Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
gegenüberliegenden Seite des Lagers grenzte eine blühende Wiese, deren farbenfrohe Pracht sich bis zum Fluss zog. Der Fluss wiederum führte in die Berge.
Pinaa schwebte auf Wolken. Kittoo, Anatoo und sie zogen in Begleitung der Wölfin über die Wiese und suchten heilende Pflanzen. Natürlich war nach wie vor Anatoo als Nachfolger seines Vaters vorgesehen, aber dieser hatte sich bereit erklärt, Pinaa zu zeigen, wo man welche Pflanzen finden konnte und wie man sie behandelte und verabreichte, um bestimmte Wirkungen zu erzielen.
Der ausgehende Sommer war die beste Zeit, um frische Blätter, Blüten und Beeren zu sammeln. Fast alle konnten in der Sonne getrocknet und dadurch lang genug haltbar gemacht werden. Anatoo war weniger begeistert von diesem Ausflug. Er schlenderte lustlos hinterher und trat ab und zu mit dem Fuß nach unsichtbaren Objekten.
Die Wölfin umrundete sie mehrmals und schnüffelte hier und da aufgeregt.
Gerade suchten sie die Zutaten für die Wundheilsalbe zusammen. Zunächst benötigte man Blätter und Blüten einer Pflanze mit langen dünnen Stielen und lilafarbenen Blüten, die in kleinen Gruppen von etwa zehn in den feuchteren Teilen der Wiesen zu finden waren. Kittoo nannte sie einfach Heilpflanze. Das wusste Pinaa schon. Sie hatte seinerzeit die richtigen Zutaten für die Salbe benutzt, sie aber nicht einige Tage gelagert, um die richtige Konsistenz zu erhalten. Trotzdem hörte und sah sie Kittoo genau zu. Die Blätter der Heilpflanze waren nur zwei Mondzyklen lang im Sommer zu finden, man sammelte so viel wie möglich und trocknete sie. Man konnte auch frische Blätter auf Verletzungen legen, für die Salbe nahm man ein Gemisch aus zermahlenen Blüten und Blättern. Die getrockneten Blätter wurden auch in erhitztes Wasser getan und das Gebräu dann getrunken. Es schmeckte recht bitter, half aber bei inneren Schmerzen, vor allem im Bauch.
Nach dem sie einige Heilpflanzen gesammelt hatten, wollten sie den Fluss überqueren, da auf der anderen Seite eine größere Gras- und Buschlandschaft mit einigen kleinen Wäldchen lag, wo immer viele nützliche und auch hübsche Pflanzen blühten.
Sie liefen vor bis zu der Stelle, an der das Wasser flacher und langsamer war. Anatoo lief direkt durch die Furt auf die andere Seite. Kittoo nahm Pinaa an die Hand und stieg langsam in den Fluss. Es war wirklich nicht tief an dieser Stelle und es gab kaum Strömung, aber es schadete nie, vorsichtig zu sein. Pinaa drehte sich nach der Wölfin um, die am Ufer stehen geblieben war. Sie hatte die Ohren angelegt und beäugte das Wasser misstrauisch. „Komm.“ Pinaa winkte. Auch ein Wolf müsste hier den Fluss überqueren können. Die Wölfin setzte beide Vorderpfoten vorsichtig ins Wasser und schnüffelte. Das Gebiet ihres Wolfsrudels war auf der anderen Seite des Lagers im Wald, sie hatte schon öfter Flüsse überquert, einmal sogar schwimmend, aber in diesem Gebiet kannte sie nicht wirklich aus, es musste erst sorgfältig erkundet werden. Kittoo und Pinaa gingen weiter. Als sie die andere Seite erreicht hatten, lief die Wölfin ebenfalls durch die Furt ans andere Ufer.
Sie rieb den Kopf an Pinaas Hand und diese streichelte sie. Die Wölfin lief los, um die Gegend zu erkunden. Sie schnüffelte überall und grub an einigen Stellen im Boden.
Für die Wundheilsalbe benötigte der Trupp noch die kleinen rote Beeren, die an grünen Sträuchern wuchsen. Auch sie sammelte man am Ende des Sommers, aber selbst im Winter waren sie noch unter dem Schnee auffindbar. Der Saft dieser Heilbeeren war ein wichtiger Bestandteil der Wundsalbe, aber ebenso gut für Frauen in Erwartung eines Kindes. Gemischt mit Honig tranken sie den Saft der Beeren, um stark für die Geburt zu sein.
Anatoo langweilte sich und hielt Ausschau nach einem Hasen oder einem anderen kleinen Tier, das sich vielleicht unvorsichtig auf der Wiese herumtrieb, entdeckte aber nichts. Kittoo befahl seinem Sohn, Pinaa zwei weitere hier zu findende heilende Pflanzen zu zeigen und Verwendung und Wirkung zu erklären.
Anatoo zog ein Gesicht, führte Pinaa aber dann zu einem Busch mit vielen kleinen weißen Blüten und zeigte auf die kleinen schwarzen Beeren. „Sind leicht zu finden. Pflück sie.“ sagte er. Pinaa sammelte sorgfältig die Beeren ab und packte sie in ihre kleine Tasche. „Aus den Beeren macht man eine Paste.“ ließ sich Anatoo zu einer Erklärung herab. „Man muss sie eine Weile über dem Feuer erhitzen, sonst wird einem davon übel.
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