Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
Vom Netzwerk:
›Bitte hier suchen!‹«
    |284| »Ich kann das nicht zerstören«, murmelte er. »Sie sind so schön und schier und vollständig. Ich kann sie bestimmt noch mal
     gebrauchen.«
    Gebrauchen wollte er wohl auch die Armaturen, und der Motor war liebevoll zerlegt, die einzelnen Teile hätten sich gut in
     einem Setzkasten gemacht.
    Sie arbeiteten über eine Stunde, der Kommissar half Marvin. Wenn beide nicht weiterkamen, griff ihnen Landmann unter die Arme,
     weil er es nicht ertrug, wenn es nicht weiterging.
    »Okay«, sagte die Kommissarin, »wir haben also unser Wohnmobil gefunden. Ich habe Dinge über Chemietoiletten erfahren, die
     ich nicht wissen wollte und nie mehr vergessen werde. Sie sind dran, Herr Landmann. Sagen Sie zuerst, wie viel Ihre Frau weiß?
     Ist sie Mitwisserin?«
    »Natürlich bin ich Mitwisserin«, murmelte Frau Landmann. »Ich weiß immer Bescheid. Er würde platzen, wenn er versuchen würde,
     mich anzuschweigen. Abgesehen von gewissen Ferkeleien, über die ich nicht sprechen will.«
    »Wer hat Sie miteinander bekannt gemacht?«, fragte die Kommissarin.
    Marvin tauchte mit den Nummerschildern auf und legte sie an den passenden Stellen auf den Boden.
    Die alte Karolina hatte angerufen, spät am Abend. Zwei Gäste würden in Kürze bei den Landmanns auftauchen. Sie würden ein
     Wohnmobil mitbringen. Das Mobil müsste kleiner werden, die Gäste müssten Ruhe haben und Anonymität. Ob das machbar sei?
    »Man sagt nicht Nein, wenn einen die Hebamme bittet«, sagte Frau Landmann.
    |285| »Das sagt die Frau, der die Spielregeln des Dorfs zum Hals raushängen.«
    »Die junge Frau hatte gerade ein Kind geboren, der junge Mann hatte ein Problem, auch wenn wir nicht wussten, was für eins.
     Natürlich haben wir keine Sekunde daran gedacht, dass die beiden in das Verbrechen verwickelt sein könnten. Sie waren völlig
     fertig, so sehen Opfer aus. Sie haben auch nur zwei Tage hier übernachtet.«
    »Und wie haben Sie sich erklärt, dass die Eltern ihr Kind zurücklassen? Tut man das in Ihrer Welt?«
    Sie druckste herum, die Kommissarin begriff. Baby Bordon war nicht die Premiere gewesen. In Hammerloh waren schon mehr Kinder
     zur Welt gekommen, die an Ort und Stelle ihre Bezugspersonen gewechselt hatten. Die Mutter war jedes Mal bei den Landmanns
     untergekommen. Dass ein Vater dabei war, war die Premiere, nicht das Kind.
    »Wir haben nicht weiter darüber nachgedacht«, sagte Frau Landmann. »Uns war ja klar, dass weder die Hebamme noch die Eltern
     etwas mit dem Verbrechen zu tun haben können. Wir dachten natürlich, es liegt an den Rumänen und den Kreisen, in denen sie
     verkehren. Uns war nur wichtig, dass dem Kind nichts passiert und dass es der Mutter gut geht. Für das Baby wollte die Hebamme
     sorgen. Für den Rest war ich zuständig. Oder ›wir‹, wie mein Mann es ausdrücken würde.«
    »Und das Auto? Wie haben Sie sich das mit dem Auto erklärt?«
    »Die Hebamme sagt, das Auto sei gestohlen und die junge Mutter sei dafür verantwortlich. Wenn wir es nicht verschwinden ließen,
     würde ihr Gefängnis drohen. Das war |286| doch der Sinn: dass die Mütter mit dem Geld, das sie für das Kind kriegen, ein neues Leben beginnen. Wofür sonst hätten wir
     helfen sollen? Wir haben doch nie einen Euro daran verdient. Das glauben Sie uns doch wohl: nie einen Euro!«
    »Sie haben Schicksal gespielt«, knurrte die Kommissarin.
    »Deshalb habe ich es ja getan. Weil ich es genieße, etwas bewegen zu können, mag es auch noch so selten sein.«
    »Meine Frau wollte einen Deal mit mir machen«, murmelte Landmann. »Einmal noch die Dorfregel mitspielen und dann wegziehen.
     Sie hat gedacht, wenn ich so tue, als würde ich zustimmen, halte ich mein Wort. Dabei wollte ich nur meine Ruhe.«
    »Er wird nie weggehen«, sagte Frau Landmann mit neutraler Stimme. »Ich habe den Mann schon vor langer Zeit an Hammerloh verloren.
     Deshalb habe ich unter anderem den Umzug zu Ehren der hölzernen Hedwig wieder ins Leben gerufen.«
    »Sie waren das? Ich denke, das ist eine alte Tradition.«
    »Ist es auch, seit dem 18. Jahrhundert. Aber zwischendurch war sie eingeschlafen, seit den sechziger Jahren war keiner mehr
     zur Eiche gezogen. Ich habe das wiederbelebt. Alle dachten, wegen der hölzernen Hedwig. Aber in Wirklichkeit war es meinetwegen.
     Vor 500 Jahren wurde Hedwig von den Dorfbewohnern erschlagen. Vor 20 Jahren wurde ich geopfert. Aber Hedwig durfte sich von
     den Qualen erholen. Ich musste

Weitere Kostenlose Bücher