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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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musste. Auf einmal waren die Dinge kompliziert geworden.

26
    Er ging nach Hause, zündete das Schweißgerät und wollte beginnen, Spuren zu verwischen. Plötzlich sträubten sich seine Nackenhaare.
     Noch bevor er sich umgedreht hatte, wusste er, dass jemand da war, den er nicht sehen wollte.
    Kommissarin Wiese besaß Respekt vor Sammlern. Alte Autos mochte sie. Sie waren so schön und unvernünftig. Mit der Hand über
     die Kugeligkeit eines Scheinwerfers zu fahren, war angenehm. Dass in der Vergangenheit sorgfältig gearbeitet worden war, sah
     man den Wagen an. Dass es Menschen gab, die dieses Erbe bewahrten, fand sie anrührend. Sie wusste, dass Sammler viel Geld
     in ihre Leidenschaft steckten. Eine Halle voller Autos! In dieser Gegend! Wie herrlich unvernünftig.
    |149| Sie gratulierte Landmann und fasste ihre Gefühle in Worte. Aber er war nicht bei der Sache, wirkte fahrig und abgelenkt und
     deutete Ärger mit einem Interessenten an, der den Preis drücken wolle. Er brachte Macciato ins Spiel. Wenn der Kerl schon
     so frech war, konnte er ihn auch gleich anschwärzen. Er musste nur dafür sorgen, dass es nicht in Verleumdung ausartete. Macciato
     würde sich zu wehren wissen. Und dann hatte Landmann eine Idee. Er wunderte sich, wie viel Cleverness in ihm darauf wartete,
     abgerufen zu werden. Er gestand die Mogelei mit den Fiat-Teilen. Er betonte, dass niemand geschädigt worden war. Und erwähnte,
     wie sehr sich Macciato darüber gefreut hatte, ihn bei der kleinen Schwäche zu ertappen. So freute sich auch Landmann: Gib
     das Kleine zu, damit sie nicht das Große suchen.
    Die Kommissarin erkundigte sich, ob Macciato aus der Entdeckung einen Vorteil schlagen wollte.
    »Nein«, antwortete Landmann. »Noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.«
    Sie fragte und fragte. Er antwortete jedesmal: »Das ist richtig.« Bis er dachte: Du musst variieren. Danach antwortete er:
     »Das stimmt«. Hinter seiner biederen Ausstrahlung konnte er in Deckung gehen wie der Soldat im Schützengraben.
    Die Kommissarin interessierte sich für die Menschen, die in die Halle kamen, um die Wagen anzusehen. Wie viele? In welchen
     Monaten? Wie oft wollte jemand kaufen? Was waren das für Leute, die sich für Autos interessierten?
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Landmann.
    »Wir suchen im Mordfall Bordon Spuren, die uns nach außerhalb führen.«
    |150| »Wieso das denn? Glauben Sie, hier finden Sie nichts, was Sie interessiert? Glauben Sie, alle, die hier wohnen, sind fantasielos?«
    »Nein, natürlich nicht. Glauben Sie denn, dass wir hier etwas finden? Ich rede von Spuren in einem Mordfall, das ist Ihnen
     bewusst, nicht wahr?«
    Jetzt ja, vorher nicht. Einmal im Jahr schlug er sich für die Nachbarn und dann war es auch wieder nicht richtig.
    »Leben Sie hier nicht gern?«, fragte die Kommissarin verwundert.
    Sie redete mit ihm, als sei sie die Ärztin und er der Patient. »Doch, doch, nein, nein, alles in Ordnung. Man kann es aushalten.«
    »Aber …?«
    »Aber … Aber manchmal ist es doch sehr still hier. Besonders im Winter. Wenn niemand mehr kommt. Wenn wir unter uns sind.
     Und dann merken, dass wir wieder weniger geworden sind.«
    »Die Leute ziehen weg?«
    »Jedes Jahr zieht jemand weg. Vor 20 Jahren haben hier 400 Leute gelebt, jetzt sind es keine 100 mehr.«
    Die Landmanns waren vor 22 Jahren zugezogen. Einige Gesichter hatte es damals schon gegeben: Friedrichsen und seine gebrechliche
     Mutter am anderen Ende der Straße; Wahnfrieds, die den letzten Lebensmittelladen geführt hatten; die Hebamme natürlich; Russländer,
     der Bergmann, der sich mit 30 eine Staublunge geholt hatte und hier seine letzten Jahre verbringen wollte. Er hatte sich so
     gut erholt, dass er heute frischer aussah als damals.
    Die Kommissarin fragte, ob man noch von dem Dreifachmord |151| aus den siebziger Jahren spreche. Oder damals, als Landmann hergezogen war, gesprochen hatte. Ja, daran erinnerte er sich.

27
    »Kommen Sie rein! Offener wird’s nicht!«
    Zum vierten Mal wurde geklopft. Die alte Karolina schickte den Bildschirm in den Ruhezustand und quälte sich aus dem Stuhl.
     Die ersten Schritte fielen schwer.
    Die Haustür stand offen, er stand auf der Schwelle. Er war ein Schlawiner, das war ihr nach zwei Sätzen klar. Er stellte sich
     vor, küsste ihre Hand, alles zu glatt und elegant, ohne direkt widerlich zu sein.
    »Ihnen gehört das Haus«, sagte ihm die alte Karolina auf den Kopf zu.
    Er begriff, dass ihr

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