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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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schien. Harka suchte jeden Meter, jeden halben Meter, fast jede Handbreit der Felswand, des Mooses, das sich an einigen Stellen ansiedeln wollte, der vom oberen Rand herabhängenden Baumwurzeln und der daran verhafteten Schlinggewächse ab. Nichts daran, nicht die kleinste Veränderung deutete auf die Anwesenheit eines Menschen.
    Der junge Indianer kletterte wieder vom Baume herunter und erstieg am Waldhang die Höhe der Felswand. Der Waldboden war hier überall felsig, bot feste Tritte, und wenn der Hang auch sehr steil war, so ließen sich doch Spuren verhältnismäßig leicht vermeiden, da auch der Schnee nur stellenweise haftete. Die Nacht war dunkel; der Mond war noch nicht über die Wipfel gestiegen, und so leuchtete nur der Schnee in schweigsamer Gemeinschaft mit den fernen Sternen.
    Ein Käuzchen schrie.
    Harka erinnerte sich, daß auch damals, als er mit dem Vater hier unterwegs gewesen war, ein Käuzchen geschrien hatte, aber erst, als die beiden Indianer die Höhle wieder verließen. Die Vorgänge jener Nacht hatten den Knaben so stark beeindruckt, daß ihm jede Einzelheit im Gedächtnis geblieben war.
    Als er über der Felswand anlangte, suchte er sich denselben Baum, an dem der Vater damals das Lasso befestigt hatte. Harka legte den langen Lederriemen darum, und dabei fiel ihm auf, daß an der Rinde dieses Stammes kein Schnee haftete, wie es bei den Nachbarbäumen der Fall war. Irgend jemand mußte den Schnee abgeputzt haben. Kein Tier und keine Naturgewalt tat das auf so systematische Weise. Hier, so vermutete Harka, war ein Mensch gewesen, und zwar nach dem letzten größeren Schneefall, also innerhalb der letzten sechs Tage. Was hatte der Unbekannte für ein Interesse daran gehabt, den Stamm vom Schnee zu reinigen? Sollte niemand durch etwaige Schneespuren feststellen können, daß er ein Lasso um diesen Baum gelegt hatte?
    Harka überlegte, beschloß aber, sich nicht von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Er befühlte den Stamm mit den Fingerspitzen, aber an der glatten Rinde war nichts eingekerbt oder abgeschürft. Er legte nun sein ledernes Lasso um den Stamm, faßte die beiden lang herabhängenden Enden fest zusammen, stemmte die Füße gegen den Fels und lief so, in waagerechter Haltung, am Lasso weitergreifend, die Wand hinunter bis zu dem Vorsprung, auf dem er Fuß fassen konnte. Er faßte das eine Lassoende, zog das Lasso vom Baume ab und legte es kunstgerecht in Schlingen, um es mit sich zu nehmen. Vorsichtig horchend und spähend umkletterte er den Felsbuckel und gewann den Eingang der Höhle. Schnell schlüpfte er in das dunkle Loch hinein. Jetzt hatte er gute Deckung.
    Er wartete, ob sich etwas rühren werde, aber das war nicht der Fall. So erhob er sich und begann tiefer in die Höhle einzudringen. Es tropfte von der Höhlendecke, und Harka mußte die merkwürdigen Felsgebilde umgehen, die von der Decke herunter- und vom Boden emporwuchsen.
    Der Höhlenboden senkte sich. Aus dem Inneren des Berges drang ein Singen und Rauschen, das allmählich stärker wurde. Harka wußte schon, daß es von den unterirdischen Wassern stammte. Er war gewandt, und es gab für ihn keine ängstlichen Bedenken, die ihn hätten hemmen können. So gelangte er ziemlich schnell voran. Das Rauschen wurde immer gewaltiger, und schließlich dröhnte es Harka in den Ohren.
    Er erinnerte sich jetzt an den Augenblick, in dem er damals mit dem Vater zusammen an das Wasser gelangt und, von etwas Unbekanntem gepackt, fast mit dem Wasserfall in die Tiefe gerissen worden war. Das Entsetzen einer sekundenlangen Todesangst war ihm wieder gegenwärtig. Er ging deshalb sehr behutsam vor und suchte mit Hand und Fuß immer sichere Griffe und Tritte. Er senkte sogar die Augenlider, um sich nicht etwa durch irgendein Schimmern der Augen im Finstern zu verraten, falls außer ihm noch jemand in der Höhle weilte.
    Schon trafen ihn die versprühenden Tropfen des Wassers, das rechter Hand aus dem Felsen herunterstürzte, den Höhlengang querte und dann nach links in unbekannte Tiefen hinunterdonnerte.
    Auf einmal versiegte der Sprühregen. Harka hatte die Empfindung, daß sich vor ihm irgend etwas bewegt haben müsse, obgleich er nicht hätte sagen können, worauf diese Wahrnehmung beruhte. Er glaubte einen Menschen zu riechen; sein Geruchssinn war fein, fast wie der eines Hundes. Was er roch, war kein Indianer, sondern ein Weißer in lange nicht gewaschener, verschwitzter Kleidung. Der Geruch kam beklemmend dicht an ihn heran. Harka

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