Die Höhle in den Schwarzen Bergen
was geschehen war.
Als der Vater ins Zelt kam und seinen Jungen erfreut anlächelte, sagte Harka nur: »Ich will nicht hierbleiben, sondern mit dir zusammen wieder zu Joe reiten.«
»Gut, gut! Dann reiten wir schon morgen. Im Lager ist Unruhe. Jim und Joe können uns brauchen.«
Gegen Abend kam auch der Panihäuptling zurück in sein Zelt. Harka hatte ihn jetzt zu begrüßen. Er tat es sehr förmlich und zog sich dann rasch wieder zurück.
Als Mattotaupa und Harka Steinhart am folgenden Abend das Baulager mit den beiden großen Zelten und den Bretterbuden erreicht hatten, bemerkte Harka sogleich, daß sein Vater sich noch sehr vorsichtig ausgedrückt hatte, als er sagte, es herrsche dort Unruhe.
Es herrschte eine wilde Aufregung, und da es zur Nacht ging, erschienen die aufbrandenden Wellen der Erregung um so gefährlicher. In dem großen Zelt, vor dem der Tisch gestanden hatte und die Listen geführt worden waren, wurde gesungen, im Chor, laut und leidenschaftlich, und obgleich einige Stimmen Betrunkener darunter waren, klangen die Lieder für Harkas Ohren nicht so wüst und liederlich, wie er es im Blockhaus des zahnlosen Ben gehört hatte. Zwischen den Zelten und den Baracken hatten sich Gruppen zusammengefunden; die Männer redeten aufeinander ein. Bei drei dieser Gruppen sprach nur jeweils einer, und die anderen hörten zu. Zwei der Redner hatten sich auf Bierfässer geschwungen und sprachen von ihrem erhöhten Platz aus zu einer anwachsenden Menge. Harka konnte die Worte nicht alle verstehen und begriff überhaupt noch nicht, worum es eigentlich ging. Die drei Redner schienen jedenfalls nicht die gleiche Meinung zu vertreten, denn sie versuchten einander die Zuhörer abzulocken, und einer wollte immer lauter sprechen als der andere. Das fand Harka sehr unwürdig. Wenn die Ältesten in einer indianischen Ratsversammlung verschiedene Meinungen vortrugen, so taten sie es stets nacheinander und in Ruhe.
Jim, Joe, Henry, Hahnenkampfbill, die beiden Panikundschafter und zahlreiche andere Bewaffnete rannten zusammen quer über den Platz und verschwanden hinter einer Baracke, deren Türen verrammelt zu sein schienen. Mattotaupa lenkte mit Harka zusammen ebenfalls dorthin, um Jim und Joe zu treffen.
Sie fanden die beiden hinter der Bretterbude, im ganzen mit etwa dreißig Mann. Jeder dieser dreißig trug Revolver oder Pistole im Gürtel, jeder hatte die Flinte oder die Büchse im Arm. Joe hob die Hand, um Ruhe zu gebieten, da er offenbar zu den bewaffneten Männern sprechen wollte. Joe Brown sprach abgehackt, sehr deutlich. Harka konnte ihn leicht verstehen.
»Männer!« sagte der Ingenieur, »es ist eine verdammte Situation. Unsere Arbeiter streiken. Sie wollen die Bahn nicht bauen, sie wollen wieder nach Hause. Es gibt zuwenig zu fressen, sagen sie. Das ist wahr. Es gibt nicht allzuviel zu saufen, sagen sie. Das ist auch wahr. Es sind zuwenig Brunnen gegraben. Da haben sie recht. Die Löhnung wird stockend ausbezahlt. Ich kann es nicht abstreiten. Die Dakota, diese verfluchten Banditen, haben uns schon wieder drei Mann aus dem Dunkeln abgeschossen. Das ist eure Sache, ihr Kundschafter! Sorgt dafür, daß wir in Ruhe arbeiten können.«
»Schon recht!« kam Jims lautstarke Antwort. »Werde zusammen mit Top, den ich jetzt wieder ganz hier habe, mein Bestes tun. Aber Ruhe allein, das genügt nicht.«
»Es genügt nicht«, nahm Joe auf. »Richtig. Es muß Essen herbeigeschafft werden, regelmäßiges Essen. Mehr Brunnen müssen gegraben werden. Die Lohnzahlung darf nicht stocken. Ich werde mich dafür verwenden. Die Individuen, die man uns für die Abrechnung und Versorgung hierhergeschickt hat, sind unfähig! Lumpen sind sie, bestechliche Lumpen, die in die eigene Tasche wirtschaften. Das alles muß sich ändern. Aber erst einmal muß weitergearbeitet werden! Wir dürfen keine Stunde verlieren!«
Harka konnte diese Beweisführung zwar nicht einsehen denn warum sollten die Männer nicht erst ihren rückständigen Lohn und ein ausreichendes Essen erhalten? War der Bahnbau so eilig? Aber ihm schienen diese Streitigkeiten der weißen Männer untereinander auch ziemlich gleichgültig. Er begriff sie einfach nicht. Wenn die Arbeiter nichts zu essen hatten, mochten sie doch jagen gehen, so wie auch Mattotaupa und Harka sich mit Jagdbeute ernähren würden. Schließlich befanden sich alle zusammen in der Prärie und nicht in Omaha oder Minneapolis, wo jedes Stück Fleisch bezahlt werden mußte.
»Was denn nun, wenn
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