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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Nachts einen Schußwechsel gab, hätten wir uns selbst sagen können, daß das Dorf nicht unvorbereitet war. Wir sind aber losgebraust wie eine tolle Herde Büffel! Sah alles recht friedlich aus hier, als wir herandonnerten. Zelte standen in der Sonne, am Bach schöpften zwei oder drei Frauen Wasser. Als wir herankamen, waren die drei Frauen wie vom Erdboden verschwunden. Aus einem Zelt aber wurde auf uns geschossen. Wir hatten vier Tote. Drei der Pfeilschützen haben wir erwischt, von denen ist nicht mehr viel übrig. Zwei andere sind uns entflohen. Vielleicht waren die Frauen, die wir am Wasser gesehen hatten, gar keine Frauen, sondern verkleidete Männer und hatten sich mit in das Zelt zurückgezogen, um uns zu beschießen.«
    »Wo sind die Mustangs der Bärenbande?« fragte Joe. »Mustangs waren nirgends mehr zu sehen, als wir hier eintrafen. Ihr könnt euch nachher die Spuren betrachten. Die Bande war schon ausgerückt mit ihren Pferden, ihren Weibern und ihren Kindern. Alle Decken und drei oder vier Zelte scheinen sie auch mitgenommen zu haben. Sie müssen über unsere Absichten sehr genau unterrichtet gewesen sein.«
    »Bei der Bärenbande«, bemerkte Mattotaupa hierzu, »lebt ein entflohener Sklave, der Fremde Muschel genannt wird, mit seinem Sohne Schwarzhaut Kraushaar. Beide verstehen die Sprache der weißen Männer, und wenn einer von ihnen gekundschaftet hat, ist es nicht verwunderlich, daß die Häuptlinge und Ältesten der Bärenbande gewußt haben, was bevorstand, und ihre Maßnahmen trafen.«
    »Der verfluchte Nigger! Das war auch einer der drei Schleicher, die uns noch aus dem Hinterhalt angegriffen haben. Totschlagen müßte man die Nigger alle. Sie taugen nur zu Sklaven.«
    »Wart ihr bei den Konföderierten?« fragte Joe.
    »Das war ich, ich leugne es nicht!« rief der Anführer herausfordernd. »Die Bärenbande hatte also drei Tote, und ihr hattet vier«, rechnete der Ingenieur. »Das ist die Bilanz der Strafexpedition.«
    »Vergeßt nicht, daß mehrere Zelte zerstört sind.«
    »Einige Zeltstangen sind zerbrochen«, berichtigte Mattotaupa. »Nun, du magst recht gehabt haben mit deiner Warnung, Top, das sagte ich ja schon. Aber unsere Mission ist jedenfalls erfüllt.«
    »Ich werde mir die Fährten ansehen.«
    Mattotaupa erhob sich und winkte Harka mitzukommen. Er ging mit seinem Sohn zu dem Platz, wo das Zeltdorf sich befunden hatte. Zuerst besah Mattotaupa die Überreste der drei Toten. Die Grenzer hatten die Leichen aus Wut über den letzten überraschenden Angriff derart zugerichtet, daß Mattotaupa nicht mehr erkennen konnte, wen er hier vor sich haben mochte.
    Für Harka waren es nicht die ersten verstümmelten Leichen, die er erblickte. Vor Jahren hatte er Tschetans Vater Sonnenregen gefunden, der auf der Büffeljagd gestürzt und von den Büffeln auf die Hörner genommen und zertrampelt worden war. Seinen Oheim, Mattotaupas Bruder, den ein Grizzly zerfleischt hatte, hatte er nicht mehr als Toten gesehen, denn die Krieger hatten die Leiche schon in eine Decke eingeschlagen, als sie sie zum Dorfe brachten. Aber Harka hatte gehört, was von dem unglücklichen Jäger noch übriggeblieben war. Dennoch waren alle diese Erinnerungen etwas anderes als das, was Harka jetzt erblickte. Denn Tiere waren Tiere, und sie hatten in blinder Wut gegen ihre menschlichen Feinde gehandelt. Aber diese weißen Männer hatten gewußt, was sie taten. Sie hatten die Toten nicht nur der Waffen, sondern auch der Kleider und auch ihres Totembeutels beraubt, und dann hatten sie sie gräßlich zugerichtet. Das waren die weißen Männer, die von den Indianern sagten, daß sie Wilde seien. Harka wußte sowenig wie Mattotaupa, wer hier blutig verstümmelt und seines Totems beraubt lag. Aber er glaubte nach den Vorstellungen seines Volkes, daß die Geister solcher Toten unversöhnlich blieben und ihre Mörder weiter verfolgen würden. Vielleicht lag Schonka hier, vielleicht Tschetan, vielleicht Harkas jüngerer Bruder Harpstennah, denn der eine der Toten war viel kleiner als die anderen.
    Harka hätte die blutigen Reste gern in Lederdecken eingeschlagen, wie es Begräbnissitte bei seinem Stamm war, denn es graute ihm davor, daß sich die Hunde bei den Toten zu schaffen machten. Aber er wagte nicht, zu seinem Vater darüber zu sprechen. Er scheuchte die Hunde, doch der eine der gefleckten Köter kam herbeigelaufen, sobald er Harkas Stimme, eine zornige und zerborstene Stimme, gehört hatte. Harka war zumute, als ob dieser

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