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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zurückkam, enthob sie einer Antwort.

    Die Häuser im Unteren Sand waren klein und aus einfachen Materialien gebaut. Das war der älteste Teil der Stadt, errichtet zwischen den beiden Armen der Regnitz, im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Überschwemmungen ausgesetzt.
    Wie geschaffen für Menschen, die gewohnt sind, sich zu ducken, dachte Gabriel Hofmeister. Bislang war er nur selten hierher gekommen. Seit er in Würzburg gearbeitet hatte, bevorzugte er breite Straßen und schön angelegte Plätze, wo man Licht und genügend Luft zum Atmen hatte.
    Er schämte sich für das zerlumpte Etwas, das er über dem Arm trug. Dann aber sagte er sich, dass solche Gedanken undankbar und sogar dumm waren. Was machte es schon aus, was man über ihn dachte?
    Schließlich war er in Diensten des Weihbischofs unterwegs. Und ein gelehrter Mann wie Friedrich Förner hatte Besseres zu tun, als sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern.
    Andererseits hatte Gabriel sich schon öfter darüber gewundert, dass Förner sich keine tüchtigere Wirtschafterin suchte. Apollonia Krieger war nicht nur schwerfällig und schlampig, sondern auch ausgesprochen faul. Zudem roch sie nach altem Fett und kochte so miserabel, dass er jede Gelegenheit nutzte, auswärts zu essen. Mehrfach hatte er seinem Dienstherrn schon angeboten, sich nach besserem Ersatz umzusehen, der Weihbischof aber wollte davon nichts wissen. Förner schien zufrieden. Oder zumindest gleichgültig. Darüber klagen jedenfalls hatte er ihn noch niemals gehört.
    Er blieb stehen, zog ein Leinentuch heraus und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. Bei allen Heiligen – die Sonne brannte ihm unerträglich aufs Hirn. Und jedes dieser Häuser war von gleicher Schäbigkeit. Nirgendwo ein Zunftzeichen, das ihm Aufschluss gegeben hätte. Sogar der kleine Junge, der ihm vorhin nachgeschlichen war, schien verschwunden. Wie sollte er da finden, wonach er suchte?
    »Kann ich Euch vielleicht weiterhelfen, junger Herr?«
    Die Stimme kam aus einem geöffneten Fenster schräg über ihm.
    »Bin ich hier richtig im Schneiderviertel?«
    »Allerdings. Nur einen Augenblick – ich bin gleich bei Euch!«
    Nach wenigen Augenblicken stand ein gebeugter Mann mit schiefen Zähnen vor ihm, der zu ihm aufsehen musste. Er legte den Kopf in den Nacken und lächelte.
    »Eine Soutane«, sagte er. »Auf meine Augen kann ich mich also doch verlassen! Ist schon ein Weilchen her, dass ich so etwas in der Hand hatte.« Er nahm sie hoch, sorgfältig, fast ehrfürchtig, und betrachtete sie eingehend. Dabei nickte er unablässig.
    »Sie gehört meinem Dienstherrn«, sagte Gabriel. »Und der hat sehr genaue Vorstellungen …«
    »Weihbischof Förner!« Über die Züge des anderen ging ein Leuchten. »Ich wusste es. Früher oder später würde er zurückkommen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das will ich Euch gerne erklären!« Der kleine Mann hatte den verschlissenen Kragen der Soutane gewendet. »Seht Ihr?« Er deutete auf zwei verschlungene Buchstaben. »Mein Zeichen. Ein L und ein E. Ich habe dieses Gewand genäht. Allerdings ist es in schrecklichem Zustand!«
    Er klang plötzlich streng.
    »Weshalb habt Ihr so lange gezögert, mich aufzusuchen? Kleider wollen ebenso gepflegt werden wie Lebewesen. Nun, diese Gelegenheit ist vertan. Dieses Ding kann niemand mehr retten.« Er strengte sich an, gewinnend zu lächeln, doch es misslang. »Wann, sagtet Ihr, soll ich zum Weihbischof kommen, um Maß zu nehmen?«
    »Dann seid Ihr …« Gabriel trat einen Schritt zurück.
    »Lorenz Eichler. Schneidermeister. Stets zu Euren Diensten.« Er verneigte sich leicht.
    Gabriel riss ihm die Soutane aus den Händen. Verblüfft starrte Eichler ihn an.
    »Lebt wohl!«
    Er wollte davon, aber Eichler packte seinen Ärmel.
    »Was soll das heißen?« Sein säuerlicher Atem schlug Gabriel Hofmeister entgegen.
    »Dass Ihr die Soutanen nicht nähen werdet.«
    »Auch nicht, wenn ich um ein Drittel billiger arbeite?« Kopfschütteln.
    »Und wenn ich es Euch für die Hälfte anbiete? Kommt schon, schlagt ein! Das allerdings wäre dann mein letztes Angebot. Denn wenn ich noch tiefer gehe, bin ich ruiniert.«
    »Auch dann nicht. Nicht einmal, wenn Ihr umsonst nähen würdet.«
    »Hört zu, um des gnädigen Heilands willen! Ich brauche diese Arbeit. Ihr dürft sie mir nicht verwehren!« Er begann zu spucken, so erregt war er. »Ich verspreche Euch, ich werde für den Weihbischof so fein nähen, dass er …«
    »Ihr werdet nie mehr für den

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