Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Lagers war es stockdunkel. Sie konzentrierte sich auf ihre innere Wahrnehmung. Und bewegte sich langsam auf die kleine Mauer zu, die das Lager hinter ihrer Hütte abgrenzte. Als sie diese erreicht hatte, legte sie ihre Hände auf die Steine, schloss die Augen und atmete tief ein. Sie war in die Dunkelheit eingetaucht und spürte nun deutlich, dass da etwas war. Oder jemand. Oder … sie? Pinaa rief sich das Bild der Wölfin vor Augen und versuchte sie zu erspüren. Sie konzentrierte sich auf diesen einen Gedanken, doch es kam nichts zurück.
Enttäuscht schlug sie die Augen wieder auf. Und sah direkt in ein leuchtend gelbes Augenpaar. Ihr Herz setzte kurz aus. Auch ihre Atmung. Sie stand wie erfroren da und starrte in die gelben Augen. In der Dunkelheit war nichts weiter zu sehen. Der Rest des Wolfes war nicht zu erkennen, auch wenn er wohl nur einige Schritte von ihr entfernt stand. Pinaa befahl ihrem Körper, weiter zu funktionieren und hörte sich kurz darauf einatmen. Ein Glück. Sie entspannte sich etwas und dachte fieberhaft nach wie sie jetzt vorgehen sollte. War das ihre Wölfin? War ihre Begleiterin gekommen?
Und wenn ja, was sollte sie jetzt machen? Und wenn nein, wie sehr brachte sie sich dann gerade in Gefahr?
Aber da der Wolf offenbar völlig ruhig blieb, weder die Flucht ergriff, noch zum Angriff ansetzte, wischte Pinaa diese Fragen beiseite und konzentrierte sich auf die Situation. Und ihr fiel das beste Mittel ein, ein wildes Tier anzulocken.
„Warte.“ flüsterte sie dem Augenpaar leise zu und hob dabei die Hand „Warte bitte.“ Dann ging sie ganz vorsichtig Richtung Höhle.
Die Wölfin sah, dass der kleine Mensch eine Pfote hob. Er gab einen sanften Laut in ihre Richtung von sich und entfernte sich dann langsam. Sie verstand dieses Verhalten nicht. War es eine Einladung in das Menschenrudel? Aber der kleine Mensch war nicht der Rudelführer, da war sie sicher.
Die Wölfin zögerte. Es war schon sehr gefährlich gewesen, dem Lager so nahe zu kommen, aber sie hatte wahrgenommen, dass die Menschen nicht sehr wachsam waren. Nachdem das Rudel in letzter Zeit nicht sehr viel Beute gemacht hatte und permanent ein verführerischer Duft vom Lager der Menschen in ihre Nase gedrungen war, hatte es sie wie magisch dorthin gezogen.
Der kleine Mensch, dem Geruch nach ein Weibchen, war offenbar nur kurz durch ihre Anwesenheit irritiert gewesen. Danach hatte sie der Wölfin freudiges Interesse signalisiert.
Warum also war sie nun fortgegangen? Die Wölfin hätte sie gern näher kennengelernt. Auch sie war freudig neugierig. Sollte sie warten? Sie wurde etwas unruhig und hatte das Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Möglich, dass ihre Brüder sie verfolgt hatten. Mit ihrer feinen Nase prüfte sie die Gerüche in allen Richtungen, nahm aber keinen anderen Wolf wahr.
Sie beschloss, sich langsam zurückzuziehen und vielleicht in einer anderen Nacht noch einmal das Lager aufzusuchen und bemerkte im selben Moment, dass sich das Menschenweibchen wieder näherte. Und sie hatte etwas dabei, was sofort die volle Aufmerksamkeit der Wölfin weckte. Es roch so gut.
Pinaa war erleichtert und konnte es gleichzeitig kaum glauben, dass der Wolf immer noch da war. Sie war an dem schnarchenden Nonoo vorbei in die Höhle geschlichen und hatte einige kleine Stücke des zweiten Wildschweins vom Tag davor geholt. Jetzt ging sie langsam zu dem Stück der Mauer zurück, hinter dem der Wolf immer noch stand. Die Augen sahen sie wieder aufmerksam an. Pinaa warf ein Fleischstück über die Mauer vor den Wolf und dieser schnappte es direkt aus der Luft und verschlang es dem Geräusch nach sehr schnell. Sie wedelte mit einem weiteren Stück über den aufgeschichteten Steinen und der Wolf kam tatsächlich etwas näher. Sein Kopf wurde nun leicht vom glühenden Feuerschein erleuchtet. Es war ein großer Wolf. Die Ohren waren aufgerichtet, die Schnauze leicht geöffnet, scheinbar freundlich, nicht angriffslustig oder hinterhältig. Der Wolf kam noch einen Schritt näher und schnupperte nach dem Fleisch. Und Pinaa sah, dass das Fell auf Kopf und Rücken rot war. Sie lächelte. Es war ihre Wölfin. Ihre rote Wölfin, die sie an die Höhlenwand gemalt hatte. Sie warf der Wölfin ein weiteres Stück Fleisch zu, das genauso schnell verschwand wie das erste. Das letzte Stück legte Pinaa auf die Mauer vor sich. Die Wölfin zögerte nur kurz. Dann machte sie die restlichen Schritte und holte sich das Fleisch von der Mauer.
Pinaa streckte
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