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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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war
     verloren. Pilze wuchsen nicht das ganze Jahr über, und irgendwann hatte man alle hilfsbereiten Nachbarn kennengelernt. Ein
     Mann, der nur zu Hause saß – niemand mochte den und Bordon am allerwenigsten.
    Kommissar Küchenmeister wartete auf die Pointe: die Geschäftsidee, eine zufällige Begegnung, die Bordons Leben in neue Bahnen
     gelenkt hatte. Alles, was er bekam, war ein weiterer Apfel.

25
    Landmann hatte es im Leben zu allerhand gebracht, vor allem zu einem Hobby und einer Altersversorgung. Er hatte auch eine
     Frau, sie war attraktiv genug, um mit ihr anzugeben und fürsorglich genug, um ihm den Alltag zu erleichtern. Auch zu einem
     Eigenheim mit 1200 Quadratmetern Grund hatte es |143| gereicht, mit einer pflegeleichten, wenn auch hässlichen Koniferen-Mauer. Landmann hatte sogar fast noch alle Haare. Nur zu
     einem Vornamen hatte es nie gereicht. Niemand nannte ihn »Guido«, es hatte Jahre gegeben, in denen sein Vorname kein einziges
     Mal laut ausgesprochen worden war. Seine Frau nannte ihn »Schubi« und, wenn sie sauer war, »Bremsbelag«. Die Kosenamen waren
     peinlich, aber es hörte ja niemand.
    Der Mann, den er an diesem Morgen dabei antraf, wie er den »Kapitän« umrundete, nannte ihn »Sie Glücklicher«. Landmann war
     Besucher gewohnt, nicht nur von Mai bis September, wenn Fahrradtouristen die Wege bevölkerten. In diesen Monaten lebte Landmann
     auf. Die Besucher lobten ihn für langen Atem und Treue zur Marke Opel.
    Das tat der Fremde, der Macciato heißen wollte, nicht. Im Gegenteil verbarg er kaum seine Geringschätzung. Es sprach für seinen
     Charme, dass er bei Landmann damit keine Verletzungen verursachte. Zurzeit hatte der einen Kadett der ersten Baureihe in Arbeit.
     Damit konnte man nicht angeben, aber ohne Brot-und-Butter-Autos gab es keine Vollständigkeit. Frau Landmann saß an den Bezügen.
     Mit jedem Wagen wurde sie langsamer. Die letzten vier waren zu spät fertig geworden, weil Madame immer länger brauchte, um
     mit den Nähten zu Rande zu kommen. Madame wollte gebeten werden, dabei verfügte sie über beste Maschinen und Material. Es
     hatte sich eingebürgert, dass die Polsterin nach getaner Arbeit in die Stadt fuhr, wo sie sich in einem Traditionsladen mit
     einer Bluse belohnte. Landmann wurde von Jahr zu Jahr älter, seine Frau hielt eisern ihre Form. Von Jahr zu Jahr musste sie
     mehr dafür tun, ihre Unterhaltskosten schossen ins |144| Kraut. Aber sie sah flott aus, da biss die Maus keinen Faden ab. Das blieb auch dem Mann nicht verborgen, der angeblich Macciato
     hieß. Als Frau Landmann im Hintergrund vorbeieilte, lächelte er Landmann so lange an, bis der sich nicht mehr zu helfen wusste
     und unwirsch fragte: »Was?«
    »Gratuliere. Ihnen wird es hier draußen gewiss nicht langweilig.«
    Wider Erwarten fühlte sich Landmann geschmeichelt. »Man tut, was man kann«, murmelte er.
    »Und manchmal kann man zweimal«, trompetete der Fremde. Er war widerlich, aber auch faszinierend. Und wie kundig er sich an
     den Wagen zu schaffen machte.
    »Sind Sie interessiert?«, fragte Landmann.
    »Sie verkaufen?«
    »Kaum. Sehr ungern.«
    »Verstehe. Wenn der Preis stimmt …«
    »Ich muss nicht verkaufen.«
    »Exakt so würde ich die Kampfhandlungen auch eröffnen. Locker tun, praktisch uninteressiert. Bei manchen Kunden weckt das
     den Ehrgeiz.«
    Zum Beispiel beim letzten, von dem der Fremde nichts wissen konnte. Die Marke Opel spielte nicht in der ersten Liga der Oldtimer.
     Aber es gab Freunde, und ihre Zahl nahm zu.
    Macciato öffnete eine Haube und fragte hinterher, ob das in Ordnung gehe. Den Motorraum zeigte Landmann bereitwillig vor.
     Ein Kenner würde sofort begreifen, dass hier jemand sein Herzblut gegeben hatte. Zwei Schrottverwerter und ein Verrückter
     sammelten für Landmann, bei ihnen holte er sich, was er brauchte. Mit allen arbeitete er seit Langem |145| zusammen. Sie waren nie billig gewesen und hatten es in der letzten Zeit übertrieben. Aber Landmann hatte den ersten Zugriff,
     das war wichtig.
    »Oh, oh.«
    Mit einem Metallstab, den er in der Halle gefunden haben musste, wies Macciato auf den Vergaser.
    »Hält noch 30 Jahre«, behauptete Landmann.
    »Wäre das erste Teil von Fiat, das so lange hält.«
    Landmanns Knie verloren alles Stabilisierende, er sackte gegen die Fahrertür.
    »Einer von uns weiß sich zu helfen«, sagte Macciato, als sie sich gegenüberstanden.
    Das kann er nicht wissen, schrie es in Landmann. Das ist völlig unmöglich.

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