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Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Titel: Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ted Chiang
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sehen lassen.«
    »Wie meinst du das? Ich kenne deine Freunde doch alle. Sie waren schon bei uns zu Hause.«
    »Das ist was anderes«, wirst du sagen, fassungslos darüber, dass du mir das erklären musst. »Ich möchte alleine einkaufen.«
    »So ein Pech aber auch.«
    Dann die Explosion: »Du tust nicht das Geringste dafür, um mich glücklich zu machen! Ich bin dir vollkommen egal!«
    Es wird noch gar nicht so lange her sein, dass du gerne mit mir einkaufen gegangen bist. Es wird mich immer wieder verblüffen, wie schnell du aus einer Phase heraus- und in eine andere hineinwächst. Mit dir zusammenzuleben ist, als würde man ein bewegliches Ziel anvisieren. Du wirst immer schon ein Stückchen weiter sein, als ich erwarte.
     
    Ich betrachtete einen Satz in Heptapod B, den ich gerade mit einem einfachen Stift auf ein Blatt Papier geschrieben hatte. Wie alle von mir selbst geschriebenen Sätze sah dieser unförmig aus, wie ein Satz, den ein Heptapode geschrieben hatte und den man dann mit einem Hammer zertrümmert und wieder ungeschickt zusammengeflickt hatte. Auf meinem Schreibtisch lagen viele Blätter mit solchen uneleganten Semagrammen herum – ab und zu wellten sie sich, wenn der Ventilator sich in ihre Richtung drehte.
    Es war sonderbar, eine Sprache zu lernen, die keine gesprochene Form hatte. Statt die Aussprache zu üben, schloss ich die Augen und versuchte, Semagramme auf die Innenseite meiner Lider zu zeichnen.
    Jemand klopfte an die Tür, und bevor ich reagieren konnte, trat Gary mit einem freudigen Gesichtsausdruck ins Zimmer. »Das Team in Illinois meldet eine Bestätigung in Physik.«
    »Wirklich? Das ist großartig! Wann war das?«
    »Vor ein paar Stunden. Ich war gerade bei der Videokonferenz. Komm, ich zeig es dir.« Er begann meine Schreibtafel zu löschen.
    »Ach, macht nichts. Das brauche ich sowieso nicht mehr.«
    »Gut.« Er griff nach einem Kreidestummel und zeichnete ein Diagramm:
     
     
     
     
     
     
     
    »Also, das hier ist der Verlauf eines Lichtstrahls, wenn er von Luft in Wasser übergeht. Das Licht bewegt sich in gerader Linie fort, bis es auf die Wasseroberfläche trifft. Wasser hat einen anderen Brechungsindex als Luft, und so ändert das Licht seine Richtung. Das ist dir bekannt, oder?«
    Ich nickte. »Natürlich.«
    »Der Verlauf, den das Licht nimmt, hat eine interessante Eigenschaft. Das hier ist der kürzeste Weg zwischen den beiden Punkten.«
    »Wie bitte?«
    »Nimm einfach mal an, dass das Licht diesen Verlauf nimmt.« Er zeichnete auf dem Diagramm eine gepunktete Linie ein:
     
     
     
     
    »Dieser hypothetische Weg ist kürzer als der Verlauf, den das Licht tatsächlich nimmt. Allerdings ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Wasser geringer als in der Luft, und hier verläuft ein größerer Anteil des Weges im Wasser. Das Licht bräuchte daher entlang dieses Weges länger als entlang des tatsächlichen Weges.«
    »Okay, das verstehe ich.«
    »Stell dir nun vor, dass das Licht diesen Verlauf nimmt.« Er zeichnete eine zweite gepunktete Linie ein.
     
     
     
     
     
     
     
    »Dieser Weg verkürzt die Strecke, die das Licht im Wasser zurücklegen muss, aber die Gesamtstrecke ist länger. Das Licht würde wiederum länger für die Strecke von A nach B benötigen als auf dem tatsächlichen Weg.«
    Gary legte die Kreide weg und deutete mit weißen Fingerspitzen auf die Tafel. »Auf allen vorstellbaren Wegen würde das Licht länger für die Strecke brauchen. Anders gesagt: Der Weg, den das Licht einschlägt, ist immer der schnellstmögliche Weg zwischen zwei Punkten. Das ist das Fermatsche Prinzip der kürzesten Zeit.«
    »Hm, interessant. Und darauf haben die Heptapoden reagiert?«
    »Genau. Moorehead vom Spiegelteam in Illinois hat den Heptapoden eine Animation des Fermatschen Prinzips vorgeführt, und sie haben es wiederholt. Nun versucht er, es mit Symbolen zu beschreiben.« Er grinste breit. »Ist das nicht toll?«
    »Ja, das ist wirklich toll, aber warum habe ich bis jetzt noch nie etwas von diesem Prinzip gehört?« Ich nahm einen Aktenordner – eine Richtliniensammlung, die vorgab, welche Bereiche der Physik wir mit den Heptapoden angehen sollten, und wedelte damit in Garys Richtung. »Hier drin steht alles Mögliche über die Planck-Masse und den Spin-Flip bei Wasserstoffatomen, aber nichts über die Brechung von Licht.«
    »Wir haben uns geirrt, welches Wissen für euch am nützlichsten ist«, sagte er ohne jede Verlegenheit. »Es ist wirklich

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