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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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ließen nicht
     locker, Tränen liefen, Hände wurden vors Gesicht geschlagen. Kein Zweifel: Der Schock hatte Irena eingeholt. Nach dem Schatz
     befragt, bestritt sie, dass man dieses Gerücht ernst nehmen könne. Den Schatz habe es nie gegeben und wenn doch, sei er längst
     zu Geld gemacht worden, mit dem Häuser gebaut und Autos gekauft worden waren.
    Dann stand Ev Salomon vor der Tür, sie hatte ihre Mahnwache vor dem zerlegten Bordonhaus verlassen, um sich den Kommissaren
     als Täterin zu offenbaren.
    »Nehmt mich mit. Damit endlich Ruhe ist! Eine bessere Schuldige werdet ihr nicht finden. Ich bin bereit zu büßen!«
    Sie rückte den Ermittlern dichter auf den Leib, als denen lieb war. Sie war empört, als die Kommissarin sagte: »Sie müssen
     sich beruhigen!« Sie bestand darauf, alles sorgsam bedacht zu haben. »Ich lüge nicht!«, rief sie, »ich stifte allen Nutzen.«
    »Okay«, knurrte Küchenmeister, »zwei Prüfungsfragen. Wenn Sie beide richtig beantworten, buchten wir Sie ein. Frage eins:
     Womit haben Sie Bordon getötet? Säge, Rasierklinge oder Stricknadel? Frage zwei: Was haben Sie gesagt, als Sie die Hütte verlassen
     wollten und plötzlich den drei Förstern gegenüberstanden, mit denen wir gerade geredet haben?«
    Sie zögerte keine Sekunde: Das Mordinstrument war eine |261| Rasierklinge, die Förster hatte sie weggeschickt, weil sie das Haus nicht betreten durften.
    Küchenmeister sagte: »Scheren Sie sich raus, Sie behindern die Ermittlungen. Ich warne Sie zum letzten Mal: Auf Sie wartet
     nicht der Knast, sondern die Psychiatrie. Man wird Sie mit Lederbändern ans Bett fesseln und mit Medikamenten ruhig stellen.
     Sie werden nie mehr einen klaren Gedanken fassen und Gott wird sich von Ihnen abwenden, weil er Menschen verabscheut, die
     so fahrlässig mit ihrem Leben umgehen.«
    Ev war in einer Weise durcheinander, die man kaum noch ertrug. Undenkbar, sie in diesem Zustand alleinzulassen. Kassian und
     Dora holten sie ab, in ihrer Gegenwart beruhigte sich Ev und ließ sich lenken.
    »Das ist nicht gut«, murmelte Kassian. »Es wird Zeit, dass bei uns wieder Ruhe einkehrt. Können Sie Ihren Mörder nicht schneller
     fangen? Ist Ihnen überhaupt klar, was Sie für Kollateralschäden anrichten, wenn Sie wie die Panzer durch unseren Alltag brechen?«
    Das waren die Vorlagen, für die Küchenmeister lebte: Ein neunmalkluger Bürger wollte der Polizei erzählen, wie sie ihren Job
     zu verrichten habe! Die beiden prallten aufeinander wie Lokomotiven. Kommissarin Wiese unternahm einen halbherzigen Versuch,
     zur Sachlichkeit zu mahnen und wandte sich dann Irena zu. Schluchzend beteuerte die, nichts zu wissen. Sie vermisste Bordon
     und gab sich die Mitschuld an seinem Tod. Sie bezichtigte sich der Herzlosigkeit, weil sie im ersten Moment Erleichterung
     verspürt hatte. Dabei sei sie ohne ihren Bruder verloren. Sie werde hier nie heimisch werden, sie könne genauso gut den nächsten
     Zug nach Rumänien |262| nehmen. Die Frau löste sich in Tränen auf, die Kommissarin saß daneben und warf bisweilen ein Wort ein, das Irena nicht erreichte.

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    Sie öffnete die Tür und der Wagen begann zu sprechen. Wagentür und Stimme spielten so glaubwürdig ineinander, dass die Kommissarin
     erschreckt herumfuhr.
    »Sie kennen mich nicht«, sagte die Frau. Anstatt sich vorzustellen, verlor sie sich in der Schilderung ihres Lebens in diesem
     verlorenen Dorf, das ihr bis zum Hals stehe und noch einige Zentimeter darüber hinaus. Die Kommissarin musste den Anfang machen,
     bevor sie erfuhr, dass sie mit Grete Landmann sprach, Ehefrau des Opelsammlers und Seitenspringers. Es war nicht klar, ob
     sie die Kommissarin abgepasst hatte, jedenfalls hatte sie gewusst, wen sie vor sich hatte. Sie war gerade aus dem großen Dorf
     zurückgekommen, wo sie einen dicken Umschlag eingesteckt hatte.
    »Sie kennen bestimmt Tucholskys Satz«, sagte sie. »Der Umschlag mit dem Manuskript, der in den Briefkasten fällt, ist das
     schönste Geräusch des Tages.«
    Es klang beiläufig, aber sie hätte einen Finger gegeben, um der Fahnderin berichten zu können, wer der Empfänger des Umschlags
     sein würde: die literaturwissenschaftliche Abteilung der Lüneburger Universität. Dort würde man auf die Post schon warten,
     die zweimal im Jahr den Weg Richtung Forschung fand.
    |263| »Es ist wie ein Wochenende am Meer«, sagte Frau Landmann. »Du steckst den Brief ein und fühlst dich 20 Jahre jünger. Natürlich
     könnte ich alles

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