Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
hinein.
    Alles wirkte echt. Bruder Paul stellte sich hin, zog die Hose herab (er trug nun leichte Erdkleidung) – und merkte, was ihm fehlte. Sein Penis war intakt, aber er hatte weder Skrotum noch Hoden. Die Haut an dieser Stelle war glatt und trug keine Narben; es war, als sei dort niemals etwas gewesen. Er spürte weder Schmerz noch irgendein Unbehagen. Er fühlte sich wie ein unreifer Junge – ohne die Aussicht, jemals geschlechtsreif zu werden. Er war ein Eunuch.
    Er setzte sich auf die klinisch saubere, hypermoderne Toilettenbrille und erleichterte sich um den materiellen Teil seines Unbehagens. Dann griff er nach dem Klopapier – und sah, daß darauf etwas stand. Er hielt es hoch, um die Worte zu lesen, BRUDER PAUL CENJI .
    Auf jedem Stück Papier stand sein Name.
    Er lächelte. Die Hölle hielt ja schöne Überraschungen bereit. Er griff hinter sich … und hielt inne. Sollte er sich mit seinem eigenen Namen den Hintern wischen?
    Nun, warum nicht? Es war ja nur ein Scherz, wie das Klopapier, auf dem stand: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“ oder „Laß dir den Brocken vom Herzen fallen!“ oder „Film für deinen Haufen“. Kleine, gemeine Scherze. Doch sein Stolz kannte wichtigere Dinge, als sich daran zu stoßen. Er nahm das Papier und beendete sein Geschäft.
    „Der Gehörnte Gott möchte Sie sehen“, verkündete die Sekretärin, als er wieder auftauchte. Es mußte sich um Amaranth handeln – dieses Mal in einer Nebenrolle –, aber was war mit ihrem Körper geschehen, der ja, wie er gesehen hatte, zerbissen worden und herabgefallen war …? Er unterdrückte diesen Gedanken; sie deutete auf eine weitere Tür, und offensichtlich waren ihre Gliedmaßen vollständig intakt. Ehe er sie ein zweites Mal neugierig ansehen konnte, ging er hindurch.
    Satan trat auf Bruder Paul zu und schüttelte ihm herzlich die Hand. Der Gehörnte Gott war nun von normal menschlichen Dimensionen, hatte menschliche Hände und Füße und trug einen konservativen Anzug aus Synthetikmaterial, etwa aus dem Jahre 1995, mit einer korrekt geschlungenen Krawatte. Nur die kleinen, ansehnlichen Hörner verrieten sein wahres Wesen. „Schön, einen guten Menschen zu treffen“, sagte er freundlich.
    Bruder Paul gab es auf, alles begreifen zu wollen. Er war hier, und sicher war das ein weiterer Aspekt der Hölle. Der Teufel würde gewiß tun, was ihm beliebte. „Bislang war es eine interessante Erfahrung“, gab Bruder Paul zurück.
    „Es hat noch nicht einmal angefangen“, meinte Satan herzlich. Wer spielte die Rolle nur, fragte sich Bruder Paul. Es schien nur einen vernünftigen Gedanken zu geben … aber wer versteht schon die Hölle? „Bitte machen Sie es sich bequem. Es kann eine Zeitlang dauern.“
    „Ewig?“
    Satan lachte mit mildem Mitgefühl. „So lange wohl nun doch nicht.“
    Noch ehe er sich der Frage richtig bewußt wurde, brach sie schon aus Bruder Paul hervor. „Sie haben mich gerade verschluckt. Wie komme ich hierher … in dieses Büro. Und Sie sind hier in Menschengröße?“
    „Ich bin überall“, gab der Teufel leichthin zurück. „Ich bin in Ihnen und Sie sind in mir. Der Teufel ist allgegenwärtig. Er kennt keine Grenzen.“
    „Aber …“
    „Wenn es Ihnen besser geht, wenn Sie den genauen Ort kennen, werde ich für Aufklärung sorgen. Ich habe Sie geschluckt; Sie befinden sich nun in meinem Bauch. Sie werden verdaut. Meine Magensäure wird Sie verzehren, Schicht um Schicht, all die Schutzmechanismen, mit denen Sie sich umgeben haben, bis die wahre Seite Ihres Wesens zum Vorschein kommt. Dann, und nur dann, wird man Sie richtig beurteilen können.“
    „Aber Sie …“
    „Ich bin auch in Mir. Ich bin überall. In diesem Augenblick werden Myriaden von Seelen auf ähnliche Weise in verschiedenen Büros interviewt. Ich bin bei jeder – innerhalb meines eigenen Bauches. Nur wenn eine Seele genügend entblößt ist, wird sie für den weiteren Verbleib ausgestoßen.“
    „Herausdefäkiert?“
    Satan machte eine kleine Geste, als sei dies unwichtig. „Die meisten Seelen bestehen aus Scheiße. Dies ist schließlich die Region, in die sie gerechterweise hingehören.“
    „Auch meine Seele besteht wahrscheinlich aus Scheiße“, meinte Bruder Paul. „Ich habe sie einmal bei einer Meditation erkannt. Doch man hat mich darauf hingewiesen, daß Scheiße der ideale Humus ist, ein notwendiges Stadium für die Erneuerung allen Lebens.“
    „Das werden wir gewiß

Weitere Kostenlose Bücher