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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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konnte mit hölzernen Ringen nach kleinen Leckereien oder Schmuckflaschen zielen, die johlend in Empfang genommen wurden, wenn der Werfer getroffen hatte. Wettkämpfe im Laufen, Springen und Steinwerfen wurden lauthals angekündigt; sogar Frauen und Kinder durften teilnehmen. Überall waren tönerne Glückstöpfe aufgestellt, gespickt mit kleinen Zetteln, von denen die meisten allerdings Nieten enthielten, die aber dennoch lebhaft nachgefragt wurden. Tonkrüge voll Kirchweihbock machten die Runde, hier und dort hatte es bereits die ersten Schlägereien gegeben, die mehr als eine blutige Nase gekostet hatten.
    Etwas Flirrendes hing in der klaren Oktoberluft, die alle Schatten scharf zeichnete. Die Sonne wärmte noch, aber im Wind, der ab und zu auffrischte und die weiß-roten Zachäusfahnen blähte, die überall von den Kirchtürmen flatterten, konnte man die kommende Kälte schon spüren. Blätter wirbelten über den Marktplatz, bunt wie die Kleider der Bamberger Frauen, die sich für dieses Fest besonders herausgeputzt hatten.
    In der Nähe des Fischbrunnens hatte man einen Tanzboden aufgebaut, um den sich die jungen Burschen versammelten. Die Spielleute übten bereits, stimmten ihre Instrumente und ließen probeweise Sackpfeifen, Schalmeien, Schlüsselfiedeln und Trommeln erklingen. Doch die jungen Mädchen, die diese Musikfetzen eigentlich anlocken sollten, ließen sich Zeit, flanierten zwischen den Ständen der Lebzelter umher und schienen sich kaum losreißen zu können von dem Angebot an Küchla, Striezel und anderem Schmalzgebackenen.
    Selina hatten sie irgendwo im Trubel verloren. Marie machte es nichts aus, weil sie daran gewohnt war, dass das Mädchen eigene Wege ging, aber Veit, bei dem sie sich eingehakt hatte, schien plötzlich beunruhigt.
    »Sie kommt schon wieder«, sagte Marie. »Spätestens dann, wenn sie hungrig ist. Nach Hause hat sie bisher noch allemal gefunden.«
    »Ich mache mir trotzdem Sorgen. Irgendetwas hat sie verändert. Ich erkenne sie kaum wieder. Seit einiger Zeit behandelt sie mich, als ob ich ihr Feind wäre.«
    »Sie wird langsam erwachsen. Vielleicht ist es das.« Sie musste an ihren Vater denken, der in so warmen Worten über Selina geredet hatte.
    Sie spürte, wie Veit sich neben ihr plötzlich versteifte. Überrascht sah sie ihn an. Sein Gesicht war undurchdringlich. Nur das Flackern der grünen Augen verriet, dass ihn etwas beunruhigte.
    Die lachende Frage, die sie schon auf den Lippen gehabt hatte, sprach Marie nicht mehr aus. Etwas machte ihr die Kehle eng. Da war sie wieder, seine Geheimnistuerei, gegen die sie nicht ankam!
    Sie fragte ihn nicht, aber sie ließ ihre Blicke nun um einiges aufmerksamer über den Kirchweihmarkt gleiten. Ein Stück entfernt entdeckte sie Agnes Pacher in einem prächtigen Seidenkleid an der Seite Harlans; sie starrte mürrisch zu ihnen herüber, während der Holzhändler ihnen freundlich zuwinkte.
    Nein, dorthin schaute Veit nicht.
    Genau genommen sah er nirgendwohin, sondern starrte verbissen auf den Boden. An einem der Stände wurden geräucherte Fische verkauft, in mundfertige Stücke geschnitten, die offenbar großen Anklang fanden, denn es drängten sich Große und Kleine davor.
    Sie machte ein paar Schritte nach vorn, um besser sehen zu können. Die Frau, die sie anbot, hatte braunes Haar, feste Lippen und ein klares Gesicht, aus dem das Lächeln verschwand, als sich ihre Blicke kreuzten. Schnell kehrte es wieder zurück, aber deutlich gezwungener.
    Ob das diese Ava war, über die der Stoffhändler geredet hatte?
    Ja, sie musste es sein. Marie war sich auf einmal ganz sicher.
    »Mir ist nicht gut, ich fühle mich ganz schwach«, hörte sie Veit hinter sich murmeln. »Vielleicht hat Stoiber mir zu viel Blut abgezapft. Ich muss mich niederlegen. Aber du kannst ja …«
    »Dann geh schon vor. Ich bleibe noch«, sagte Marie. »Es ist nur einmal im Jahr Kirchweih.«

    « Ihr hättet nicht herkommen dürfen.« Apollonia Kriegers Stimme war voller Abwehr. »Das hatten wir doch vereinbart.«
    »In der Höhle des Löwen ist es manchmal am sichersten«, sagte Kilian Haag. »Vor allem, wenn er auf der Jagd ist. Förner wird kaum vorzeitig die Messe abbrechen, nach dem ganzen Brimborium, das er heute veranstaltet hat. Und ich warte schon ungeduldig auf Neuigkeiten.«
    »Aber es gibt keine. Alles, was ich weiß, hab ich Euch gesagt. Er arbeitet, er betet. Meistens mit dem hässlichen Stachelzeug um sein Bein. Er denkt, ich weiß es nicht, weil ich es

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