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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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»Tashunka- witko weigert sich nicht nur zu essen, er will auch nicht trinken. Wir können ihn nicht dazu zwingen. Wenn er sterben will, wird er sterben.«
    »Du hast mit ihm gesprochen?«
    »Hau. Der Geheimnismann bat mich darum. Ich habe Tashunka gesagt, daß es möglich ist, ihn einzutauschen. Aber darauf antwortete er mir nur mit Hohn und Spott. Er will sterben. Nun gut, er stirbt.«
    »Wann?«
    »Wenn er hartnäckig bleibt, beginnt sein Sterben heute am Abend. Häuptling Brennendes Wasser will nicht warten, bis der Gefangene verdurstet ist. Die Siksikau werden ihn an den Pfahl bringen.«
    Harka arbeitete an einem Jagdpfeil weiter und fragte: »Wie aber befreien wir dann die gefangenen Schwarzfüße?«
    »Das wissen wir noch nicht. Tashunka will es uns mit seinem Trotz unmöglich machen, sie zu befreien. Tashunka und seine Krieger sind dieses Mädchens wegen gekommen, das eine Tochter ihrer Zelte ist und die Frau eines Unterhäuptlings werden soll. Sie war schon einen Sommer und einen Winter hier, hat aber alle Schwarzfußkrieger, die um sie warben, verschmäht. Tashunka hatte Geschenke angeboten, um sie zurückzuholen, aber die Schwarzfüße waren stolz und lehnten die Geschenke ab. Da ist Tashunka mit seinen Kriegern gekommen, um uns zu überfallen. Das sagte mir der Geheimnismann jetzt.«
    Es war später Nachmittag. Die Sonne sank; es wurde gleich sehr kühl. Mattotaupa und Harka gingen wieder in das Zelt hinein an die Feuerstelle. Die Frau schlug die Zeltplane herunter. Mattotaupa rauchte eine Pfeife. Harka brütete stumm vor sich hin.
    Draußen begannen die Vorbereitungen für den Tod des Gefangenen. Es wurden große Feuer angezündet. Das Holz dafür herbeizuschaffen machte vielen Frauen viel Arbeit, und es brannte schlecht, weil es frisch war, und entwickelte viel Qualm. Ein Pfahl wurde eingerammt. Das Töten eines Gefangenen hing bei den Indianern noch mit den uralten grausamen Kultsitten des Menschenopfers zusammen.
    Harka folgte dem Vater, der vor das Zelt hinausging. Alles war schon auf den Beinen, und es wäre aufgefallen, wenn Mattotaupa und Harka sich nicht gezeigt hätten. Am Ende des Platzes, in dessen Mitte der Pfahl aufgestellt war, tanzten einige Frauen den Skalptanz.
    »Wem wird der Skalp Tashunka-witkos gehören?« fragte Harka den Vater, während sich die beiden unter die anderen Dorfbewohner mischten.
    »Mir oder keinem«, antwortete der Vater mißmutig. »Ich aber will ihn nicht haben, da diese fünf Schwarzfüße sich zu früh einmischten und mir nicht erlaubten, Tashunka allein zu besiegen.«
    Die Sonne sank zum Horizont. Das schimmernde Licht des scheidenden Tages wurde vom Flammenschein verdrängt, so daß die Dämmerung schon düsterer erschien, als sie war. Die Äste waren in der Hitze getrocknet und knackten und knisterten.
    »Sind genug Wachen aufgestellt?« fragte Harka den Vater.
    »Glaubst du, Häuptling Brennendes Wasser sei ein kleines Kind?«
    Die Männer und Burschen drängten sich auf dem feuerbeleuchteten Platz zusammen. Der Gefangene wurde aus dem Häuptlingszelt herausgeschafft.
    Ein Krieger löste die Lassos, die den ganzen Körper umwickelt hielten. Tashunka wurde an den Pfahl gestellt. Die Arme wurden ihm rechts und links um den Pfahl gezogen und die Hände dahinter zusammengebunden. Die Füße blieben frei. Er ließ alles mit sich geschehen, ohne irgendwelchen Widerstand zu leisten. Aber als er jetzt vor dem Pfahl stand, mit gebückten Schultern, da ihm die Arme nach hinten gezogen waren, traf sein Blick Mattotaupa, und er rief diesen laut an:
    »Sage doch deinen schmutzfüßigen Brüdern, du Verräter, wie ein Mann der Dakota zu sterben pflegt! Was bindet ihr mir die Hände zusammen? Glauben diese Kojoten, ich werde mich rühren, wenn sie mir das Fleisch verbrennen? Ich fürchte eure Messer und eure Feuer nicht. Aber in allen Zelten, wo tapfere Männer wohnen, soll erzählt werden, daß ich mein Totenlied nicht anstimmen konnte, weil ich gefesselt war, wie man einen Mustang fesselt, aber nicht einen Mann!«
    Mattotaupa sah sich nach dem Geheimnismann um. Dieser stand dicht hinter ihm und übersetzte jetzt mit ebenso lauter Stimme, was der Gefangene gesagt hatte. Nur das Wort »Verräter« übersetzte er nicht.
    Ein alter Krieger antwortete zornig: »Der winselnde Hund! Kann er nicht einmal die Fesseln ertragen, die wir ihm locker genug angelegt haben? Sollen wir uns schämen müssen, einen Feigling zu töten, der schon wimmert, ehe ihn nur ein Span brennt, wie

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