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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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gab jedoch auch Ärzte, die kritisch und vor allem selbstkritisch genug waren, den ärztlichen Aktionismus zu hinterfragen und sich eher an dem geflügelten Wort des französischen Philosophen Voltaire zu orientieren, dass ein guter Arzt den Kranken bei Laune halten solle, während die Natur ihn heile. Einer von ihnen war der 1850 geborene Arzt Ernst Schweninger. Weil er erkannte, wie sehr die Patienten unter den ärztlichen Maßnahmen litten und wie wunderbar die menschliche Natur mit Krankheiten offenbar allein zurechtkam, erhob er die Zurückhaltung zum obersten Prinzip. Das brachte ihm von Zeitgenossen prompt den Vorwurf des Nihilismus ein, was insofern nicht stimmte, als Schweninger keineswegs jede Behandlung für sinnlos erklärte, sondern sehr wohl die Methoden der Medizin anwandte, aber eben extrem behutsam.
Hahnemanns Streben nach Höherem
    Ein anderer Arzt, der das Tun seiner Zunft kritisch sah, war Christian Friedrich Samuel Hahnemann, geboren im Jahr 1755 in Meißen. Er stammte aus einfachen Verhältnissen und musste mehr als sein halbes Leben in bitterer Armut verbringen. Dennoch besaß er, wie Zeitzeugen berichten, ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Er pfiff auf die Ärzte der Antike und ihren seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden »bewährten« Wissensschatz, er misstraute seinen akademischen Lehrern und verachtete seine Kollegen. Doch so sehr er an anderen zweifelte, so wenig zweifelte er an sich selbst: an seinen Fähigkeiten und daran, auf dem richtigen Weg zu sein.
    Mit 24 Jahren war seine medizinische Ausbildung, vor allem an den Universitäten in Leipzig, Wien und Erlangen, beendet, er heiratete und ließ sich als Arzt an wechselnden Orten nieder. Auf diese Weise fristeten er und seine immer größer werdende Familie 25 Jahre lang ein karges Dasein. Er hatte wenige Patienten und daher kaum Geld, dafür aber umso mehr Zeit zum Grübeln. Und das tat er ausgiebig. Er analysierte die Misere der Medizin messerscharf und erkannte ihre meist verheerende Wirkung auf die Patienten. Doch bloße Zurückhaltung, wie Schweninger sie später predigte, befriedigte sein Ego offenbar nicht. Er strebte nach der »großen Lösung«, dem großen Wurf, nach nichts Geringerem, als die gesamte etablierte Medizin hinwegzufegen und eine gänzlich neue zu erschaffen.
    Er fand den Hebel, mit dem er die Medizin aus den Angeln heben konnte, als er ein Medizinbuch übersetzte – eine zwar ungeliebte, aber einigermaßen einträgliche Arbeit, mit der er sich und seine Familie mehr schlecht als recht über Wasser halten konnte. So sollte er eines Tages übersetzen, dass Extrakte aus der Rinde des südamerikanischen Chinabaums, kurz Chinarinde genannt, als Arznei für Malariakranke deshalb wirksam seien, weil sie deren Magen stärken. Er zweifelte nicht an der Wirkung, denn er hatte selbst einige Jahre zuvor eine Malaria-Infektion mit Chinarinde kuriert, aber die Begründung wollte ihm nicht einleuchten. Sein Widerspruchsgeist regte sich, und so probierte er das Mittel kurzerhand an sich selbst aus. Das Fieber, das er dann an sich beobachtete, erinnerte ihn an die Fieberschübe während der Krankheit. Dieser Moment war, wenn man so will, die Geburtsstunde der Homöopathie.
Chinarinde, Malaria und das Simile-Prinzip
    Der Vorfall musste für Hahnemann eine Art Erweckungserlebnis gewesen sein. Endlich meinte er den Grund für das  kolossale Scheitern der Medizin gefunden zu haben: Sie ging, so war er sich nun sicher, Krankheiten völlig falsch an, nämlich nach dem Prinzip des »contraria contrariis«, indem sie Krankheiten mit Mitteln behandelte, die den Symptomen entgegenwirkten und sie zu unterdrücken versuchten. Richtig war vielmehr, wie es sein Selbstversuch nahelegte, dass sich eine Krankheit durch ein Mittel heilen lässt, das bei einem Gesunden eine »künstliche Krankheits-Affektion«, also eine Art »Arzneikrankheit« mit ganz ähnlichen Symptomen, hervorruft. Das Erlebnis war offenbar so befreiend für ihn, dass er, der sonst so kritisch dachte, seine Beobachtung nicht weiter hinterfragte oder gar überprüfte. Er erhob sie vielmehr zum allgemeingültigen Prinzip, zur unumstößlichen, gottgegebenen Wahrheit. Er nannte das Prinzip »similia similibus curentur«, was so viel meint wie Ȁhnliches mit Ähnlichem heilen«.
    Dieses Simile-Prinzip ist eine der

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