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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Jahren«, erzählte sie unbeschwert, »vor zwei Jahren war der Vater in der Höhle. Da ist er Jim begegnet! Wilde Sache, sag’ ich dir. Alles wirre Gänge, Wasser, Finsternis ­ und da trifft der Vater auf einmal Red Jim. Vor bald zwei Jahren im Frühling.«
    »Warum hat Jim ihn nicht umgebracht?«
    Das Mädchen kicherte. »Vater hat dem Banditen versprochen, daß er nie mehr dorthin geht. Da hat Red Jim ihm das Leben geschenkt.«
    »Vor zwei Jahren?«
    »Im Frühling. Der Schnee war gerade geschmolzen.«
    Harka verbarg jetzt vollständig, was in ihm vorging. Er streichelte sein Pferd. Das Mädchen freute sich, daß der junge Indianer diesmal so lange bei der Unterhaltung aushielt. Sie merkte, daß sie ein Thema gefunden hatte, mit dem sie ihn fesseln konnte, und sie hätte um ihr Leben gern erfahren, ob er etwas von der Höhle und dem Golde wußte, das ihr Vater und Jim vergeblich gesucht hatten. Aber jetzt machte sie eine ungeschickte Wendung.
    »Top und du, ihr stammt doch aus der Bärenbande?«
    Harka hätte das Mädchen am liebsten mit dem Fuß beiseite gestoßen, als sie wagte, an diese Frage zu rühren, die seine Wunde war. Aber er beherrschte sich weiter.
    »Warum?«
    Das Mädchen wagte nicht geradezu auszusprechen, was sie kombinierte. Sie wich aus. »Weil nächsten Sommer die Strafexpedition startet. Die Bande hat im vergangenen Sommer eine Vermessungsexpeditionsgruppe vergiftet.«
    »Also Krieg.«
    »Was heißt Krieg? Strafexpedition.«
    »Freie Männer straft niemand. Mit freien Männern kämpft man.«
    »Du hast auch Ansichten! Ein Indsman bist du und bleibst du, ein verfluchter Dakota.«
    »Hau.«
    »Giftmischer, Hühnerdiebe, Flohbeutel sind diese Sioux. Ausrotten muß man sie, sagt die Mutter.«
    »So geh zu deiner Mutter arbeiten, das gehört sich für dich.«
    Harka nahm seine Schneereifen an die Füße und lief in die Prärie hinaus. Er nahm auch einen Speer mit, den er sich gefertigt hatte. Das Mädchen streckte hinter ihm die Zunge heraus, warf einen Blick zum Himmel, der sich bezog, und rannte dann zu der scheltenden Mutter, um noch Holz zu machen.
    Der Tag hatte klar begonnen, mit der Pracht rotgoldenen Lichtes, in dem die Schneekristalle flimmerten. Aber als der junge Indianer vom Blockhaus fortging, zogen schon Wolken auf, gerundete, geballte Wolken, zusammengeschoben zu einer mächtigen Wand, die vor den Sonnenball zog, als ob sie die Erde des Lichts berauben wolle. Harka beeilte sich, um seine Hütte noch vor dem Schneesturm zu erreichen.
    Aber er hatte noch nicht viel mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als der Sturm aufbrauste, die Flocken zu wirbeln begannen und der lockere Schnee aufstäubte. Mit der Erfahrung der Lebewesen, die in Wildnis und Sturm aufwachsen, suchte er einen geschützten Platz am Hang eines Hügels, der dem Winde entgegenstand, und ließ sich dort einschneien, ohne fürchten zu müssen, daß meterhohe Schneemassen ihn ersticken würden. Er hatte seinen Speer aufgepflanzt, um einen Anhalt, ein Richtzeichen zu haben. Das war die Gewohnheit der Krieger, wenn eine Gruppe vom Schneesturm im offenen Gelände überrascht wurde; sie pflanzten die Speere auf und hielten Wacht bei den Frauen und Kindern, die sich in Decken gehüllt einschneien ließen.
    Als der Sturm sich nach Stunden legte, sank die Sonne schon gegen Westen und überstrahlte mild, noch von Wolkenschleiern verhangen, die unendliche Weite der neu überschneiten Prärie.
    Harka kroch aus dem Schnee wie ein Maulwurf aus der Erde und schüttelte sich. Dann begann er den mühsamen Marsch zu der Schneehütte, in der er übernachten wollte. Die Hütte befand sich weiter oben am Flusse, nicht weit vom Ufer. Es gab dort Gesträuch und kleine Bäume.
    Wenn Harka sich seiner Hütte näherte, pflegte er immer auf Fährten zu achten, die andeuten konnten, ob sich unerwünschte Gäste, Tiere oder Menschen, der Behausung genähert oder sich gar darin breitgemacht hatten. Aber an diesem Tage hatten Neuschnee, Sturm und Schneewehen alle älteren Spuren bedeckt oder vernichtet, und Harka hielt nur Ausschau, ob sich etwa außer ihm ein Lebewesen in der näheren Umgebung bewege. Die Sonne war untergegangen, und die Nacht setzte früh ein. Die Wolken hatten sich ganz verzogen; klar blinkten die Sterne, und der Mond ging auf. Die weißen Flächen fingen jedes Licht, und so war es rings heller als in einer Sommernacht.
    Da Harka die Fährten nicht hatte prüfen können, schlich er sich vorsichtig zu dem Schneekegel, den

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