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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zusammen, ganz langsam. Ja, genau, Kaspar, so ist es richtig. Jetzt musst du nur noch üben. Schneller und sicherer wirst du von ganz allein.«
    Toni hielt sich an Lenz fest und strampelte wie wild.
    »Ich bin ein Fisch«, schrie er. »Ein wilder, gefährlicher Fisch mit Zähnen, scharf wie ein Messer. Hast du schon Angst? Gleich werd ich dich fressen!«
    »Fische sind allerdings stumm – und das könnte dir gelegentlich auch nicht schaden.« Lenz ließ ihn überraschend los, so dass er unter Wasser geriet, griff aber schnell wieder nach ihm und zog den wild Prustenden hoch.
    Inzwischen schien auch Kuni Mut gefasst zu haben. Sie steckte einen Fuß ins Wasser, dann den nächsten. Ava erhob sich, um ihr entgegenzukommen, aber irgendetwas ließ das Mädchen plötzlich in der Bewegung erstarren. Sie drehte sich um und flüchtete zurück aufs Ufer.
    Erst als Ava an sich herunterschaute, ahnte sie, weshalb. Das nasse Leinen lag eng an ihrem Körper. Und die schräg einfallenden Sonnenstrahlen taten ihr Übriges.
    Kuni hatte keine Angst. Kuni schämte sich.
    Sie überließ die Jungen sich selber und setzte sich zu dem Mädchen.
    »Wir können es ein anderes Mal versuchen«, sagte sie. »Nur wir zwei. Was hältst du davon?«
    »Das würdest du tun?« Kuni sah sie überrascht an.
    »Du willst doch schwimmen lernen, oder?«
    »Unbedingt. Aber …«
    »Ich kann dich gut verstehen. Tut mir Leid. Ich hätte daran denken sollen.«
    »Es ist nicht mehr so, wie es war«, sagte Kuni belegt. »Früher gab es diese Unterschiede nicht. Ich meine, es hat sie natürlich schon gegeben, aber nicht …«
    »Man hat sie nicht gesehen«, sagte Ava. »Nicht auf den ersten Blick, das meinst du doch, oder? Aber das ändert sich jetzt. Du wirst eine Frau, Kuni. Deine Brüste wachsen. Das lässt sich auf Dauer nicht verstecken. Und bald kannst du Kinder bekommen.«
    »Aber das will ich nicht.« Kuni stierte vor sich hin. »Ich will keine Frau werden!«
    »Daran kannst du nichts ändern. Außerdem, was ist schlimm daran?« Ava sah, dass die Jungen sich immer weiter abtreiben ließen. »Kommt zurück!«, rief sie. »Es wird sonst zu gefährlich.«
    »Und du, bist du gern eine Frau?« Kunis Frage kam vorsichtig.
    Ava nickte.
    »Du schämst dich nicht deswegen?« Ihre Augen huschten über das Leinen, das langsam in der Sonne trocknete. Auf Avas Brüsten blieben sie eine Spur länger. »Niemals?«
    »Nein«, sagte Ava. »Warum sollte ich?« Sie machte eine Pause. »Aber als ich so alt war wie du, da hab ich mich oft geniert. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Vieles war mir peinlich, und ich wusste auf einmal nicht mehr, wohin mit mir.«
    »Es wird also besser, wenn man älter wird?«
    »Manches.« Ava lachte. »Nicht alles.«
    »Das mit der Liebe auch?«
    Sie musste dem Mädchen ganz nahe kommen, so leise war Kuni geworden. »Lenz und du – ihr mögt euch?«
    Es blieb lange still.
    »Es ist sein Lächeln«, sagte Kuni. »Die blonden Haare. Dass er schreiben kann. Und wie er zu den Kleinen ist. Die Taube darf ihn mir nicht wegnehmen! Er gehört doch zu mir.«
    »Welche Taube?«, fragte Ava.
    »Sie wohnt in einem schönen Haus. Sie ist reich. Ich hab doch nur die Kleinen – und Lenz. Er ist ganz anders als der alte …« Sie verstummte.
    Etwas Dunkles schien auf einmal zwischen sie zu treten.
    »Magst du es mir erzählen, Kuni?« Avas Stimme war sanft. »Es kann dich erleichtern. Und du weißt ja, bei mir ist jedes Geheimnis gut aufgehoben.«
    »Der alte Bader, mit dem ich unterwegs war … Tag und Nacht war er hinter den Frauen her, aber kaum eine hat ihn gewollt. Wie denn auch, mit seinen schlechten Zähnen, dem fetten Wanst und den schmutzigen Pranken! Er war ständig sauer – und ständig geil. Und er hat … er hat mir wehgetan. ›Heul nicht!‹, hat er gesagt und dabei gelacht. ›Die Weiber brauchen das. Man kann gar nicht früh genug damit anfangen. ‹« Kunis Augen wurden schmal. »Ich überlege oft, was ich machen soll, wenn Lenz später auch einmal so wird.«
    Ava ließ sich Zeit mit ihrer Antwort.
    »Es gibt solche Männer wie deinen Bader, aber viele sind anders. Und Lenz erst recht, da bin ich mir sicher. Falls wir beide uns trotzdem geirrt haben, dann schick ihn weg. Trau dich! Lass dir nichts gefallen. Frauen sind nicht dazu da, dass man ihnen wehtut. Ganz im Gegenteil, Kuni.«
    »Du schickst die Männer weg, die das bei dir versuchen? Hast du das bei deinen Ottern gelernt?«
    Lenchen, die mit einem Strauß Wiesenblumen

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