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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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»Sogar das meine! Ich habe es geahnt. Und das von Bill! Das Diebesgesindel hat Pferdeverstand.«
    Duff und Henry packten zusammen den bewußtlosen Wachtposten an, um ihn ins Zelt zu tragen. Einer der Männer, der schlecht und recht den Sanitäter spielte, kam herbei und ging mit in das Zelt, während sich draußen allgemeine Unruhe verbreitete. Alle Zelte hatten sich geöffnet, die Schläfer liefen heraus, jeder fragte, und keiner konnte oder mochte rechte Auskunft geben, was eigentlich geschehen sei.
    Im Ingenieurszelt untersuchten der Sanitäter und Duff den Ohnmächtigen. Sie stellten fest, daß er einen Schlag auf den Kopf erhalten hatte, vermutlich mit dem Knauf eines Revolvers, und sie hofften, daß er bald wieder zu sich kommen würde. Joe und Henry waren etwas erleichtert.
    Draußen erhob sich ein Schimpfen und Brüllen, und alle erkannten die Stimme des Hahnenkampfbill. Schon wurde auch das Zelt aufgerissen, und der Wütende stürzte herein.
    »Mein Pferd ist weg! Ausgerechnet mein Pferd weg! Die Satansbrut! Wie ist denn so was möglich! Wo sind die denn auf einmal hergekommen?!«
    »Aus unserem Zelt hier«, antwortete Joe ruhig. »Aus … Mann, Expeditionsleiter, Ingenieur! Habt ihr hier Eier liegen, aus denen Pferdediebe ausschlüpfen?«
    »Wer weiß! Aber mal ernsthaft gesprochen: Du willst dich doch im Westen auskennen. Hast du die Namen Fred und Top schon gehört?«
    »Den Namen Fred dürfte ich wohl schon öfters mal gehört haben«, erwiderte Bill spöttisch. »Kommt mir so vor, als ob ein paar Personen in den Staaten so getauft seien oder sich auch so nennen, ohne darauf getauft zu sein. Ich erinnere mich dunkel dran, daß das ein christlicher Name ist, Sir! Aber was Top betrifft … wie kommt Ihr denn auf Top, wenn ich fragen darf?«
    »Ich bin nicht drauf gekommen, er ist gekommen.«
    »Der … mir ist so irgendwie … Wie sah er denn aus?«
    »Zwei Meter lang, Scheitel, Zöpfe, nicht bemalt, kariertes Kattunhemd, braune Hose. Dazu Mokassins.«
    »Nein, nein, das war er nicht. Der, den ich meine, der war das nicht. Der zieht keine Kattunhemden an. Schade, daß er’s nicht war. Aber vielleicht auch gut.«
    »Von wem oder was redest du denn überhaupt?«
    »Es gibt einen ehemaligen Häuptling.«
    »Es gibt sogar viele ehemalige Häuptlinge. Wahrscheinlich mehr als regierende!«
    »Aber so einen wie den, den ich meine, gibt’s nicht so leicht ein zweites Mal. Es würde ihm ähnlich sehen, so ein Stückchen! Ihm und dem Jim.«
    »Fred.«
    »Von mir aus mag er Fred heißen. Vielleicht ist er auf mehrere Namen getauft. Aber lassen wir das. Ich geh’ wieder auf Wache. Gute Nacht!« Bill verließ das Zelt.
    Duff und der Sanitäter hatten unterdessen den Ohnmächtigen wieder zu Bewußtsein gebracht. Er schaute sich erstaunt um und erinnerte sich an gar nichts, als daß er einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte.
    Auf dem Höhenrücken am Nordufer lag Bill wieder neben Charlemagne. »Ganz was Konfuses«, antwortete er nur, als dieser wissen wollte, was geschehen sei. »Aber über Top und Fred muß ich morgen früh die da unten noch ausfragen.«
    Als die Nacht zu Ende ging, erhob sich ein kräftiger Wind. Die Männer nahmen die Riemen um das Kinn, damit ihnen die Hüte nicht wegflogen. Bill und Charlemagne, deren Wachzeit zu Ende ging, begaben sich zu Bach und Zelten, rauchten eine Pfeife und schlenderten dann zu dem leitenden Ingenieur hin. Sie sahen, daß er alle Anordnungen gegeben hatte, und hofften, ihn für einen Augenblick sprechen zu können. Aber darin hatten sie sich getäuscht. Er gab vor, keinen Augenblick Zeit zu haben, und verwies die beiden an Henry.
    Henry ließ sich über die Ereignisse der Nacht leicht ausfragen. Er war noch immer voll jungenhaften Vertrauens zu alten Präriejägern. Er erinnerte sich auch, daß der Indianer, nach der Auskunft von Fred, von Geburt ein Dakota, aber nun spinnefeind mit seinem Stamm sein sollte.
    »Dann ist er es doch!« schrie Bill, so laut und energisch, daß selbst Joe aufmerksam wurde und gemessenen Schrittes zu der Gruppe herbeikam.
    »Wer ist es also?« fragte der Ingenieur kurz.
    »Ein ganz gefährlicher Kerl. Hab’ ihn mal im Blockhaus des zahnlosen Ben am Niobrara kennengelernt! Da ging er nachts mit der Axt auf den Maler Morris los, um ihn zu ermorden und zu berauben.«
    »Allmächtiger!« rief Henry erschreckt.
    »Sonderbar!« bemerkte Joe trocken. »Was besaß denn Morris so Reizvolles, daß ein Indianer zum Raubmörder werden wollte?

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