendete Leben.
    Am Vormittag kam Papa hinter dem Melkstall hervor , sagte ein Mädchen zu Thegans Sergeant.

    Am Ufer standen Fischer , erzählte Cael Gabra, und Gabras Augen blickten forschend.
    Ash entdeckte Acton, der einer älteren Frau zuhörte, die ihn anlächelte, als sei er der Angelpunkt der Welt. Sie war auf altertümliche Weise gekleidet. War sie seine Mutter? Die Frauen leben in den Frauenunterkünften. Ja, natürlich , sagte sie ironisch.
    Eine alte Frau in Tierfellen packte ihn am Arm, woraufhin ihm die Kälte durch die Knochen fuhr. Hör ihr zu , sagte der Fluss mit scharfer Stimme, sodass er sich auf ihre strahlenden Augen konzentrierte und angestrengt zuhörte. Meine Tante Lig war eine von drei Schwestern, wie meine Mutter es gewesen war und vor ihr deren Mutter , fing sie an, und er hörte ihr mit offenem Mund zu. Der Zorn des Feuergottes!, erkannte er erstaunt und fragte sich, was der Fluss tun würde, wenn er sie zurückwies.

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