Die Hoehle der Traenen
ist. Würdest du mir dieses Licht wegnehmen wollen?«
Was sollte ich sagen? Ich liebte sie, liebe sie.
Ich brachte sie nach Hause und erzählte den Kindern und den Nachbarn, was die Steinedeuterin gesagt hatte. Einige der Nachbarn haben mir wohl nicht geglaubt. Es war mir egal. Ich kümmerte mich um Eaba und erledigte ihre Hausarbeiten, wenn sie zu sehr damit beschäftigt war, den Himmel anzustarren, um zu bemerken, was getan werden musste. Sie starrte immer häufiger, immer länger, als wäre der Anblick Nahrung und Getränk für sie. Ich wurde unseren Kindern Vater wie Mutter und war erleichtert, als sie alt genug waren, um für sich selbst zu sorgen und mir dabei zu helfen, Eaba zu pflegen.
Ich liebte sie. Liebe sie. Aber als Vi mir von dem Plan erzählte, den Kriegsherrn mattzusetzen und dass er uns Ratsmitglieder wahrscheinlich alle als Geiseln nehmen würde, falls wir zum Marktplatz gingen und uns ihm widersetzten, da ging ich trotzdem.
Ich würde gerne glauben, dass sie überhaupt bemerkte, dass ich weg war.
Bramble
Nachdem sie den herabgestürzten Berghang zur Hälfte hinuntergeklettert waren, sahen sie, dass sich am Fuß des Berges Menschen versammelt hatten, angezogen vom Donnerhall der stürzenden Felsen. Junge Männer, Kinder und die erwachsenen Dörfler, gleichmütig zwar, doch ihre Körpersprache verriet eine Mischung aus Faszination und Furcht. Den Göttern sei Dank waren keine Gefolgsleute des Kriegsherrn darunter. Gefährlich war es dennoch. Unter ihnen befand sich kein einziger Dunkelhaariger.
Acton winkte ihnen vergnügt zu, woraufhin Bramble ein Lächeln unterdrücken musste. Medric war aufgeregt und nach Brambles Eindruck ziemlich stolz darüber, dass er mit Acton aus dem Berg hervortrat. Hoffentlich tat er Recht daran, keine Angst zu haben.
Ash wirkte besorgt, so als hätte er eine Vorahnung. »Nun wollen wir mal sehen, wie er sich da herausreden kann, dass er ein Geist ist«, murmelte er zu Bramble.
»Du sprichst für mich, Baluch«, sagte Acton, bevor sie die Menschenansammlung erreichten.
»Was soll ich sagen?«, fragte Baluch, ein wenig außer Atem geraten. Er hatte mehr Mühe gehabt beim Abstieg als sie, dachte Bramble und erinnerte sich an den jungen Baluch, der einen Berghang wie eine Ziege hinaufrennen konnte.
»Sag die Wahrheit!«, sagte Acton überrascht. »Sag ihnen,
wer ich bin und dass ich gekommen bin, um den Zauberer zu besiegen.«
Die Dorfbewohner flüsterten untereinander, während sie auf Acton wiesen. Einige trugen Sensen, Sicheln oder Hacken als Waffen mit sich.
Ein paar Fuß oberhalb der Menge blieben sie stehen, und Baluch verkündete mit der klaren Stimme eines Sängers: »Volk der Domänen, Acton ist zu euch zurückgekehrt, um euch zum Sieg über den Zauberer zu führen!«
Sofort hellten sich die misstrauischen Mienen auf, und die Leute jubelten. Das überraschte Bramble.
»Das ist die Legende aus den Liedern«, sagte Ash. »Das Letzte, das Acton sagte, als er fortritt, war: ›Ich werde zurück sein, wenn ihr mich braucht.‹ In ihrem Herzen haben sie es immer geglaubt, deswegen glauben sie ihm auch jetzt.«
Bramble lachte. »Wenn sie nur wüssten!«
Acton sprang vom Felsen herab, und die Dörfler scharten sich um ihn. Trotz seiner Grabeskälte wollten sie ihn berühren, und er ließ es zu, als verstehe er das Bedürfnis, sich zu vergewissern, dass er echt war. Er lächelte, nicht sein schelmisches Lächeln, sondern das Lächeln des Befehlshabers, vertrauenswürdig, verantwortungsbewusst und stark. Sie erkannte, dass es sich nicht um eine falsche Miene handelte. Er veränderte seine Miene bloß, wenn die Notwendigkeit bestand, weil er immer das sein konnte, was die Leute gerade brauchten. Vielleicht war es das, was er immer schon getan hatte – die Bedürfnisse der Menschen um ihn zu befriedigen. Das Einzige, was er je für sich selbst gewollt hatte, wirklich gewollt und wozu er nie eine Chance bekommen hatte, war, zur See zu fahren. Das war es, was Tern, die Zauberin aus dem alten Turvite, ihm angetan hatte. Sie hatte ihn verflucht und gesagt, er werde niemals bekommen, was er sich wirklich wünsche.
Die Stimmung in der Menge heizte sich auf. »Acton! Acton!«, riefen sie.
Bramble musste an andere Szenen denken, an Schlachten, bei denen Actons Krieger genau das Gleiche getan hatten, bevor sie töteten. Sie hoffte, dass dies kein Vorgeschmack auf die Zukunft war. Sie zog Ash beiseite. »Du hast den perfekten Auftritt für ihn vorbereitet. Ein Berg
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