Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
flocht er aus den Fasern eine Art Leine wie sie die Wölfin getragen hatte. Dann legte er Anatoos Arm in das Stück Tierhaut und band dieses mithilfe der Leine um seine andere Schulter. Anatoos Arm lag bequem in der Schlinge und wurde durch sie gestützt und am Körper gehalten. "Die Frauen lieben es, wenn sie sich um den Mann kümmern können." grinste er. "Die Narben zeigen einen schweren Biss. Du kannst von deinem Kampf mit dem Bären erzählen. Und von deinem Kampf mit den Wölfen. Niemand deiner Sippe wird mit der wahren Geschichte um den See ziehen. Und die Frauen werden sich um dich reißen." Anatoo lächelte. Eranoo drückte ihm noch die kleine Schale in die Hand, darin befand sich eine nicht besonders gut riechende Paste. "Die Salbe hilft mir, meine von vielen Wintern schmerzenden Beine am Laufen zu halten." erklärte er. "Aber sie wird auch deinem Arm helfen. Reib ihn bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang damit ein. Es muss ja niemand wissen, dass du sie benutzt." Anatoo berührte erneut seine Hand. "Wie kann ich dir das alles danken?" fragte er. "Das musst du nicht." antwortete Eranoo. "Es wird sich ergeben."
Kittoo sah sich und die Sippe indes vor eine weitere Entscheidung gestellt. Lasoo hatte ihm berichtet, dass sich die Anzahl seiner Sippenmitglieder dramatisch verringert hatte und dass er immer noch keinen Sohn hatte, der sein Nachfolger werden konnte. Seine erste Frau hatte ihm zwei Töchter geboren, ein drittes Kind ließ lange auf sich warten und schließlich überlebten weder Mutter noch die dritte Tochter die Geburt. Lasoo nahm daraufhin eine neue junge Frau aus einer anderen Sippe und gab dafür seine erste Tochter her. Doch diese Frau gebar nur tote Kinder. Er schickte sie zu ihrer Sippe zurück und suchte sich eine weitere Frau, diesmal eine, die schon einen Sohn geboren hatte, der aber zusammen mit ihrem Mann bei Streitigkeiten mit einer anderen Sippe erschlagen worden war. Auch sie wollte unbedingt einen weiteren Sohn zur Welt bringen, sie konnte ihre Trauer über den Tod des ersten nie überwinden. Bald trug sie ein Kind in sich, verlor es aber früh. Es wäre ein Sohn gewesen. Dieser neue Verlust versetzte sie in eine Art Schockzustand und sie ließ ihren Mann nicht mehr an sich heran. Lasoo hatte sich damit abgefunden, dass ihm kein Nachfolger bestimmt war. Er war nicht mehr wirklich jung, liebte seine letzte Frau trotz aller Widrigkeiten und wollte keine neue mehr. Aber was sollte aus der Sippe werden? Sie hatten nicht viel Glück gehabt. Eine seltsame Krankheit hatte einige von ihnen dahingerafft und nun waren sie so wenige, dass sie allein kaum noch lange überleben würden. Er hatte lange über einen Ausweg nachgedacht und die Geister oft befragt und kurz vor ihrem Aufbruch zum See der Federn hatten sie ihm endlich Zeichen gesandt. Er hatte sich mit den Jägern besprochen und alle waren sich einig gewesen. Sie wollten sich Kittoos Sippe anschließen. Lasoo erhob für sich keinerlei Ansprüche, er wollte ein Jäger wie alle anderen sein, die Sippe würde Kittoos alleinige Führung akzeptieren und seinen Sohn als Nachfolger bestätigen. Er hatte nur den Wunsch geäußert, dass das, was er von sich weitergeben konnte, in der Beschwörer-Familie bleiben sollte. Anatoo sollte sich mit seiner Tochter Maiaa verbinden. So würde Lasoos einziges verbleibendes Kind hoffentlich zumindest Anatoo den Nachfolger schenken und die Verbindung der Sippen gestärkt werden.
Nun saßen sie zusammen am Feuer und aßen: Lasoo, Kittoo, Anatoo und alle, die von Lasoos Sippe noch übrig waren. Kittoo tauschte Höflichkeiten mit den Jägern aus und grübelte währenddessen vor sich hin. Er hatte Lasoo versichert, dass dessen Wunsch nach einem Zusammenschluss der Sippen eine große Ehre für ihn war und er die Bitte sobald wie möglich mit den Jägern besprechen würde. Seine Gedanken kreisten aber auch um seinen Sohn. Gerade hatte er ihm erlaubt, selbst eine Frau auszusuchen, nachdem eine Verbindung mit Pinaa nicht mehr in seinem Interesse war und nun sollte er ihm erneut die Wahl abnehmen. Er beobachtete Anatoo. Dieser schien - trotz der seltsamen Schlinge, in der sein Arm jetzt ruhte- endlich wieder in guter Stimmung zu sein, das war schon mal ein Vorteil. Maiaa hatte sich neben ihn gesetzt und er sprach tatsächlich mit ihr und lachte sogar einige Male. Sie war eine schöne und folgsame junge Frau, sicher gefiel sie Anatoo, aber Kittoo hatte das Gefühl, dass er behutsam vorgehen musste, um die beiden
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