Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)
Es war eine Nacht, wie man sie sich in den allgemein so beliebten Vampirfilmen nicht besser wünschen könnte: der Mond schien nur sporadisch durch die dichten Wolken, die den obligatorischen Hamburger Regen speicherten. Sein Licht musste sich durch leichte Nebelschwaden hindurchkämpfen und tauchte somit die sorgfältig angepflanzten Büsche und Beete des Parks in ein wirkungsvolles, schummriges Grusellicht.
Finn lächelte, als er daran dachte, dass es selbst im modernen Deutschland, in einer Stadt wie Hamburg, schauerliche Szenarien geben konnte. Sogar unmittelbar neben dem Campus, wo das Studentenleben eigentlich pulsieren sollte. Nur eben nicht mehr nach 22 Uhr.
Er war auf dem Weg zum Dammtorbahnhof, nach Hause. Das letzte Treffen mit seinen Studienkollegen hatte doch länger gedauert als er gedacht hätte. Ärgerlich erinnerte er sich an ihre fast ergebnislose Sitzung zurück. Manchmal wäre es doch deutlich leichter, Projekte alleine anzugehen. Da die Professoren jedoch öfter auf Arbeitsgemeinschaften bestanden, musste er sich derzeit mit drei diskussionsfreudigen Kommilitonen herumschlagen, die es sogar fertigbrachten, ausgiebig übers Datum zu debattieren. Seufzend zog er seine zu dünne Jacke enger um sich. Der feuchte Nebel kroch direkt unter seine Kleidung und ließ ihn frösteln, obwohl es Sommer war.
Nun ja, in Hamburg war es eigentlich immer feucht. Entweder regnete es, oder es war neblig und diesig.
Finn mochte diese Stadt nicht besonders, jedoch hatte er hier einen Studienplatz bekommen und war froh um diese Chance. Wenn er einige Semester geschafft hatte, wollte er versuchen, an eine andere Uni zu wechseln. Irgendwo in einer kleinen Stadt, auf jeden Fall ländlicher, wo er sich wohler fühlen würde.
Er war einfach kein Stadtmensch, war er noch nie gewesen. Die vielen Menschen, das ständige Gedränge und die überfüllten S-Bahnen verursachten bei ihm mitunter echte Platzangst. Das war nur ein Teil. Der Gestank der Stadt verfolgte ihn, egal wo er war. Der Geruch von Abgasen, zu vielen Menschen, Urin und Hundekot ebenso wie die ewig modrig duftenden Grünanlagen, in denen sich der Zivilisationsabfall stapelte, begleiteten ihn wann immer er zur Uni oder nach Hause in seine kleine Studentenbude fuhr.
Besonders schlimm war es natürlich am Hauptbahnhof, wo sich die meisten der so zahlreichen gescheiterten Existenzen herumtrieben und dort ihren Müll und ihre Duftmarken hinterließen. In den großen Einkaufsstraßen war es etwas besser.
Finn schüttelte sich angewidert und beschleunigte seine Schritte durch den Park, um so rasch wie möglich zum Bahnhof zu kommen. Vermutlich würde ihm gleich seine S-Bahn vor der Nase wegfahren und er musste in der klammen, feuchten Kälte des zugigen Bahnhofs mindestens zehn Minuten auf die nächste warten. Verflucht, es war Sommer überall auf der Welt, warum nicht hier in Hamburg?
Ein flatterndes, rauschendes Geräusch über ihm riss ihn plötzlich aus seinen wenig liebevollen Gedanken an diese Stadt. Misstrauisch sah er hoch, konnte jedoch nichts Verdächtiges entdecken. Gleich darauf war da wieder dieses Geräusch und er glaubte, eine vage Bewegung direkt vor ihm im Schatten der Büsche wahrnehmen zu können. Sein Weg durch den Park wand sich an dieser Stelle an einem ausladenden Gebüsch vorbei und natürlich hatten drei der Laternen, die hier sonst alles in ein dumpfes, orangerotes Licht tauchten, an diesem Abend ihren Geist aufgegeben und der Weg schien in der Dunkelheit nahezu zu verschwinden.
Na klasse, fluchte Finn innerlich. Erneut erklang dieses eigenartige Geräusch. Finn schauderte und unwillkürlich lief ihm ein leichter Schauer über den Rücken. Was für ein perfektes Gruselszenario.
Echt albern , sagte er sich, du bist hier in keinem Horrorfilm, du bist mitten in Hamburg, in einem der beliebtesten Parks. Wenn sich da vorne ein Hund oder Vogel im Gebüsch bewegt, was ist daran so ungewöhnlich? Entschlossen ging er weiter, konnte sein Herz aber dennoch nicht daran hindern, schneller zu schlagen und vorsichtshalber mal ein wenig Adrenalin auszuschütten. N ur für den Fall , erklärte ihm seine innere Stimme, dass Gruselfilme vielleicht doch Grundlagen in der Realität haben. Seine Hände wurden prompt feucht. Finn lauschte unwillkürlich genauer, doch alles blieb ruhig, kein verdächtiger Laut war zu hören. Als er jedoch um die Ecke bog, fuhr ihm der Schreck derart in die Glieder, dass sein Herz tatsächlich einen Schlag lang aussetzte. Vor
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