Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
auf.
Also gut, Corvis, reiß dich zusammen. Du bist ein gefürchteter Kriegsfürst. Der Schrecken des Ostens. Du lässt dich doch wohl hoffentlich nicht von einem Forst aufhalten?
Corvis schüttelte seine Bedenken ab und murmelte eine simple Beschwörung. Die Umgebung begann tatsächlich heller zu werden, unmerklich zunächst, doch dann immer schneller. Corvis sorgte dafür, dass das Licht nur gedämpft glühte und kaum heller war als eine kleine Laterne. Er wollte zwar etwas sehen, aber er wollte auch möglichst wenig Bewohner dieses Ortes aufschrecken. Und das gelang ihm wohl kaum, wenn er versuchte, die Umgebung in einem Umkreis von hundert Schritten taghell zu erleuchten.
Nachdem er etwas mehr sehen konnte als nur die Bilder vor seinem inneren Auge, studierte Corvis die Umgebung. Dabei behielt er die Hand stets dicht über dem Griff von Spalter.
Die Erde unter seinen Füßen war fest und schwer und klebte hartnäckig an den Sohlen seiner Stiefel, während er sich weiter in die Finsternis vorwagte. Hier und da ragte ein kleiner Schößling, ein winziger Busch oder eine große Wurzel in den Pfad hinein, aber im Großen und Ganzen schien er auf einem Weg unterwegs zu sein, der durch den Wald gerodet worden war. Auf beiden Seiten erhoben sich Bäume, deren Blätter zu dunkel waren, als dass er sie hätte erkennen können; sie wirkten wie Soldaten einer gnadenlosen, disziplinierten Armee. Er sah immer nur jeweils eine Handvoll davon, wenn er an ihnen vorbeiging und das Licht, das er wirkte, sie beschien, und ebenso rasch verschwanden sie hinter ihm wieder in der allgegenwärtigen Dunkelheit, aus der ihre Welt bestand.
Dass die Äste zitterten, wenn das Licht sie berührte, dass die Zweige und die Blätter vor dem Schein zurückzuckten … Das liegt sicher nur an dem Spiel des Windes und dem Rascheln der kleinen Tiere im Gebüsch, sagte er sich. Oder etwa nicht?
Das Dach aus miteinander verschlungenen Zweigen und schweren Blättern über ihm lag tief im Schatten, außerhalb der Reichweite seines spärlichen Lichtes. Corvis hatte das Gefühl, dass es auch dann wie ein dunkler, bedrohlicher Schleier wirken würde, wenn er den Lichtzauber mit aller Macht gewirkt hätte, die ihm zur Verfügung stand.
Das Rauschen der Bäume wurde lauter. Corvis hörte das sanfte Flüstern, mit dem das Laub gegeneinander rieb, das Knarren und Knarzen von Zweigen und Ästen. Die Schatten der riesigen Bäume tanzten ihm über Gesicht und Arme wie Phantome, die drohend nach seinen Augen, seinem Verstand, ja, seiner Seele griffen.
Schatten? Auf seinem Gesicht? Corvis schluckte, aber sein Hals war so trocken, als hätte er Wüstensand gegessen. Er hatte den Bann gewirkt, und damit war er die einzige Lichtquelle hier! Demnach hätte er Schatten werfen sollen. Und sonst nichts.
Ungeachtet dessen tanzten die flackernden Schatten weiter vor ihm. Selbst als er mit wachsender Sorge nach rechts und links blickte, fest entschlossen, die Schatten seiner Gestalt auf den Bäumen zu entdecken, sah er nichts als eine dämmrige Wand, einen Vorhang von undurchdringlicher Finsternis, der sich jenseits der ersten von zahllosen Reihen uralter Waldgiganten erstreckte. Er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten, und der Schrecken des Ostens konnte kaum ein Schaudern unterdrücken.
Langsam drehte sich Corvis um und blickte den Weg zurück, den er gekommen war. Er hatte bis jetzt höchstens ein Dutzend Schritte in die dichte, unnatürliche Nacht des Theaghl-Gohlatch gemacht. Dennoch war er nicht im Entferntesten überrascht, als er feststellte, dass der Weg hinter ihm wie versiegelt wirkte. Das passte einfach zu gut. Wo zuvor ein Portal gewesen war, ein bedrohliches zwar, aber ein durchaus funktionelles, sozusagen eine Öffnung in diese vergessene Welt von Licht und Leben, stand jetzt nur noch unerbittlicher Forst. Reihe um Reihe unzähliger Bäume, die sich zwischen ihm und dem befanden, was da draußen war.
Da Corvis keine andere Möglichkeit hatte, ging er einfach weiter.
Eins will ich zugeben: Falls, nein, wenn ich hier wieder herauskomme, werde ich Davros Legenden und Aberglaube erheblich mehr Beachtung schenken!
Erst etliche Schritte später, als er sich an die fremde Umgebung so weit gewöhnt hatte, wie es ihm nur möglich war, drangen weitere Einzelheiten in sein erstarrtes Bewusstsein. Er nahm allmählich weitere Geräusche wahr, leise, fern und gedämpft zwar, aber dennoch die ganze Zeit über präsent. Der Ruf einer Eule, das Keckern
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