Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Gefährten rasch, bevor sie in der Ferne verschwanden. Der Weg führte über zertrümmerte Felsen, steinige Ebenen und dann vorbei an den ersten Vorbergen. Immer wieder wandte Belrotha den Blick von ihrer Umgebung ab und betrachtete den silbernen Reif in ihrer Hand. So angelaufen das Silber auch war, und trotz der Wolken: Es glänzte. Belrotha fragte sich, ob die Krone trotz der geringen Größe vielleicht auf ihren Kopf passte.
Wie von ganz allein glitt ihre Hand nach oben …
Der nächste Berggipfel war so weit entfernt, dass Vigo Havarren eigentlich gar nichts hätte sehen dürfen, aber er beobachtete trotzdem, wie das Dämonen-Korps die Ruinen der Eisernen Burg verließ. Er sah ihre Gesichter und hörte, was sie sagten. Vielleicht, dachte er, hatten sie sogar eine Überlebenschance. Falls sie sich nicht gegenseitig umbrachten.
Havarren drehte sich um, hob die Hand und riss sich mit einer abrupten Bewegung die Haut vom linken Arm. Er seufzte wohlig und bewegte die Finger, froh darüber, sich endlich von der menschlichen Tarnung befreien zu können!
Er konzentrierte sich und sammelte seine Willenskraft, wie es ihm seit sechshundert Jahren nicht mehr möglich gewesen war. Und dann lachte er, vergoss fast Tränen echter Freude, als er plötzliche Hitze fühlte und erneut die Schreie der Verdammten hörte. Nur noch ein Schritt …
Sein Gesicht, noch immer hinter einer Maske aus sterblichem Fleisch verborgen, verzog sich zu einem Ausdruck der Verwirrung. Für einen Moment hatte er ein vertrautes Ziehen gespürt, schwach, ganz schwach, kaum ein Echo der Verbindung mit dem untoten Geschöpf, das Havarrens Seele besessen hatte. Das vage Zerren war nicht annähernd stark genug, um ihn festzuhalten, aber dass er es spürte, beunruhigte ihn trotzdem. Ohne Morthûl hätte die Verbindung überhaupt nicht mehr existieren dürfen. Er hätte überhaupt nichts fühlen sollen, nicht einmal dies.
Havarren zuckte die Schultern, seine letzte menschliche Geste, wenn es nach ihm ging. Vermutlich handelte es sich um eine Restenergie des Zaubers. Immerhin hatte die Verbindung sehr lange bestanden. Es spielte keine Rolle; wichtig war jetzt nur noch, dass er heimkehren konnte.
Mit einem letzten Blick in die Runde – durch den planetengroßen Käfig, in dem er gefangen gewesen war – brach jenes Wesen auf, das die Menschen Vigo Havarren genannt hatten. Die Natur schien erleichtert zu seufzen, als das Gewicht eines Dämonenprinzen von ihr genommen wurde. Und an einem anderen, tieferen Ort schrien die Seelen der Verdammten etwas lauter.
EPILOG
Ananias duMark, Halbelf, mächtigster lebender Zauberer und größter Held des sogenannten Hordenkrieges, schlug die Tür zu und erlaubte sich ein lautes erleichtertes Seufzen. Eine weitere blumige, endlose Ansprache oder ein weiteres Lied, verfasst von den »besten Barden des Landes« zu Ehren ihres Sieges, und er hätte entweder gekotzt oder damit begonnen, die Leute in der Nähe in etwas Unangenehmes zu verwandeln. Vielleicht sogar beides.
Und wenn er sich vorstellte, dass er dies jedes Jahr ertragen musste! Götter im Himmel, es reichte! Dies war der dritte Jahrestag des Sieges der Verbündeten Königreiche über Kirol Syrreth, und nach den Feiern zu urteilen, hätte man glauben können, dass der Krieg erst vergangene Woche zu Ende gegangen war.
Jedes Jahr an diesem Tag fand eine Parade mit Girlanden und Fahnen statt. Zusammen mit König Dororam, seiner einfältig lächelnden Königin, Lidia Lirimas und einem Dutzend anderer musste duMark stundenlang auf dem Podium stehen, winken und lächeln, bis ihm Mund und Kiefer wehtaten. Bisher war es duMark gelungen, seine Ungeduld im Zaum zu halten, indem er sich vorstellte, sie alle wie Käfer zu zertreten, aber allmählich erreichte er einen Punkt, an dem solche Fantasien nicht mehr genügten.
Langsam, den Rücken an die Tür gedrückt, öffnete der Halbelf die Augen. Dieses Haus hatte ihm schon gehört, als Dororam noch nicht König von Shauntille gewesen war, aber seit dem Hordenkrieg fühlte es sich irgendwie anders an. Das verdammte Dämonen-Korps war schuld daran. Wie sehr er sich auch bemüht hatte, alles in Ordnung zu bringen, er konnte nicht vergessen, was das Korps angerichtet hatte. Zorn schüttelte den Zauberer, denn dieser Tag erinnerte ihn nicht nur an den Sieg, sondern auch an das schreckliche Schicksal, das seinen Gefährten widerfahren war.
Natürlich wusste er inzwischen, wie sich Cræosh, Katim und die anderen
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