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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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des Nachts vor den Wölfen gerettet hatte, lief dem jungen Reiter noch ein Stück nach, aber endlich blieb er doch zögernd stehen und machte schließlich kehrt.
    Um Harka dehnte sich wieder die weite, einsame Prärie. Er tat einen tiefen Atemzug und rührte die Schultern, als ob er etwas abschütteln müsse.
    Es dauerte nicht lange, bis er die Region des Hagelschlages hinter sich gelassen hatte. Das Unwetter war nur über einem begrenzten Gebiet niedergegangen. Gegen Mittag fand er ein ausgetrocknetes Bachbett. Da es noch bis vor kurzem Wasser geführt zu haben schien, ritt er aufwärts, in der Hoffnung, daß die Quelle noch Wasser habe, und das traf auch zu. Zwischen dem Gebüsch an den Quellufern ließ er sich nieder und holte mit seinem Grauschimmel zusammen die verlorene Nachtruhe nach. Schon lange vor Sonnenuntergang war er aber wieder unterwegs.
    Er befand sich jetzt im Kernland der Teton-Dakota-Stämme, im Quellgebiet der Bäche und Flüsse, die ihr Wasser ostwärts dem Missouri zuführten. Bis zu den nördlichen Ausläufern der Black Hills hatte er immer noch mehr als vier Tagesmärsche vor sich, im Südgebiet dieses Bergstockes aber sollte sich sein Vater im Sommer befunden haben. Die Suche war schwierig und ungewiß.
    Der Himmel bezog sich jeden Morgen, wenn der Mond untergegangen war, mit grauen Wolken. Die Luft war feucht, und Harka spürte, daß es bald schneien würde. Der Mustang fraß bei jeder Rast, was er nur fressen konnte. Sein Instinkt sagte ihm, daß die Hungerzeit des Winters bevorstand. Wenn er keinen Reiter gehabt hätte, würde er wie die wilden Mustangs und die Büffel nach Süden gezogen sein. Harka fand die Fährten großer Pferdeherden und auch frische Spuren auf einem alten Büffelpfad. Aber das alles floh er, um nicht den Dakota zu begegnen. Eines
    Morgens erblickte er am Horizont die bewaldeten Berge, die sein Ziel waren. Als dunkle Insel erhoben sie sich aus der unendlichen Prärie. An demselben Morgen begann es auch zu schneien. Die Flocken wirbelten in Richtung des Windes, der Harka im Rücken faßte und so stark blies, daß der Reiter sich fast gehoben und weitergetragen fühlte; und Harka hoffte nur, daß es damit nicht ernst werden würde. Die Stürme, die über die Grassteppe brausten, waren gefährlich. Es wurde hohe Zeit, daß er den schützenden Wald erreichte. Aber bei Tage wagte er es nicht, sich ihm zu nähern, denn in den Bäumen konnten sich Spähernester der Dakota befinden. Zunächst bot ihm noch das Flockengewirbel Schutz. Als es nachließ, hielt er sich in Taleinschnitten, hinter Bodenwellen, und verlor durch diese Umwege viel Zeit. Dem Walde wollte er sich des Nachts nähern und erst, nachdem er auf einem Kundschaftsgang zu Fuß alle Spuren im Schnee untersucht hatte.
    Der Schnee fing das Mond- und Sternenlicht. Harka wünschte sich ein weißes Wolfsfell als Tarnung herbei, aber der Wunsch blieb unerfüllbar. Er konnte nichts weiter tun als wie bisher das Gelände klug zu benutzen. Das Flußtal, das sich nördlich um den Bergstock wand, war ihm günstig. Sobald er es mit seinem Pferd gewonnen hatte, bewegte er sich wieder etwas freier, und durch Fischen konnte er auch seinen Hunger stillen, ohne seinen Mundvorrat ganz aufzuzehren.
    Endlich war er in die waldigen Hänge der Berge eingedrungen. Das Pferd war ihm jetzt hinderlich. Der Mustang hinterließ viel unerwünschte Spuren und kam hier nicht schneller vorwärts als ein Indianer zu Fuß. Aber Harka wollte den Grauschimmel nicht aufgeben, und so ritt er bald, bald führte er das Tier am Zügel. Im Wald konnte er sich leichter verstecken, aber auch leichter überrascht werden. Gegen Unbilden des Winters gewährte das bewaldete Gelände einen gewissen Schutz. Der Schnee lag nicht so hoch auf dem Boden wie draußen auf der Prärie. Die Bäume fingen die Stürme ab. Es gab immer Holz, um Feuer zu machen, und Wasser war überall leicht zu finden. Der Grauschimmel konnte nahrhafte Baumrinde knabbern, wenn der Boden unter Schnee lag.
    Harka gewann die höheren, steileren und rauheren Regionen der Berge, wo die Bewohner der indianischen Zeltdörfer nur auf Jagd hingelangten. Es war noch nicht so kalt, daß es ihn gestört hätte, von Bäumen und Felsen geschützt in seiner Büffelhautdecke zu schlafen. Da er schon eine so große Strecke zurückgelegt hatte, ohne von den Dakota entdeckt zu werden, faßte er Vertrauen, daß sein Vorhaben ihm auch weiterhin gelingen würde. Er gewöhnte sich an das Umherstreichen, aß,

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