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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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draußen, aber es war eine Wohltat, dem Regen für ein paar Augenblicke zu entkommen. Auf dem kleinen Tisch in der Zeltmitte stand ein Öllicht. Im schwachen Schimmer erkannte John die Lords, die um den Tisch herum saßen: des Königs Brüder, sein Onkel Exeter und sein Cousin, der Duke of York.
    »Ich bitte um Verzeihung, Mylords«, murmelte John verlegen. »Ich suche meinen Bruder. Könnt Ihr mir vielleicht sagen …«
    »Er ist mit dem König gegangen«, antwortete Exeter. Dann lächelte er hinter seinem buschigen Bart. »Warte nur hier auf ihn, Junge. Wir haben keine geheimen Taktiken zu beraten, sondern warten nur, dass es Tag wird.«
    »Alle Taktik ist wohl hinfällig. In Anbetracht der Umstände«, murmelte Gloucester düster.
    Das trug ihm einen finsteren Blick seines Bruders Clarence ein, aber ehe der etwas erwidern konnte, sagte Exeter beschwichtigend: »Nun fangt nicht schon wieder an zu streiten. Lasst uns abwarten, was der Morgen bringt.«
    Gloucester schien sagen zu wollen, dass sie wohl alle verdammt gut wüssten, was der Morgen bringen würde, aber er beherrschte sich und kaute stattdessen an den Nägeln. Die Geräusche, die er dabei verursachte, wirkten unglaublich laut in der drückenden Stille.
    John setzte sich in der Ecke neben dem Zelteingang auf den Boden, die Arme auf den angezogenen Knien verschränkt und den Kopf darauf gebettet. So schlummerte er ein. Er hatte auf dem Marsch von Harfleur hierher gelernt, in jeder möglichen und unmöglichen Position zu schlafen, nass oder trocken, satt oder hungrig, warm oder durchfroren und notfalls auch im Stehen. Und er hatte gelernt, schnell aufzuwachen. Als er die Stimme seines Bruders sagen hörte: »Wenn es weiter so schüttet, werden wir alle im Schlamm ersoffen sein, ehe ein einziger Streich gefallen ist«, hob er rasch den Kopf und kam auf die Füße.
    Niemand bemerkte ihn in seiner dunklen Ecke.
    »Die Stimmung der Männer ist besser, als ich zu hoffen gewagt hatte«, berichtete der König, der offenbar zusammen mit Raymond eingetreten war. »Sie sind zu allem entschlossen. Welche Tapferkeit …«
    »Und welche Verschwendung von Tapferkeit«, warf Gloucester ein.
    Der König betrachtete ihn mit einem nachsichtigen Kopfschütteln. »Ist es möglich, dass mein eigener Bruder wankt, während der niedrigste meiner Soldaten steht?«
    Gloucester fuhr von seinem Schemel hoch. »Ich wanke nicht. Aber es ist Irrsinn , Harry! Du musst verhandeln, sonst hat England morgen Abend keinen König mehr. Und was dann? Wir haben einfach keine Chance gegen so viele. Kein englischer König hat je eine Schlacht gegen eine solche Übermacht gewonnen! Es ist … vollkommen aussichtslos!«
    »Das wäre es nur dann, wenn mehr Männer so denken würden wie du«, entgegnete der König kühl.
    Gloucester warf verzweifelt die Arme in die Höhe. »Was ist nur in euch alle gefahren? Gottes Gnade ist ein hohes Gut, gewiss, aber verflucht, wir reden hier von zehn satten, trockenen, ausgeruhten Franzosen gegen einen hungrigen, kranken, entkräfteten Engländer! Seid ihr denn blind? Begreift ihr denn nicht, dass Harry morgen Abend in Ketten und blutend zu Füßen des Dauphin liegen wird? Dass Gottes Gnade sich womöglich darauf beschränkt, dass er dieses zweifelhafte Vergnügen noch erleben darf?«
    Das Bild war grauenhaft genug, um allen für einige Augenblicke die Sprache zu verschlagen.
    Schließlich sagte der König ruhig. »Diese Debatte ist sinnlos. Ich weiß deine Sorge zu schätzen, Humphrey, auch deine Sorge um meine Männer.« Er sagte es ohne Hohn, wäre nie darauf gekommen, seinem Bruder zu unterstellen, dieser wolle nur die eigene Haut retten. »Aber mein Weg steht fest, und ich weiß, dass Gott mit mir sein wird.«
    »Harry, du …«, begann Gloucester beschwörend.
    Doch John unterbrach ihn. Mit zwei Schritten hatte er den König erreicht und sank vor ihm auf die Knie. Das war nie seine Absicht gewesen, er war aus einem völlig anderen Grund hergekommen. Aber er hatte mit einem Mal erkannt, welch große Zweifel am Ausgang des morgigen Tages den König selbst quälten, ungeachtet all der schönen Worte. Er wollte ihm zeigen, dass er an ihn glaubte, wollte sich für die Güte und Freundlichkeit erkenntlich zeigen, die Harry ihm entgegengebracht hatte, und so tat er das Einzige, was ihm einfiel, um seinem König in dieser wahrhaft finsteren Stunde beizustehen. »Sire, erweist mir die Ehre und erlaubt mir, Eure Truppen am morgigen Tag zu verstärken, statt wie ein

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