Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
wütendes Gesicht sah. "Nein, ich ... das habe ich nicht so gemeint." versuchte sie zu erklären. Aber für Minoo war das genug. "Und ob du das gemeint hast." schrie er nun fast. "Dir ist doch egal, wie es mir geht oder was passiert ist. Wichtig ist wieder nur, wie das auf dich Einfluss haben könnte. Auf deine Zukunft als große Beschwörerin. Als große Anführerin an der Seite von diesem sonnigen Wilden vom Berg." Pinaa schluckte. Minoo riss seine Hand aus ihrer und stapfte Richtung Ausgang. "Das kannst du vergessen. Hör einfach auf, dir was vorzumachen und erkenne deine Freunde wieder."
Nachdem sie sich von dem Streit einen Moment erholt hatte, suchte Pinaa die Wölfin und fand sie bei ihrem Vater, der vor der Hütte von Sketoo mit dessen Frau Ilanaa und ihrer Schwester Ilaa, die den kleinen Sohn auf dem Arm hatte. Die Wölfin hatte ihren Kopf auf den Schoß von Ilanaa gelegt. Sie sahen sich an, Tanoo stand auf und nahm Pinaa beiseite. "Ich werde sie zur Bestattung begleiten." flüsterte er ihr zu. "Es wäre gut, wenn die Wölfin bei ihr bleibt, sie scheint sie zu trösten. Bitte bleib so lange im Lager." Pinaa nickte.
Kittoo, Anatoo, Katanoo und Lenoo kamen, um sie abzuholen. Sie packten die Gegenstände zusammen, die er zu den Ahnen mitnehmen sollte und luden Sketoos Leiche auf ihre Schultern. Dann zogen sie los in die Tiefen der Winterhöhle.
Es waren immer nur einige Männer bei der Totenzeremonie des Beschwörers zugelassen. Ilanaa und Ilaa verabschiedeten sich von ihrem Mann und Bruder und warteten dann am Eingang zur Höhle bis zum Ende der Zeremonie. Die Wölfin blieb bei ihnen.
Pinaa wusste nicht, was bei einer Bestattung passierte, keiner der Männer, die schon einmal einer beigewohnt hatten, sprach je darüber. Sie wusste nur, dass der Kopf des toten Jägers vom Körper getrennt wurde. Minoo und sie hatten bei ausgiebigen Erkundungen der Winterhöhle den Teil gefunden, in dem die Schädel einiger Kinder und einer Frau, die zu den Ahnen gegangen waren, in einer mit roter Erde bedeckten Mulde lagen. Es war unheimlich und sie berührten nichts, schauten sich aber trotzdem alles genau an. Die Gesichter der Schädel waren alle dem von der Sippe verwendeten Eingang der Höhle zugewendet. Bei ihnen lagen kleine Gefäße und Schmuck. Wo die Körper hingebracht wurden, fanden sie nicht heraus. Pinaa stellte sich vor, wie Kittoo leise die Ahnen bat, Sketoo zu seinem Licht an den Himmel zu geleiten.
Nach dem Essen bei Sonnenuntergang war es dann soweit. Die drei Jungen wurden feierlich in den Kreis der Männer aufgenommen, Menoo, Anatoo und Minoo wurden zu Jägern. Anatoo spielte im Schein der Lagerfeuer noch einmal ihren harten Kampf gegen den Bären vor. Menoo und Minoo unterstützten ihn und Tanoo durfte den Bären geben. Sketoo wurde nicht dargestellt, aber jeder hatte ihn und seinen heldenhaften Einsatz bei dem Schauspiel vor Augen. Die Darstellung schlug alle in ihren Bann. Danach dankte Kittoo dem Gott der Jagd. Er lobte jeden einzelnen Kämpfer, vor allem Sketoo, mit einer langen Rede. Jeder der Jungen erhielt eine Kette mit einem der vier großen Zähne des Bären. Den vierten Zahn würde später Ilanaa bekommen.
Und dann gehörten sie dazu. Sie setzten sich zu den Jägern. Minoo sah den Stolz in den Augen seines Vaters und Katanoo hatte den Arm auf die Schulter seines Sohnes gelegt. Als die meisten Sippenmitglieder sich schon zur Ruhe begeben hatten, blieben sie noch eine Weile zusammen am Feuer sitzen und genossen den Augenblick.
Am darauf folgenden Tag herrschte wieder das übliche geschäftige Treiben. Die Frauen suchten die Umgebung nach brauchbaren Wurzeln ab oder bearbeiteten das neu erworbene Bärenfell. Die Männer untersuchten und erneuerten Fallen und sammelten Feuerholz. Pinaa versuchte mehrmals, vorsichtig Kontakt zu Minoo aufzunehmen, aber dieser schaute sie nicht an. Sie wusste, dass sie etwas Falsches gesagt hatte und es tat ihr auch leid, sie sah aber keinen Grund, alle ihre Wünsche und Pläne nun in Frage zu stellen. Es tat natürlich weh, ihren einzigen Unterstützer zu verlieren. Sie hoffte, dass Minoo nur eifersüchtig war und seine Wut sich in den nächsten Tagen legen würde.
Anatoo streifte mit seinem Vater durch den Wald und fragte sich, über was er mit ihm sprechen wollte.
Kittoo blieb auf einer kleinen Lichtung stehen und bedeutete seinem Sohn, sich zu setzen. Anatoo entfernte die Schneeschicht von einem Baumstumpf, setzte sich und wartete gespannt, was jetzt kommen
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