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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Bescheid.« Er ließ sein Messer sinken.
    »Und was ist das hier?« Hanna stieß die Schüssel mit dem Hirsebrei ein Stück beiseite. »Warum sollte heute Hirse auf den Tisch kommen? Doch nur, damit die Seelen für einen Tag und eine Nacht aus dem Fegefeuer befreit werden! So heißt es doch bei euch, oder? Das ist kein Aberglaube? Dass ich nicht lache!«
    »Es sind alte Bräuche, nichts weiter. Nur ein paar Überlieferungen …«
    »Das sind meine Äpfel und Nüsse auch. Und hinter ihnen steckt ein Wissen, um vieles älter und heiliger als das, was eure Pfaffen von der Kanzel plärren.«
    »Ich weiß nicht, was das Ganze soll. Wen meinst du denn mit diesem verdammten euch und uns ?«
    »Dring nicht weiter in mich, Pankraz Haller. Ich kann und ich werd es dir nicht sagen.«
    Hanna stand abrupt auf. Sie hatte ihr bestes Kleid an, aus festem dunkelrotem Tuch, das ein geschnürtes Mieder hatte und viel von ihrem üppigen Busen zeigte. Der ideale Rahmen für jeden Schmuck. Aber ihr Hals war blank. Zum ersten Mal seit Tagen trug sie das Bernsteinherz nicht.
    Er fühlte, wie ihm die Brust eng wurde. Er mochte sie, er mochte sie immer mehr. Doch seine Gefühle schienen bei ihr auf keine Resonanz zu stoßen. In den letzten Tagen war sie besonders sperrig gewesen. Auf einmal kam er sich alt vor, alt und mutlos.
    »Du willst wirklich schon weg? Aber ich dachte, wir könnten heute zusammen …« Pankraz verstummte. Bei Licht betrachtet, war es gar nicht so schlecht, dass sie eigene Wege ging. Wie hätte er es ihr sonst erklären sollen, dass er später auch noch einmal wegmusste, mitten in der Nacht?
    »Sieh mich nicht so an, Braumeister«, unterbrach sie ihn.
    »Wie seh ich dich denn an?«
    »Das weißt du ganz genau. Aber das darfst du nicht. Wir taugen nicht füreinander. Und das weißt du ebenfalls.«
    »Weshalb bist du dir da so sicher?«
    »Weil ich es bin.« Langsam begann sich ihr Gesicht zu röten. »Ich koche für dich. Ich halte dein Haus sauber. Wir können reden. Und manchmal essen wir auch zusammen, weil du es so willst. Mehr ist nicht zwischen uns. Mehr kann nicht sein. Hast du das verstanden?«
    Er nickte, langsam, wie im Traum.
    »Eines noch«, sagte er, während seine Hand nach dem Glas griff, als könne es ihm Halt geben. »Und wenn du auch nicht darauf antwortest, so will ich dich doch danach fragen.«
    Hatte sie genickt? Pankraz entschloss sich, die kleine Bewegung als Zustimmung zu deuten.
    »Wo gehst du jetzt hin, Hanna? Verrätst du mir wenigstens das?«
    »Es gibt Fragen, die besser nie gestellt würden«, sagte sie. »Rechne morgen nicht mit mir. Und vergiss nicht, die Lichter zu löschen.«

    Damian Keller verbarg sein Erschrecken, als er den Fürstbischof in einem Sack baumeln sah. Es war ein unförmiges Gebilde, zusammengestichelt aus grobem Leinen, mit übergroßen Öffnungen für Arme und Beine. Aufgehängt war es an einem Fleischerhaken, den man in die Kassettendecke des Ankleidezimmers getrieben hatte. Apathisch hielt Fuchs von Dornheim die Glieder von sich gestreckt. Sein Gesicht war gedunsen und erinnerte mehr denn je an einen Kröterich.
    »Sag ja nichts Falsches«, brummte er, bevor der Astrologe auch nur den Mund auftun konnte.
    »Ich werde mich hüten! Und seid versichert, Exzellenz, dass Euch mein aufrichtiges Bedauern gilt. Wenn ich Euch nur behilflich sein könnte?« Seine Augen irrten umher. »Vielleicht mit dem Becher hier? Eine Medizin, wie ich doch annehme …«
    »Dieses Gebräu aus Edelgamander kannst du selber saufen. Reich mir lieber den Krug von dort hinten. Ich bin halb am Verdursten.«
    Der Krug war beschlagen, so kalt musste das Bier sein. Damian Keller zögerte.
    »Eiskaltes Bier, Exzellenz, ich weiß nicht recht! Wenn die Gicht Euch so akut geschlagen hat …«
    »Für Diätverschreibungen hab ich meinen Medicus. Und wenn mir zum Beichten zumute ist, dann lass ich den alten Kapuzinerpater aus dem Kloster kommen. Also, was ist jetzt? Gehorchst du, oder muss ich erst meine Hunde auf dich hetzen?«
    Er trank, gierig, bis der Krug leer war.
    »Ah!« Er wischte sich den Schaum vom Mund. »Das tut gut. Und jetzt will ich die Glocke, um gleich nach dem nächsten zu läuten. Manche Sünden sind einfach zu köstlich, um von ihnen zu lassen!«
    »Ich fürchte um Eure Gesundheit, Exzellenz«, sagte der Astrologe. »Wir alle fürchten darum. Was soll aus dem Bistum werden, wenn wir Euch zu früh verlieren?«
    »Gott wird alles zum Besten richten. Was hat man denn von einem Leben, in

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