Die Hueter Der Rose
sagte Raymond und nahm die gesunde Rechte des Jungen. Die Hand war so heiß, dass er sie um ein Haar hätte fallen lassen. »Das kommt wieder in Ordnung, Junge. Ehrlich, ich bin sicher. Bestimmt geht es dir dreckig, aber du wirst wieder, glaub mir.«
John regte sich und drehte den Kopf in seine Richtung, schlug die Augen jedoch nicht auf.
Mortimer und Edward waren ebenfalls hinzugetreten und sahen besorgt auf den Jungen hinab.
»Ja, ich glaube, Raymond hat ausnahmsweise Recht, John«, stimmte Edward zu, wenngleich er sich keineswegs sicher war.
»Hm. Sieht schlimmer aus, als es ist«, meinte auch Mortimer.
Edward fuhr John behutsam über den angesengten Schopf, dann wandte er sich an ihre Schwester. »Wo ist Vater?«
»Im Gestüt, denke ich. Aber er wollte zum Essen zurück sein.«
Robin of Waringham aß für gewöhnlich nicht mit seinem Haushalt in der großen Halle. Er bewohnte einen behaglichen Raum, der auf der Südseite des Bergfrieds über dem Rosengarten lag und wo er mit John, Joanna und deren Mann auch die Mahlzeiten einnahm.
Dort fand Edward ihn. »Vater.« Er verneigte sich höflich. »Ich hoffe, du bist wohl?«
Robin lächelte matt. Edwards Förmlichkeit hörte nie auf, ihn zu amüsieren. »Komm rein, mein Junge. Und sag nur, was du in Wirklichkeit meinst: Ich sehe mitgenommen aus. Das ist kein Wunder, weißt du. Ich bin mitgenommen.«
»Ja. Welch eine Serie von Schicksalsschlägen.«
Edward, so wusste Robin, war derjenige seiner Söhne, der am ehesten dazu neigte, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und ihren Kummer zu teilen.
»Raymond glaubt, John kommt durch«, fuhr Edward fort.
Robin wiegte den Kopf hin und her. »Ich hoffe, er hat Recht. Jedenfalls bin ich froh, dass ihr gekommen seid. Und jetzt erzähl mir, wie es war.«
Edward wusste, sein Vater meinte nicht die feierliche Krönungszeremonie in Westminster vor fünf Tagen, sondern er sprach vom Tod des Königs: Henry of Lancaster, der für Robin mehr als ein Sohn und für Edward mehr als ein Bruder gewesen war.
Edward brauchte eine Weile, ehe er antworten konnte. Der Verlust war noch zu frisch. Abwesend nahm er von einem Pagen einen gut gefüllten Becher entgegen und wartete, bis er mit seinem Vater allein war, trank aber nicht.
»Ich … ich dachte, er sei auf dem Wege der Besserung«, begann er schließlich. »Er wolle in die Abtei von Westminster, um am Schrein des heiligen König Edward zu beten, sagte er, und ich war froh. Wenn er nach Westminster reiten wollte, glaubte ich, müsse es ihm besser gehen. Aber kaum waren wirdort, brach er bewusstlos zusammen. Wir haben ihn ins Haus des Abtes getragen, es war das nächste. Er ist nur noch einmal kurz aufgewacht, erflehte Gottes Segen für Harry und seine übrigen Kinder und für England, dann … starb er.« Edwards Stimme drohte zu kippen. »Ein todkranker Greis von siebenundvierzig Jahren. Ausgebrannt, gänzlich am Ende seiner Kräfte. Aber jetzt hat er endlich Frieden.«
Robin nickte. »Den hat er verdient. Dreizehn Jahre lang hat er sich vergeblich um Frieden bemüht. Armer Henry. Unrast und Hader waren nur die Früchte dessen, was Richard gesät hatte. Aber Henry musste sie ernten. Ich sage dir ehrlich, Edward, ich habe mir oft gewünscht, ich hätte ihn damals nicht so bedrängt, die Krone zu nehmen.«
Sein Sohn sah ihn verblüfft an. »Aber du hattest völlig Recht, Vater! Er musste sie nehmen. Es gab keine andere Lösung. Hast du nicht damals zu ihm gesagt, er dürfe sich nicht drücken, nur damit die Chronisten schreiben, ›Henry of Lancaster war ein guter Junge‹?«
»Das hat er dir erzählt?«, fragte Robin.
Edward nickte mit einem wehmütigen Lächeln. »Oft. Immer, wenn die Last erdrückend wurde. Es hat ihn jedes Mal aufs Neue überzeugt, also solltest du jetzt nicht zweifeln.«
»Nein, das tue ich nicht«, entgegnete Robin versonnen. »Ich wünschte nur, es wären nicht so schwere, bittere Jahre gewesen. Er hatte ein besseres Leben verdient. Es ist seltsam, weißt du. Ein alter Seher hat einmal geweissagt, dass Henry in Jerusalem sterben werde. Ich bin wohl doch abergläubischer, als ich dachte, denn ich habe mir nie wirkliche Sorgen gemacht, obwohl ich natürlich wusste, wie krank er ist. Ich dachte immer: Er wird sich erholen und Gelegenheit haben, in Frieden alt zu werden zum Lohn für all seine Mühen. Solange er nur nicht wieder ins Heilige Land pilgert …«
Edward starrte ihn einen Moment fassungslos an. Schließlich sagte er: »Das Gemach
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