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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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und versuchte, sie mit seinem strahlenden Lächeln zu blenden. »Niemanden, den Ihr kennt«, versicherte er und verneigte sich nochmals vor ihr.
    Ihre Augen verengten sich ein wenig. »Ist es John?« Sie sah aus, als bereite es ihr körperlichen Schmerz, die Frage zu stellen.
    Hilfesuchend sah Raymond zu Beaufort, doch im gleichen Moment sagte Lady Adela: »Juliana, muss ich dich wirklich noch einmal bitten, mich hinauszubegleiten?« Sie sprach in diesem Tonfall überstrapazierter Geduld, den Juliana bei so vielen Erwachsenen hervorrief.
    Zögernd wandte das Mädchen sich von Raymond ab, warf ihrem Vater einen halb ängstlichen, halb vorwurfsvollen Blick zu, dann ergriff sie die ausgestreckte Hand ihrer Mutter und ging mit ihr zusammen hinaus.
    Ehe der Bischof ihn mit bitteren Vorwürfen überschütten konnte, hob Raymond beide Hände. »Tut mir Leid, Mylord. Tut mir Leid, ehrlich. Ich hab den Kopf verloren, als Eure beiden Helden mir die Tür versperren wollten. Ich bin nicht auf den Gedanken gekommen, dass …«
    »Ja, erspart mir die Aufzählung Eurer intellektuellen Unzulänglichkeiten, darüber bin ich hinreichend im Bilde«, unterbrach der Bischof unwirsch. »Sagt mir lieber, was Ihr in Erfahrung gebracht habt.«
    So hatte des Bischofs Bruder, König Henry, früher auch gelegentlich mit Raymond gesprochen, der so an den Tonfall gewöhnt war, dass er ihn kaum wahrnahm. Stattdessen schaute er auf die geschlossene Tür. »Woher kennt sie John?«
    »Durch einen dummen Zufall.«
    Raymond seufzte. »Ich wünschte, nur ein einziges Mal würde eine Frau so um mich bangen.«
    »Sie ist dreizehn Jahre alt, Waringham. In dem Alter neigen wir alle zu großen Gefühlen und tragischen Gesten.«
    »Ist das wahr? Nein, ich glaube, ich nicht, Mylord.«
    »Hm. Ihr seid eine Ausnahme von so mancher Regel. Also?« Mit einer Geste bot Beaufort Raymond einen der gepolsterten Stühle am Tisch an und nahm ihm gegenüber Platz. Da der Bischof von höherer Geburt und höherem Stand war als sein Gast, übernahm Raymond das Einschenken. Er trank einenordentlichen Schluck des hervorragenden umbrischen Rotweins, ehe er endlich berichtete: »Einer Eurer Spione hat ihn gefunden, ein Sergeant im Dienste eines bretonischen Adligen, du Château oder so ähnlich.«
    Beaufort stellte seinen Becher unberührt beiseite. »Du Châtel. Er ist der fähigste Kopf der Dauphinisten. Seit d’Armagnacs Tod hat er dort alle Fäden in der Hand, und er kontrolliert den Dauphin. Weiter.«
    »John ist auf einer Burg unweit von Jargeau gefangen, die der Dauphin hält. Als ich das erfahren habe, habe ich umgehend einen Vermittler hingeschickt, um ein Lösegeld auszuhandeln. Aber er kam ohne Angebot zurück. Sie … behaupten, sie wüssten nichts von John. Sie haben offensichtlich kein Interesse daran, ihn zu verkaufen.« Raymond unterbrach sich und ballte die Fäuste, ohne es zu merken.
    »Glaubt Ihr, Euer Bruder ist tot?«, fragte der Bischof leise.
    Raymond schüttelte den Kopf. »Aber so gut wie. Einer der drei Kerle, die ihm und Tudor aufgelauert haben, war bei Agincourt. Er nimmt seine Rache an John für den Ausgang der Schlacht, sagt Euer Spion.«
    »Wer ist es?«
    »Ein gewisser Victor de … de Chinon.«
    Beaufort stand auf, trat an eine Truhe neben dem mit golddurchwirkten Vorhängen versehenen Bett, klappte den Deckel auf und förderte ohne langes Suchen eine Pergamentrolle zu Tage. Diese trug er zum Tisch, entrollte sie und beschwerte die Enden mit seinem unberührten Becher und dem silbernen Weinkrug. Dann fuhr er mit einem langen, schmalen Zeigefinger die Zeilen entlang. »Ich wusste doch, dass ich den Namen kenne«, murmelte er. Er schaute wieder auf. »Mein Bruder Exeter hat diesen Victor de Chinon bei Agincourt gefangen genommen. Dass der Mann noch lebt, ist ein Wunder. Dass er auf Engländer schlecht zu sprechen ist, ist keines.«
    Raymond vergrub das Gesicht in den Händen. Grauenvolle Bilder überfielen ihn, wann immer er an John dachte. Von Dunkelheit und Ratten, die für ihn selbst die schlimmsten Schreckendarstellten. Von Ketten, zuschlagenden Fäusten und Folterwerkzeugen. Ihm wurde hundeelend von diesen Bildern, und er wusste einfach nicht, was er tun sollte, um sie zu vertreiben. Er fürchtete um seinen Bruder, merkte erst jetzt, da es vermutlich zu spät war, wie schlecht er auf ihn verzichten konnte.
    »Raymond, Ihr müsst Euch zusammennehmen«, mahnte Beaufort. Es klang nachsichtig und ungeduldig zugleich.
    Raymond richtete sich auf

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