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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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schlimmer als ein hingeworfener Fehdehandschuh, hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Schlag ins Gesicht. Harrys große Hände ballten sich zu Fäusten, und seine Miene wurde grimmig. Sein Tonfall blieb jedoch unverändert höflich. »Und dennoch verlangt er eines Königs Lösegeld?« Er zog spöttisch eine Braue hoch. »Ein treffliches Beispiel für den französischen Umgang mit der Wahrheit.« Der Herold wollte etwas einwenden, doch Harry hob gebieterisch die Hand. »Ich habe die Botschaft des Konnetabel sehr wohl verstanden, Sir. Und meine Antwort ist dies: Wenn er mich hindern will, nach Calais zu marschieren, dann muss er mich aufhalten. Wenn er ein Lösegeld für Harry von England will, muss er mich auf dem Feld erschlagen und meinen Leichnam plündern, wie ihr es ja so gerne tut. Doch wenn er klug ist, lässt er mich weiterziehen, denn wer immer sich mir in den Weg stellt, den werde ich vernichten.«
    Der Herold betrachtete ihn einen Moment schweigend. Seine Miene drückte Hochachtung, Unverständnis und Mitgefühl aus. »Mit diesem traurigen Häuflein?«, fragte er leise.
    Harry nickte, ein kleines Lächeln auf den Lippen. »Wenn es sein muss, mit diesem traurigen Häuflein, ja. Und nun geht mit Gott, Sir.«
     
    Der einst so unbekümmerte, großmäulige und ungestüme Hugh Fitzalan starb kurz vor Tagesanbruch in Johns Armen. Bis zum Ende weinte er vor Angst und Wut über das sinnloseVerlöschen seines jungen Lebens, gänzlich ungetröstet von der Letzten Ölung, die der Kaplan des Königs ihm erteilt hatte.
    Doch wenn John geglaubt hatte, dass es nun eigentlich nicht mehr schlimmer werden könne, hatte er sich gründlich geirrt. Der König war in Eile, und darum legten sie in den folgenden drei Tagen eine weitere Strecke zurück als in den fünfen zuvor. Harry rechnete damit, dass sich ihm das französische Heer früher oder später in den Weg stellen würde, und ehe das geschah, wollte er ein Gelände erreichen, in welchem die Bogenschützen am wirksamsten zum Einsatz kommen konnten. Denn auf den Bogenschützen ruhten wieder einmal alle englischen Hoffnungen. Also marschierten sie beinah doppelt so schnell wie in den Tagen zuvor, sodass zu Hunger und Kälte noch völlige Erschöpfung kam. Doch die Gesunden stützten oder trugen die Kranken, und es ging besser, als John für möglich gehalten hätte. Bis sie am vierundzwanzigsten Oktober, keine fünfundzwanzig Meilen mehr von Calais entfernt, den kleinen Fluss Ternoise überquerten und vom hohen Ufer hinab in die Ebene blickten.
    »Oh, heiliger Georg, steh uns bei …«, brachte der junge Gloucester hervor.
    Der König, die übrigen Lords und sein Gefolge, die wie immer an der Spitze geritten waren, starrten sprachlos auf das Bild des Schreckens, das sich ihnen bot: In dem lang gezogenen Tal dort unten hatte sich ein französisches Heer versammelt – eine so ungeheuerliche Zahl von Soldaten, wie keiner von ihnen sie je zuvor gesehen hatte. Und noch während sie hinschauten, kamen immer neue Reihen Berittener oder Fußsoldaten zwischen den Bäumen hervor, immer dichter wurde das Gewühl. Das ganze Tal war schwarz von Menschen.
    Wie ein Heuschreckenschwarm, dachte John benommen.
    »Tja«, machte Raymond abschätzig. »Das sind ein paar mehr als die fünftausend, die unsere Kundschafter am Nordufer der Somme gezählt haben. Das steht mal fest.«
    Der König warf ihm einen raschen Blick zu, womöglich erleichtert, auf jeden Fall aber erstaunt über den unbekümmerten Tonfall. »Wie viele, Raymond? Was schätzt Ihr?«
    »Schwer zu sagen, Sire. Ich habe eine solche Masse an Menschen nie zuvor gesehen.« Er zählte die ersten hundert Mann der vordersten französischen Linie ab und versuchte, sie ins Verhältnis zu dem gesamten Heer zu setzen. Das Ergebnis seiner Bemühungen erschütterte sogar Raymond. »Vierzigtausend.« Oder fünfzig, fügte er in Gedanken hinzu.
    Der König nickte. »Unser geliebter, schwachsinniger Onkel Charles muss wahrhaftig große Furcht vor uns haben, dass er uns so etwas hier entgegenstellt …«
    Niemand brachte auch nur ein mattes Lächeln zustande. Alle wussten, dass das, was sie dort unten sahen, ihr Todesurteil war.
    Der junge Sir Walter Hungerford verlor die Nerven. Er schlug die Hände vors Gesicht und murmelte erstickt: »Das ist hoffnungslos. Hätten wir doch nur zehntausend Bogenschützen mehr …«
    »Ihr redet wie ein Narr«, fiel Harry ihm schneidend ins Wort. »Es ist nicht hoffnungslos. Sagt mir, Hungerford, seid Ihr ein

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