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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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gehört haben? Vielleicht hatte Tom einen Zusammenstoß. Seine Flinte hat er doch mitgenommen.«
    »Aber nicht sein Pferd. Die sich mit blauen Bohnen miteinander unterhalten haben, das waren gut berittene Leute. Vielleicht sind das nicht einmal die gefährlichsten. Für den Kampf, wie ihn die Indianer hier gegen uns führen, ist Pfeil und Bogen viel geeigneter. Weil der Pfeil lautlos ist. Du hörst nichts, du siehst kein Aufblitzen, kein Rauchwölkchen … das Ding steckt dir im Hals, du hast deinen letzten Atemzug getan und fertig.«
    »Ob wir uns mit den Indianern nicht verständigen können? Mein Vater …«
    »Dein Vater, Henry … ich weiß, ich weiß. Das war noch eine andere Generation. Hatte seine Indianerfreunde, die auf Tod und Teufel zu ihm hielten. So was findest du heute nicht mehr. Die Indsmen sind Lumpen geworden oder Geschäftsmänner. Hast ja gehört, wie die Pani das machen. Munition wollen sie haben, oder sie lassen uns verrecken. Mit den Dakota aber gibt’s hier überhaupt keine Freundschaft. Die wollen weiter nichts als uns vom Erdboden vertilgen. Jetzt Schluß. Es geht in die Nacht hinein, und wenn ein Dakota uns wispern hört, nutzt uns die Deckung gar nichts. Er weiß dann schon, wo er uns zu suchen hat.«
    Joe brach ab.
    Die Nacht war still. Nicht einmal der Wind machte ein Geräusch. Lautlos beugte er die Gräser. Nur bei den Zelten unten schnarchte Charlemagne laut.
    Joe und Henry bemühten sich, auf alles zu achten, nicht nur auf die weite Prärie, sondern auch auf das Tal, in dem die Zelte standen, bachaufwärts, bachabwärts. Das Land wirkte wie ausgestorben. Ein Präriebrand im vergangenen Spätsommer und die Ausläufer eines verheerenden Sandsturmes hatten die Tierwelt vertrieben. Im Winter lagen die sturmdurchbrausten Hochebenen öde und leer; kaum ein lebendiges Wesen konnte sich dort halten. Die Nachwirkungen des Brandes und der Sandverwehungen waren auch jetzt noch zu spüren, obgleich das zähe Gras im Frühjahr durch Asche und Sand durchgebrochen war.
    Es wurde Mitternacht. Bill und Charlemagne, die einige Stunden den Schlaf des Gerechten geschlafen hatten, wachten pünktlich auf und kamen zur Ablösung. Joe und Henry kletterten den Wiesenhang hinunter und gingen zu dem Zelt, das der leitende Ingenieur zusammen mit Henry und einem alten Packträger bewohnte, der Joe überallhin begleitete und in bezug auf Gepäck, Rauchen, Essen und Zelten alle seine Gewohnheiten kannte. Der Mann hatte einen ruhigen Charakter, schoß nicht schlecht, und Joe verließ sich auf ihn.
    Als Joe und Henry in ihr Zelt eintraten, glimmten noch die Funken des Feuers, das der Alte nach Indianerart in einer Vertiefung angelegt und mit Asche gedeckt hatte. Der Alte selbst schlief; er hatte sich im Zelt wie ein treuer Hund quer über den Eingang gelegt. Als Joe und Henry hereinkamen, war er sofort wach, blieb aber an dem gewählten Schlafplatz und murmelte nur: »Alles in Ordnung.«
    Joe war kaum über den Getreuen hinweggestiegen, als er zusammenfuhr, stehenblieb, mit der Linken Henry hinter sich zurückhielt, mit der Rechten aber nach dem Revolver griff.
    Noch ehe er die Waffe schußbereit hielt, waren aber die zwei dunklen Gestalten, die auf den Decken im Zelte gelegen hatten, aufgesprungen und standen bereits mit gezogenem Revolver vor Joe: »Hände hoch!«
    Es blieb dem Ingenieur nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Henry folgte seinem Beispiel, obgleich er, von dem Ingenieur gedeckt, noch etwas hätte unternehmen können, wenn er auf Joe keine Rücksicht nehmen wollte. Der alte Getreue, der quer hinter dem Zelteingang lag, blieb regungslos liegen. Er wußte genau, daß sofort geschossen würde, wenn er sich rührte, und zwar zuerst auf seinen Herrn.
    »Was soll das!« schrie Joe die beiden unbekannten Gestalten an. Er wollte dadurch vor allem die Schläfer rings in den Zelten wecken und die Wachen aufmerksam machen. Auch in der Dunkelheit erkannte er, daß die beiden Fremden mit der Waffe in der Hand sehr große Menschen waren. Der eine trug einen Hut, der andere war barhaupt, und Joe hielt ihn trotz seines Hemdes mit Umlegekragen für einen Indianer.
    »Das soll weiter nichts als ein vernünftiges Gespräch einleiten!« Der Unbekannte mit dem Schlapphut sprach volltönend, fast ebenso laut wie Joe. Die Möglichkeit, die Männer in den anderen Zelten zu wecken, schüchterte ihn nicht ein. »Wir waren müde, haben uns erlaubt, hier ein bißchen zu schlafen, weil die Plätze doch frei waren. Nichts

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