Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Teppich aus geborstenen Steinen. Reste von Türmen ragten aus den Trümmern, geschwärzt von Rauch und Ruß, und so schief, dass sie den Eindruck erweckten, jederzeit umstürzen zu können – vielleicht verhinderte nur das erstarrte Eisen weiter unten, dass sie fielen. Hier und dort zeigten sich halb verbrannte Überbleibsel von Möbeln. Der Geruch war eine unangenehme Mischung aus Schmiede und Schlachthaus.
Ein armseliges Vermächtnis für einen Halbgott, der über ein halbes Jahrtausend unangefochten geherrscht hatte.
»Wir sind tot«, hauchte Gork.
»Nein.« Cræosh wandte schließlich den Blick von der Burg ab, vom Symbol dessen, wofür er sein ganzes Leben gekämpft hatte. »Nein, wir haben den Krieg verloren, aber wir sind nicht tot.«
»Wir sind so gut wie tot«, beharrte Gork.
»Nein! Hör mir zu, du kleiner verkackter Mistkerl! Wir leben! Und es ist mir egal, wie gründlich Dororams Heer vorgegangen zu sein glaubt – Völkermord ist nicht leicht! Bestimmt haben da draußen noch viele andere von uns überlebt! Wir verstecken uns erst einmal; später machen wir uns auf die Suche und finden die anderen Überlebenden! Und wenn ich eine verdammte Ewigkeit warten muss, ich werde sehen, wie Dororams verdammtes Königreich fällt! Hast du verstanden?«
»Ja, Cræosh«, sagte Gork gleichgültig. »Klar.«
»Wohin die Gefangene verschwunden ist?«, fragte Jhurpess plötzlich. Und tatsächlich: Dort, wo Belrotha sie auf den Boden gelegt hatte, war nur noch ein Haufen aus schmutzigen Laken und losen Stricken zu sehen.
»Sollen wir sie … verfolgen?«, fragte Katim.
Der Ork schnitt eine Grimasse. »Hat keinen Sinn. Wir müssen weg sein, bevor uns Dororams Soldaten finden.« Er sah sich um und deutete dann auf die Berge von Dendrakis. »Dort verstecken wir uns irgendwo und warten ab, was geschieht.«
Er hatte sich bereits umgedreht, als Katim nickte, und deshalb bemerkte er ihren Blick nicht, der den Bergpässen galt, und den gefährlichen Felsvorsprüngen, wo man leicht den Halt verlieren und in die Tiefe stürzen konnte.
Langsam und niedergedrückt, voller finsterer Gedanken, stapfte das Dämonen-Korps fort von den Trümmern der Eisernen Burg. Mit einer Ausnahme.
Belrotha, voller Kummer, konnte sich noch nicht von den Ruinen abwenden. Sie blieb stehen, als sich ihre Gefährten entfernten, und starrte fassungslos auf das Bild der Vernichtung vor ihr.
Sie waren stark! Der Leichenkönig war stark! Sie hätten siegen sollen! Sie mussten siegen! Es durfte nicht auf diese Weise enden!
Belrotha wusste nicht viel, und manchmal begriff sie sogar, dass sie nicht viel wusste. Aber ihr Wissen um den Dunklen Lord war absolut, ihr Vertrauen in seine Macht unerschütterlich. Dies konnte nicht geschehen sein; er hätte es kommen gesehen und Vorkehrungen getroffen! Belrotha rechnete jeden Augenblick damit, dass er aus dem Nichts erschien und erklärte, dies alles sei Teil eines großen Plans. Jeden Augenblick …
»Belrotha! Kommst du mit oder willst du einfach nur dastehen und vor dich hin keuchen?«
Die Ogerin sank auf die Knie. Dies war tatsächlich wahr . Der Leichenkönig erschien nicht. Es gab keinen Plan, keinen Sieg. Sie hatten völlig umsonst gekämpft. Gimmol war ohne Grund gestorben. Belrotha ließ traurig den Kopf hängen … und blinzelte.
Sie hätte schwören können, dass sich dort etwas bewegte. Die eiserne Schlacke zog sich wie eine Welle zurück.
Belrotha streckte die Hand nach dem Gegenstand aus, so vorsichtig, als befürchtete sie, sich zu verbrennen oder gebissen zu werden. Sie wusste nicht, wie das Objekt die an diesem Ort entfesselten Gewalten hatte überstehen können, ganz zu schweigen davon, wie es inmitten dieser Ruinen zu ihr gekommen war. Zugegeben, es steckte halb in der Schlacke, aber das war kein Problem. Ein lautes Knacken, und Belrotha hielt es in der Hand.
Verwundert blickte sie auf die angelaufene Silberkrone. War sie wirklich zu ihr gekommen, oder hatte sie einfach nur großes Glück gehabt, sie ausgerechnet hier, an dieser Stelle, zu finden? Weitaus klügere Köpfe als Belrotha hätten lange darüber nachgedacht; sie hielt es einfach für ein Zeichen.
Die Krone hatte den Tod ihres früheren Besitzers überstanden. Was auch für das Korps galt.
Ja, der Leichenkönig hatte versagt, aber Gimmol war eigentlich nicht für ihn gestorben, sondern für Kirol Syrreth, und Kirol Syrreth würde sich wieder erheben.
Mit der Krone in der Hand erhob sich Belrotha und folgte ihren
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