Die Hofnärrin
presste sie die Beine zusammen, er
aber strich mit dem Handrücken über ihr verborgenes Geschlecht. Sie
schmolz dahin, er spürte förmlich, wie ihre Beine nachgaben. Das
Mädchen wäre zu Boden gesunken, hätte er es nicht mit starkem Arm um
die Taille gehalten. In diesem Augenblick wusste er, dass er des Königs
Tochter, Prinzessin Elisabeth, nehmen konnte, an einen Baum im Garten
der Königin gepresst. Dieses Mädchen war nur dem Namen nach eine
Jungfrau – in Wahrheit war es kaum besser als eine Hure.
Leise Schritte auf dem Weg ließen ihn herumfahren. Er ließ
Elisabeths Rocksaum fallen und stellte sich schützend vor sie. Die
traumverlorene Bereitwilligkeit in ihrem Gesicht war allzu deutlich zu
erkennen, und Tom Seymour fürchtete, die Königin könnte sie ertappt
haben. Die Königin, seine Frau, deren Liebe er jeden Tag verriet, indem
er versuchte, ihr Mündel zu verführen; die Königin, in deren Obhut die
Prinzessin, ihre Stieftochter, gegeben worden war; Königin Katharina,
die am Sterbebett Heinrichs VIII. gesessen hatte, aber von ihm, von Tom
Seymour, geträumt hatte.
Doch dort auf dem Weg stand nicht die Königin, sondern ein
kleines Mädchen von ungefähr neun Jahren mit großen, dunklen, ernst
blickenden Augen und einer weißen spanischen Kappe, deren Bänder unter
dem Kinn zusammengebunden waren. Die Kleine hielt zwei mit Kordel
umwundene Bücher in der Hand und betrachtete ihn kühl, als ob sie alles
mit angesehen und begriffen hätte.
»Was soll das, Liebchen?«, rief er mit gespielter
Fröhlichkeit. »Du hast mich wahrhaftig erschreckt. Fast hätte ich dich
für eine Fee gehalten, so wie du aus dem Nichts aufgetaucht bist.«
Die Kleine runzelte die Stirn ob der hastig
hervorgesprudelten, überlauten Worte, doch dann antwortete sie, sehr
langsam und mit starkem spanischen Akzent. »Verzeiht, Sir. Mein Vater
bat mich, Sir Thomas Seymour diese Bücher zu bringen, und man hat mir
gesagt, Ihr wäret im Garten.«
Sie hielt ihm das Bücherpaket hin, und Tom Seymour sah sich
gezwungen, einen Schritt vorzutreten und es ihr abzunehmen. »Du bist
die Tochter des Buchhändlers«, fuhr er mit gespielter Heiterkeit fort.
»Des spanischen Buchhändlers.«
Das Mädchen neigte bestätigend den Kopf, ließ jedoch den
forschenden Blick weiter auf ihm ruhen.
»Was starrst du denn so, Kleine?«, fragte er und dachte
besorgt an Elisabeth. Das Rascheln in seinem Rücken verriet ihm, dass
sie immer noch ihr Kleid ordnete.
»Ich habe Euch angeschaut, Sir, aber ich habe etwas ganz
Furchtbares gesehen.«
»Was?«, herrschte er das Mädchen an. Einen Augenblick
fürchtete er, sie werde sagen, sie habe ihn mit der Prinzessin von
England gesehen, mit hochgeschobenem Rock gegen einen Baum gepresst wie
eine gewöhnliche Hure, und die Finger eines Mannes, die ihr Intimstes
berührten.
»Ich habe ein Schafott hinter Euch erblickt«, sagte das
erstaunliche Kind. Dann machte es auf dem Absatz kehrt und lief davon,
als habe es seinen Auftrag erledigt und nichts mehr in dem
sonnendurchfluteten Garten zu suchen.
Tom Seymour fuhr zu Elisabeth herum, die mit vor Erregung
zitternden Händen ihr zerzaustes Haar zu glätten versuchte. Sogleich
streckte sie die Arme nach ihm aus, nach neuen Liebkosungen dürstend.
»Hast du das gehört?«
Elisabeths Augen waren schmale schwarze Schlitze. »Nein«,
sagte sie leichthin. »Hat die Kleine etwas gesagt?«
»Sie hat gesagt, dass sie hinter mir ein Schafott gesehen
hat!« Er war erschütterter, als er zugeben wollte. Er versuchte zu
lachen, brachte jedoch nur ein gequältes Quieken zustande.
Bei der Erwähnung des Schafotts horchte Elisabeth plötzlich
auf. »Warum?«, fuhr sie ihn an. »Warum sollte sie so etwas sagen?«
»Gott weiß warum«, erwiderte Tom Seymour. »Dumme kleine Hexe.
Hat wahrscheinlich die Wörter verwechselt, sie kommt ja aus der Fremde.
Hat wahrscheinlich den Thron hinter mir gesehen!«
Doch dieser Scherz war auch nicht erfolgreicher als sein
Versuch, die Sache ins Lächerliche zu ziehen. In Elisabeths Vorstellung
waren Thron und Schafott stets eng miteinander verbunden. Alle Farbe
wich aus ihrem Gesicht.
»Wer ist sie?«, fragte sie mit schriller Stimme. »In wessen
Auftrag war sie hier?«
Seymour drehte sich um und hielt Ausschau nach dem Kind, doch
die Allee war leer. An ihrem fernen Ende konnte er seine Frau erkennen,
die langsam auf sie zuschritt. Sie bog ihren Rücken durch, um die
wachsende Last der Schwangerschaft zu tragen.
»Kein Wort!«, sagte
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