Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
denken. Da hob Eva den Buben auf ihre Schultern. Er tastete sich am Stamm empor zu voller Höhe, griff beherzt ins Innere der Höhlung, zog ein Kätzchen nach dem anderen heraus und reichte sie der Mutter hinab, die ohne Scheu die weichbepelzten Tierchen zwischen Brust und Hemd barg.
Dann stellte sie Hansl wieder auf den Boden, hieß ihn den Milchtopf aufnehmen und beeilte sich, aus dem unheimlichen Dunkel des Urwaldes zu kommen.
Behutsam streichelte sie die vor Angst zitternden Jungtiere. Als der düstere Wald hinter ihr lag, ließ sie sich am Fuß eines Baumes nieder und legte die Kätzchen in ihren Schoß. Und Hansl, der vor ihr auf den Fersen kauerte, übernahm es, den Tieren die Atzung anzubieten. War es die längst abgekühlte Milch oder das ungewohnte Gefäß? Jedes zog den Kopf zurück, sooft ihm Hansl das Schnäuzchen in den Topf steckte.
Da tauchte Eva den Zeigefinger in die Milch und führte ihn einem der Kätzchen in den Mund. Und siehe da – es begann zu lecken und leckte fort, als Hansl seiner Mutter die Milch in die hohle Hand goß. Das Schmatzen des einen lockte die anderen an, und bald drängten sich drei runde Köpfe in Evas hohle Hand. Bald war der Topf leer, und die drolligen Kerlchen begannen ihre winzigen Pfoten zu lecken und sich zu waschen.
Zuhause machte Eva ihnen in einem Korb ein warmes Nest. Sie wollte ihnen die Mutter ersetzen.
Hansl wird hart
Im Sonnleitnerhof balgten sich die Jungkatzen, sie belauerten und haschten einander, sie neckten die jungen Fuchshunde, deren Scheinkämpfe sich mit viel Gekläff und Geknurr abspielten; sie versteckten sich hinter großen Steinen im Hof und sprangen Hansl und Eva an die Beine.
Das schwächste der drei Kätzchen war am zutraulichsten. Es bekam den Namen Schnurri und wurde Hansls Schlafkamerad. Seine beiden Brüder aber, Grauli und Fleck, verscherzten sich die Gunst der Menschen. Sie töteten Singvögel am Futterplatz, sie fauchten, bissen und kratzten, sooft Hansl versuchte, ihnen durch ein paar Hiebe deutlich zu machen, daß sie den Hausfrieden störten.
Eines Tages sagte Peter zu seinem Buben: »Hansl, schau, Fleck und Grauli sind nicht zum Aushalten; immer wollen sie etwas umbringen. Wenn wir sie am Leben lassen, machen sie alle Vögel tot, die Mutter so gern hat. Weißt was, wenn's kalt wird und die zwei ihren Winterpelz haben, dann schieß' ich sie tot, und wir machen der Mutter warme Fäustlinge aus ihrem Fell, Fäustlinge, die ihr bis über die Ellbogen reichen.«
Er hatte die Worte gut gewählt. Hansl nickte; die Vorstellung, daß die Mutter weiche, warme Fäustlinge bekommen sollte, ließ ihn die kalte Zeit herbeiwünschen.
Von da an sperrte er die beiden Katzen jedesmal ein, wenn er die Vögel fütterte; seine Schnurri aber klemmte er sich unter den linken Arm, und wenn sie beim Heranfliegen eines Vogels nur zuckte, schimpfte er sie aus.
Selbstverständlich verstand Schnurri nicht die Worte, aber den warnenden Ton deutete sie richtig, und es fiel ihr nicht schwer, sich zurückzuhalten, da sie ja täglich gut gefüttert wurde. Nach wenigen Tagen war sie die Vögel so gewöhnt, daß sie schnurrend auf der Türschwelle saß. Schnurri wurde eine richtige Hauskatze, die in Stall und Vorratskammer Mäuse jagte, in Feierstunden aber bei der Familie saß und mit ihrem Schnurren zur Behaglichkeit beitrug.
Wie im Vorjahr mußte Hansl im Geißengarten die Ziegen hüten. Am besonnten Eingang der Wohnhöhle hatte er für Schnurri ein weiches Mooslager gerichtet. Unter einem feuchten Lappen lag ein Lehmklumpen bereit, aus dem er, wenn er Lust verspürte, Gefäße und Figuren formte, die schon viel besser ausfielen als früher.
Eines Tages hatte er an einer armlangen Darmsaite einen Holzspan als Fahrzeug auf dem Wasser hin und her gezogen und dann im Übermut um seinen Kopf gewirbelt. Dabei hatte er entdeckt, daß das rasch bewegte Ding surrte. Je schneller er das Schwirrholz herumwirbelte, desto höher wurde das Surren. Das tönende Holz erschien ihm wie ein geheimnisvolles Lebewesen; es war ja die Stimme des Windes. Sofort schnitzelte er aus einem Hartholzsplitter ein größeres Schwirrholz, band es an eine lange Saite und dann an einen kurzen Peitschenstock. Dieses Spielzeug ließ er nicht nur im Geißengarten schwirren, sondern schon in aller Frühe im Sonnleitnerhof. Eines Morgens traf er damit einen Milchtopf und zerschlug ihn. Dafür bekam er vom Vater die ersten ärgerlichen Scheltworte zu hören.
Eines Tages aber traf Hansls
Weitere Kostenlose Bücher