Die Homoeopathie-Luege
mögliche, geradeste Heilweg, so gewià zwischen zwei gegebenen Punkten nur eine einzige gerade Linie möglich ist.« Er verbat sich auch vehement jede Vermischung der Homöopathie mit der von ihm »Allopathie« genannten wissenschaftsbasierten Medizin (§ 52) und schloss dies auch für die Zukunft kategorisch aus: »Jede steht der anderen gerade entgegen und nur wer beide nicht kennt, kann sich dem Wahne hingeben, daà sie sich je einander nähern könnten oder wohl gar sich vereinigen lieÃen, kann sich gar so lächerlich machen, nach Gefallen der Kranken, bald homöopathisch, bald allopathisch in seinen Kuren zu verfahren; dies ist verbrecherischer Verrat an der göttlichen Homöopathie zu nennen!«
Was die Auslegung seiner Lehre anging, war Hahnemann nicht gesprächsbereit. Er gestand seinen Anhängern nicht einen Millimeter Interpretationsspielraum zu, sondern verlangte unbedingte Gefolgschaft in jedem Wort. Abweichler hat er zeitlebens verdammt, beschimpft und bekämpft. Nur er selbst durfte seine Lehre erweitern und modifizieren. Auch heute, gut 200 Jahre nach Hahnemanns erster Niederschrift seiner Heilslehre im Jahr 1810, folgen sogenannte klassische Homöopathen der Lehre ihres Meisters, und einige postulieren wie er die Ãberlegenheit der Homöopathie. Deutliche Worte findet beispielsweise einer der profiliertesten Vertreter seiner Zunft, der griechische Ingenieur und spätere Homöopath Georgos Vithoulkas, in seinem Buch Medizin der Zukunft (Georg Wenderoth Verlag, 1979, S. 169): »Die chemisch-mechanistisch ausgerichtete Allopathie war ein Irrweg der Wissenschaft.« Die Zukunft könne deshalb nur einer Lehre gehören: »Ein neues Zeitalter der Medizin, in der die Homöopathie die Allopathie ablöst, wird zugleich ein neues Zeitalter der Menschheit sein.«
Der DZVhà bezeichnet auf seiner Homepage (Stand 08.03.2012) Vithoulkas als einen »weltweit bekannten Lehrer, dessen SchülerInnen bereits in vielen Ländern der Welt homöopathische Ausbildungsstätten und Kliniken leiten«. Nach Lehraufenthalten in den USA gründete Vithoulkas in Griechenland die »International Academy for Classical Homeopathy« und unterrichtete mit Lehraufträgen an den Universitäten in Kiew und Barcelona. Höchste Weihen erhielt er im Jahr 1996: Für seine »auÃergewöhnlichen Beiträge zur Wiederbelebung des homöopathischen Wissens und der Unterrichtung von Homöopathen nach den höchsten Standards« bekam er den »Right Livelihood Award« verliehen, besser bekannt als »alternativer Nobelpreis«. In der Laudatio wird davon geschwärmt, dass Vithoulkas »eine fundamentale Kritik der konventionellen allopathischen Medizin« entwirft.
Nach der reinen homöopathischen Lehre ist es also nur konsequent, wie Dr. Monsellato bei seinem kranken Sohn bis zuletzt auf eine homöopathische Behandlung zu setzen. Das ist eine der Gefahren, vor denen wir warnen möchten: Wer die Homöopathie ernst nimmt, droht erwiesenermaÃen nützliche MaÃnahmen zu versäumen.
Pragmatisches Verwässern der Hahnemannâschen Lehre
Ãrzte, die ihre Patienten grundsätzlich mit wissenschaftsbasierter Medizin behandeln und ihnen nur bei Bagatellerkrankungen oder auf ausdrücklichen Wunsch zu homöopathischen Kügelchen und Tropfen raten, sind also vom Standpunkt Hahnemanns und einiger klassischer Homöopathen aus als Abweichler anzusehen. Von diesen pragmatischen Abweichlern gibt es eine ganze Menge: So bietet einer Umfrage des CGM-Gesundheitsmonitors von 2010 bei 440 Ãrzten zufolge etwa jeder zweite niedergelassene Arzt in Deutschland häufig oder gelegentlich Homöopathie an, aber nur die Hälfte dieser Ãrzte ist von der Lehre auch überzeugt oder hat gute Erfahrungen damit gemacht. Diese Gelegenheitshomöopathie, auf deren Sympathiewelle so gut wie alle Apotheker sowie etliche Pharmafirmen schwimmen, hätte Hahnemann zu wilden Schimpftiraden gereizt.
Der DZVhà nimmt eine Art Zwischenposition ein: Einerseits bezeichnet etwa Cornelia Bajic, die Erste Vorsitzende des DZVhÃ, in einem Interview im Jahresprogramm des DZVhà mit dem Titel Ãrztliche Homöopathie 2012 Samuel Hahnemann als den »Meister«, andererseits pochen sie und der Zentralverein auf eine solide medizinische Ausbildung der Homöopathen. So schreibt der Arzt für innere Medizin Ulf Riker,
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